Ziel erfasst
Counterterrorism Center Überstunden zu machen. Ihre Arbeit füllte sie aus, vor allem nachdem ihre Chefin Mary Pat Foley ihr vor einer Woche ein Projekt übertragen hatte.
Mary Pat hatte sie beauftragt, alles zusammenzutragen, was sie über einen Brigadegeneral im pakistanischen ISI namens Riaz Rehan herausbrachte. Laut einem eigentümlichen Tipp, den die CIA von einer überseeischen E-Mail-Adresse für den Einmalgebrauch erhalten hatte, war der General früher in leitender Stellung in der Lashkar-e-Taiba und Jaish-e-Mohammed tätig gewesen. Das war zwar interessant, aber das NCTC musste unbedingt wissen, was Rehan in der Gegenwart plante.
Melanie hatte die Frage aus mehreren unterschiedlichen Blickwinkeln untersucht und war in der letzten Woche mehrmals am Tag auf einem toten Gleis gelandet. Heute hatte sie jedoch den ganzen Tag an der Rehan-Sache gearbeitet und glaubte, dass sie jetzt endlich etwas vorzuweisen hatte.
Es war bereits nach Mitternacht, als sie sich entschloss, mit ihren Ergebnissen die stellvertretende Direktorin aufzusuchen. Sie wusste, dass Mary Pat noch in ihrem Büro war. Sie klopfte leise und etwas zögerlich an die Bürotür.
»Herein!«
Melanie trat ein, und Mary Pats müde Augen wurden groß. »Mein Gott, Mädchen, wenn Sie in Ihrem Alter schon so müde aussehen, dann muss ich ja wie ein lebender Leichnam wirken.«
»Es tut mir leid, Sie jetzt noch zu stören. Eigentlich weiß ich, dass ich zu dieser nächtlichen Stunde mit meiner Chefin keine Probleme mehr diskutieren sollte, aber ich stecke irgendwie fest, und es ist kein anderer mehr da, um meinem Hirn einen kleinen Schubs zu geben.«
»Ich bin froh, dass Sie gekommen sind. Sollen wir uns einen Kaffee besorgen?«
Eine Minute später waren sie bereits drunten in der Cafeteria und rührten mit Rührstäbchen ihren heißen Kaffee um. »Was immer Sie haben, es wird auf jeden Fall anregender sein als das, woran ich gerade arbeite. Das Heimatschutzministerium hat mich gebeten, ihm bei einem Bericht an den Kongress zu helfen. Ich würde gerne auch etwas Substanzielleres machen, aber fast alles, was Spaß macht, landet ja bei euch jungen Leuten.«
»Ich untersuche immer noch Rehan und seine Abteilung im ISI.«
»Joint Intelligence Miscellaneous, richtig?«, fragte Mary Pat.
»Ja. Eine Geheimdienstabteilung, die sich angeblich mit ›Vermischtem‹ beschäftigt, ist eine eigentümliche Bezeichnung für eine Behörde, die die gesamte pakistanische Auslandsspionage betreibt und mit allen Terroristen in der ganzen Welt in Verbindung steht.«
»In der ganzen Welt arbeiten neugierige Leute für ihre jeweilige Regierung«, sagte Foley. »Sie sind sich dann auch nicht zu schade, ihre Machenschaften hinter bürokratischen Wortungetümen zu verbergen.«
Melanie nickte. »Soweit ich es beurteilen kann, hat sich das Operationstempo von Rehans Abteilung im letzten Monat um ein Mehrfaches erhöht.«
»Beeindrucken Sie mich mit dem, was Sie herausgefunden haben.«
»Der General selbst ist so schwer zu fassen, dass ich mich entschlossen habe, seine Organisation etwas näher zu erforschen, um vielleicht etwas zu finden, das uns besser verstehen lässt, woran sie gerade arbeiten.«
»Und was haben Sie gefunden?«
»Vor zwei Monaten wurde in New York ein einunddreißigjähriger Pakistaner verhaftet. Er geriet in eine Schlägerei, als er in Chinatown eine gefälschte Markenuhr kaufte. Das NYPD fand bei ihm zwölftausend Dollar, dreizehn Prepaid-Visakarten in einem Gesamtwert von siebenunddreißigtausend Dollar und eine Bankkarte für ein Girokonto in Dubai. Offensichtlich hob der Mann mit seiner Bankkarte Bargeld ab und besorgte sich mit diesem Geld in Bodegas und Supermärkten die Prepaid-Karten, ein paar hier, ein paar dort, und immer nur so viele, dass es nicht au f fiel.«
»Interessant«, sagte Mary Pat, während sie ihren Milchkaffee schlürfte.
»Er wurde sofort und ohne weitergehende Untersuchungen ausgewiesen, aber ich habe mir die Berichte über den Jungen etwas näher angesehen und glaube, dass er zur JIM gehörte.«
»Warum?«
»A, er passt ins Bild. Starke islamische Familienverbindungen zu den Stammesgebieten, und er diente in einer traditionell islamistischen Einheit der pakistanischen Streitkräfte. Er verließ dann diese Einheit und ging in den ›Reservedienst‹. Das ist typisch für ISI-Angehörige.«
»Und B?«, fragte Pat, die von Melanies Indizienbeweisen noch nicht ganz überzeugt schien.
»B, das Konto in Dubai. Es
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