Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
amüsiert. Anscheinend war er bester Laune. Alex musste lachen. Sein Vater fand Tante Lotte zwar nett, aber wegen ihrer Neugier doch etwas anstrengend. Deshalb suchte er meistens das Weite, wenn sie im Anrollen war. „Ja, die ist noch da. Sie trinkt gerade ihren zweiten Cognac, weil sie das mit dem Lammschlachten so eklig fand“, antwortete Alex lachend. Sein Vater sah ihn ratlos an. „Das muss ich jetzt nicht verstehen, oder?“ Dann musste auch er lachen. „Komm, hol dein Rad. Wir beide gehen noch ein spätes Eis bei Nuccio essen, bis Mamas Tantchen mit ihrem Kampfhund abgezogen ist“
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9
Montag 9:24 Uhr
Am nächsten Morgen drehte sich Alex noch einmal genussvoll auf die Seite, als er von dem Knallen der Haustür geweckt wurde. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm aber, dass es fast halb zehn war. Da er die Ferien nicht komplett verschlafen wollte, duschte er ausgiebig und schlenderte langsam in die Küche. Das benutzte Geschirr auf dem Tisch verriet ihm, dass seine Eltern bereits gefrühstückt hatten.
Er nahm seine Werder-Bremen-Schale aus dem Schrank und machte sich eine große Portion Müsli. Da er genügend Zeit hatte, schnitt er sich noch eine Banane hinein und warf einen Blick in die Zeitung. Er musste im Sportteil eine Weile suchen. Dann fand er aber doch den Bericht über ihr Wasserballspiel vom Sonntag. Genüsslich las er, wie das Spiel durch seinen Einsatz eine dramatische Wendung erfuhr, als ihn ein lautes Hupen aus seinen Gedanken riss. Rasch legte er die Zeitung zur Seite und ging zur Haustür. Mit dem typisch dumpfen Bollern eines V8-Motors stand der grüne Ford Mustang Convertible seines Vaters chromblitzend auf der Auffahrt. Den linken Arm lässig aus dem offenen Fenster gelehnt und mit seiner Ray-Ban-Sonnenbrille pflegte sein Vater gerne den coolen Auftritt mit seinem amerikanischen Oldtimer. Überhaupt liebte er den ruhigen, amerikanischen Fahrstil. Alex' Vater hatte überhaupt kein Verständnis für Autofahrer, die mit quietschenden Reifen bei Grün vor der Ampel beschleunigten, als ginge es darum, die Qualifikationsanforderungen für die nächste Ralley Dakar zu erfüllen. Nur einmal, konnte Alex sich erinnern, hat er sich dazu hinreißen lassen.
Es war im letzten Sommer, als Alex mit seinen Eltern auf dem Weg zum Pokalspiel von Werder war, als ein tiefer gelegter 3er BMW an der Ampel neben ihnen anhielt. Der Fahrer hatte gegelte Haare und trug eine verspiegelte Sonnenbrille. Seine blonde, stark geschminkte Beifahrerin sah aus, als würde sie eine Ausbildung zur Friseurin machen, dachte Alex damals. Der unsympathische Typ spielte unruhig mit dem Gaspedal und grinste frech herüber.
„ Na Muddi, machst du mit Vaddi und Söhnchen einen Familienausflug?“, rief er Alex Mutter hämisch zu, die ihn aber keines Blickes würdigte. Alex überlegte gerade, warum sein Vater sich das gefallen lässt, als das Inferno begann. Kurz bevor die Ampel auf grün schaltete, zog sein Vater die Handbremse an und gab gleichzeitig Vollgas. Der Big-Block-Motor brüllte wie ein angeschossener Büffel. Den Bruchteil einer Sekunde später drehten hinten die gewaltigen 19-Zoll-Reifen auf dem heißen Asphalt durch und erzeugten einen beißenden Qualm, der Alex sowohl die Sicht, als auch den Atem raubte. Bevor er überhaupt verstanden hatte, was passierte, schaltete die Ampel auf grün. Blitzartig löste sein Vater die Handbremse. Der Mustang ging kurz in die Knie, um dann gleich darauf wie ein spanischer Kampfstier wild nach vorne zu stürmen. Der Lärm war ohrenbetäubend. Während Alex und seine Mutter durch die gewaltige Beschleunigung tief in ihre Sitze gedrückt wurden, sah er im Innenspiegel das coolste Lächeln, das er je bei seinem Vater gesehen hatte. Als Alex sich umdrehte, konnte er gerade noch erkennen, wie der BMW-Fahrer fluchend versuchte, den Motor wieder zu starten, den er vor Schreck abgewürgt hatte.
„ He, du Langschläfer. Träumst du?“ Die Frage seines Vaters holte Alex in die Gegenwart zurück. „Komm, wir fahren 'ne Runde. Lass uns ausprobieren, ob der Vergaser jetzt richtig eingestellt ist. Wenn alles klappt, gebe ich einen Cappucino bei Nuccio aus.“ Alex' Vater musste fast brüllen, um das tiefe Grollen des Motors zu übertönen. Er hatte diese Woche Urlaub und das bedeutete für seine Familie, das er fast nur gute Laune hatte, und sich zudem häufig als spendierfreudig erwies. „Komme schon“, rief Alex. Noch kauend zog er sich schnell die Jacke über und sprang
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