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Ziel erfasst

Ziel erfasst

Titel: Ziel erfasst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Niemand war.
    Vor dreißig Jahren war er jedoch Mitglied des ostdeutschen Geheimdienstes gewesen. Er und sein Partner hatten etwas Illegales getan, und Clark war herbeigerufen worden, um es auszubügeln. Jetzt war der Mann weit über siebzig, lebte nicht mehr in Berlin und war schon lange nicht mehr im Staatsdienst.
    Clark wusste nur aus einem Grund, dass er noch lebte. Die Fragen, die das FBI Hardesty gestellt hatte, mussten irgendwie auf Manfred Kromm zurückgehen. Zwar hätte er seine Sicht der Ereignisse auch schon vor Jahren aufschreiben und in der Zwischenzeit verstorben sein können. Clark nahm jedoch nicht an, dass Kromm ein solches Schriftstück von sich aus verfasst hätte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Sache gerade jetzt wieder hochgespült worden wäre, wenn Kromm seine Geschichte vor langer Zeit erzählt hätte.
    Kromm lebte jetzt in Köln. Clark hatte den Mann schließlich gefunden, als er dessen letzte bekannte Adresse, ein zweistöckiges Gebäude im Ortsteil Haselhorst des Berliner Bezirks Spandau, aufgesucht hatte. Er hatte sich dort als Verwandter ausgegeben, der leider jeden Kontakt zu ihm verloren habe. Eine Frau in diesem Haus wusste, dass Kromm nach Köln gezogen war und wegen eines Nervenschadens, den seine Zuckerkrankheit verursacht hatte, eine Beinschiene trug. Clark reiste daraufhin nach Köln, wo er sich drei Tage lang als Vertreter eines amerikanischen Unternehmens ausgab, das orthopädische Geräte und Sanitätswaren herstellte. Er ließ seinen Computer falsche Visitenkarten, Bestellungen und E-Mails ausdrucken und suchte damit fast jedes Sanitätsgeschäft der Stadt auf. Er behauptete, ein Mann namens Kromm habe bei seiner Firma maßgeschneiderte orthopädische Einlagen bestellt, und bat, man möge ihm bei der Suche nach der gegenwärtigen Adresse des Mannes helfen.
    Einige Geschäfte fertigten ihn nur mit einem Schulterzucken ab, aber die meisten schauten in ihren Kundenlisten nach. Schließlich stieß ein freundlicher Ladenbesitzer auf einen Kunden namens Manfred Kromm, vierundsiebzig Jahre alt, wohnhaft in der Thieboldsgasse 13, Wohnung 3 a, den er jeden Monat mit Blutzuckerteststreifen und Insulinspritzen belieferte.
    Endlich hatte John Clark seinen Mann gefunden.
    Die Wohnung von Clarks Zielperson lag in der südlichen Kölner Altstadt. Die Thieboldsgasse 13 war ein vierstöckiges Wohngebäude, und die etwa fünfzig Häuser auf beiden Seiten dieser Straße glichen sich fast wie ein Ei dem anderen. Hier und da lockerte ein einzelner Baum vor einem Eingang das Straßenbild etwas auf. Vor den fast identischen Gebäuden lagen kleine Grasflächen, die von den Zugangswegen zu den gläsernen Eingangstüren unterbrochen wurden.
    Eine Stunde lang streifte John durch das Viertel. Plötzlich begann es zu regnen, was es ihm erlaubte, einen Schirm aufzuspannen, den Mantelkragen hochzuklappen und dadurch sein Gesicht weitgehend zu verbergen. Er legte eventuelle Fluchtwege fest, für den Fall, dass sein Treffen nicht gut verlaufen würde. Er suchte und fand die nächste Bus-und Straßenbahnhaltestelle. Die ganze Zeit hielt er dabei nach Polizisten und Briefträgern Ausschau, die zur falschen Zeit auftauchen könnten. Allerdings waren die Straßen in diesem Viertel so belebt, dass ein einzelner Fußgänger nicht weiter au f fiel. Nach einer Stunde beschloss er deshalb, sich auf die Hausnummer 13 zu konzentrieren.
    Als er von der anderen Straßenseite aus im strömenden Regen die Thieboldsgasse 13 eine Zeit lang betrachtete, fand er das Haus so gesichtslos, farblos und reizlos wie den Kalten Krieg selbst.
    Dieser Kalte Krieg war für Leute an seiner geheimen Front wie John Clark allerdings gar nicht so kalt gewesen. Einmal hatte er in diesen Zeiten in Deutschland eine Spezialoperation durchgeführt. Er war damals Mitglied der SAD gewesen, der Special Activities Division der CIA, die für paramilitärische Operationen zuständig war. Man zog ihn von einem Training ab, das er gerade mit der Delta Force, der frisch aufgestellten Elitetruppe der US Army, in North Carolina abhielt, und setzte ihn in einen 35A-Learjet der CIA, der ihn nach Europa brachte. Nach einem Tankstopp auf der britischen Mildenhall-Luftwaffenbasis in Suffolk hob das Flugzeug mit Clark an Bord wieder ab. Niemand erzählte ihm, wohin sie ihn brachten oder was er nach seiner Ankunft tun sollte.
    Schließlich landete er auf dem Flughafen Tempelhof in Westberlin und wurde zu einem konspirativen Stützpunkt gebracht, nur

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