Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
Öffnungen in der Wand dienten übrigens der Luftzufuhr.“ Er zeigte auf die Löcher in der Außenwand und stapfte ohne eine Frage abzuwarten weiter. „Ist er sauer?“, flüsterte Tim. „Keine Ahnung. Vielleicht ist er nur etwas empfindlich“, zischte Alex leise.
Sie verließen das Ofenhaus und gingen durch eine große dunkle Halle. Herr Schulz murmelte etwas, das die Jungen nicht verstanden und ging ohne anzuhalten schon in den nächsten Raum. Hier standen zwei alte Loren, mit denen früher das Rohmaterial Ton in die Ziegelei gebracht wurde, erklärte Herr Schulz. Das 'so' hatte er sich diesmal verkniffen, bemerkte Alex. „Wir sind hier im sogenannten Beschickerraum. Die Loren mit dem Ton wurden von kleinen Zügen aus dem Tagebau rund um die Ziegelei hereingebracht. Manchmal hat man dem Rohmaterial noch andere Substanzen beigemischt, um zum Beispiel andere Ziegelfarben zu erhalten. Danach ging der Ton weiter in den Pressraum, wo er in Formen gepresst wurde.“
Herr Schulz ging in den nächsten Raum, der auf die Freunde wie ein überdachter Schrottplatz wirkte. Alles war mit Staub und Spinnenweben überzogen. Er erklärte den Freunden einige der ungewöhnlich aussehenden Apparaturen. „An dieser Stelle wurde der Ton in eine Strangpresse gefüllt. Am Ende der Presse kam dann ein endloser, viereckiger Tonstrang heraus. Das könnt ihr euch wie eine eckige Wurst vorstellen.“ Herr Schulz musste lächeln, als er die etwas ratlosen Blicke der Freunde sah. Er überlegte kurz, bevor er fortfuhr. „Na, ihr habt doch sicher schon in der Eisdiele gesehen, wie Spaghettieis gemacht wird, oder?“ Alex und Tim nickten. „Seht ihr? Nur das der Ton nicht durch viele kleine Löcher gedrückt wurde, sondern durch ein großes, viereckiges Loch. Und von diesem endlosen Tonstrang wurden dann einzelne Scheiben abgeschnitten. Das waren dann die Rohlinge.“
Herr Schulz ging weiter zu einer verrosteten Maschine und zeigte den Freunden einen ungebrannten Stein. „Was meint ihr, hat so ein Rohling gewogen?“ Alex überlegte. Die Steine in der Stahlkassette waren recht schwer. „Eineinhalb Kilo“, schätzte er. Herr Schulz lächelte. „Drei Kilo wog ein Rohling, wenn er direkt aus der Strangpresse kam. Danach wurden sie von Hand zum Trocknen gebracht. Die Arbeit in der Ziegelei war also ein Knochenjob. Nach dem Trocknen wogen sie noch zirka 2,3 Kilo. Dann mussten sie schon wieder bewegt werden, nämlich in den Ringofen. Und nach dem Brennen verloren sie noch einmal hundert Gramm.“ Herr Schulz klopfte auf die alte Strangpresse. „Ihr seht also: Im Prinzip hat diese Maschine nichts anderes gemacht, wie die Spaghettieispresse in der Eisdiele“, lachte er. „Aber leider haben wir kaum noch Originalma schinen. Die meisten sind im Laufe der Zeit von Schrotthändlern abgeholt worden.“
„ Wie viele Leute haben hier eigentlich gearbeitet?“, fragte Alex. Herr Schulz überlegte. „Wir haben leider nicht allzu viele Aufzeichnungen über die Beschäftigungszahlen gefunden. In den Zwanziger Jahren waren es aber ungefähr 25 Arbeiter. Aber nur im Sommer. Im Winter wurde damals nicht gebrannt“, antwortete Herr Schulz, der sich über das zunehmende Interesse der Jungen freute.
Er wollte schon weiter, als er sah, wie Tims Blick auf eine abseits stehende Maschine fiel. Als ob er seine Frage geahnt hätte, ging er zu dem Gerät und fasste es fast zärtlich an. „Wir wissen auch nicht, wozu dieses Teil gebraucht wurde. Ich habe schon Fotos an einige Ziegeleimuseen und verschiedene Experten geschickt. Keiner konnte mir sagen, wozu das Teil benutzt wurde. Eigenartig ist, dass es sich um keine sonderlich stabile Konstruktion handelt, wie bei den anderen Geräten der Tonverarbeitung. Wir vermuten, es war der Versuch, eine Vorrichtung zu entwickeln, die unterschiedliche Muster in die Rohlinge drücken sollte. Ob sie je funktioniert hat, wissen wir allerdings nicht.“ Alex betrachtete die ungewöhnliche Maschine. Sie hatte einen großen, merkwürdig geformten Trichter und war völlig verrostet.
Herr Schulz ging weiter in den nächsten großen, hohen Raum. „So, hier wurden dann die frisch gepressten Rohlinge getrocknet. Früher mit Torf, dann mit Öl. Anfang der Siebziger war wegen der Ölkrise dann Schluss mit der Ziegelherstellung“, berichtete er mit wehmütiger Stimme. „Dieser Raum war früher voller Regale, auf denen die Rohlinge gestapelt wurden. Die Außenluft wurde erhitzt, um die Trocknung zu beschleunigen.“ Alex
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