Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zicke

Zicke

Titel: Zicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Zarr
Vom Netzwerk:
an.«
    Während Michael draußen war, tauchte Tommy auf. Er marschierte gleich nach hinten durch zu seiner Schürze am Haken und rollte dann schweigend Pizzaböden aus. Ich rief mir sein Gesicht in Erinnerung, wie er mich auf dem Parkplatz am alten Chart House über das Autodach hinweg angesehen hatte, verwirrt, in gewisser Weise sogar unschuldig.
    »Willst du mir nicht Hallo sagen?«, ahmte ich ihn nach.
    »Hallo.« Er blickte auf und lächelte halbherzig, dann rollte er wieder Teig aus. Ich betrachtete ihn und versuchte, diese Stelle in meinem Herzen zu finden, die ich immer aufsuchte, wenn ich es mit Tommy Webber zu tun hatte. Sie war nicht mehr da; etwas fehlte. »Mach doch ein Foto«, murmelte er. »Das hält länger.«
    »Ich glaube, Böden sind jetzt genug da«, entgegnete ich.
    Er strich sich die Haare aus den Augen und rollte weiter Teig aus. »Ich wüsste nicht, dass Michael dich zum Chef ernannt hat.«
    »Oh,
du
willst jetzt sauer auf
mich
sein? Na dann.«
    Einige Leute riefen an, um Pizza zum Abholen zu bestellen, und ein älteres Pärchen kam herein, deshalb |202| waren wir für eine Weile beschäftigt. Ich ließ gerade Geschirr durch die Maschine laufen, als Michael nach hinten kam und verkündete, ich hätte Besuch.
    Darren, Stacy und April standen vorn am Tresen.
    Ehrlich, ich hatte sie erwartet. Es konnte praktisch nicht ausbleiben, nach dem, was an diesem Morgen in der Küche der Lamberts gelaufen war. Dennoch, der Anblick der lächelnden Stacy mit April in den Armen war toll. Ich hätte beinahe übersehen, dass Darrens Blick auf Tommy geheftet war, der dastand, als ob er sich nicht sicher wäre, ob er grinsen oder besser die Flucht ergreifen sollte.
    Ich trat hinter dem Tresen hervor und zupfte Darren am Arm. »Ja, gut, er arbeitet hier, okay? Setzen wir uns doch.«
    »Zum Teufel noch mal, Deanna?!«, murmelte er, während wir uns auf einer Sitzbank niederließen.
    »Alles im grünen Bereich«, sagte ich beschwichtigend. »Glaub mir.« Ich nahm Stacy April ab und pustete ihr ein bisschen in den Nacken. »Mögt ihr Pizza?«
    »Nein, danke«, antwortete Stacy. Sie schmiegte sich an Darren und betrachtete April in meinen Armen. Und ich war glücklich, wirklich und wahrhaftig glücklich; es hatte sein Gutes gehabt, an diesem Morgen mit Darren zu reden. Ich hatte das Gefühl, dass dies – vielleicht – das Beste war, das ich je getan hatte.
    Darren hingegen starrte mich weiterhin fassungslos an. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass er hier arbeitet?«
    |203| »Weil sie wusste, dass du ausrasten würdest, vermute ich«, sagte Stacy lakonisch.
    »Da könntest du recht haben. Wenn er dich anfasst, Deanna, dann ist er am Arsch!«
    »Ich werd’s mir notieren.« Darren würde nie erfahren, dass ich mit Tommy noch mal weg gewesen war. Irgendwie war ich sicher, dass Tommy es diesmal nicht rumerzählen würde. Diesmal nicht.
    Für eine Weile war es unbehaglich still, dann gab
    April ein lustiges knurrendes Geräusch von sich – und wir prusteten los. »Das macht sie erst seit gestern«, sagte Stacy lachend.
    Bei Babys ging alles so schnell! Ich schob den Gedanken an all das beiseite, was ich verpassen würde, wenn Darren und Stacy wegzogen.
    »Wir gehen jetzt besser«, drängte Darren.
    »Schon?«
    »Stacy muss zur Arbeit. Wir wollten nur kurz vorbeischauen, verstehst du, damit du Stacy und April sehen kannst.«
    Stacy nahm mir April ab und lächelte. »Ich hole dich nach der Arbeit ab, okay?«
    »Ja.«
    Ich sah ihnen nach und hatte das Gefühl, dass nun alles möglich war. Hätte genau in diesem Moment Lee angerufen und ich hätte die Chance gehabt, alles zu erklären – ich hätte es getan.
    Tommy kam zu mir. »Und, wird mir Darren nun den Schädel einschlagen?«
    »Nur, wenn ich es will«, antwortete ich. Ich sah
    |204| Tommys schales Grinsen und seine Narbe – und plötzlich wusste ich, was sich geändert hatte.
    »Was ist los?«, fragte er unsicher. »Wieso siehst du mich so an?«
    »Mir ist eben etwas klargeworden.«
    »Was?«
    »Ich hasse dich nicht mehr. Etwas an dir kotzt mich immer noch an, aber ich hasse dich nicht.« Es war seltsam, fast traurig, als wäre ein Teil von mir nicht mehr da.
    »Wow. Das fühlt sich ja super an für mich.«
    »Hört auf jetzt, Kinder«, rief Michael. »Wir haben Kundschaft.«
    ***
    Stacy holte mich pünktlich ab, und hinter dem Steuer des Wagens sah sie aus wie immer, nur dass sie jetzt eben rote Haare hatte. Wir fuhren vom Parkplatz herunter und die dunklen

Weitere Kostenlose Bücher