Ziel erfasst
beigetragen hatten. Es war eine Riesenarbeit gewesen, aber die ganze Anstrengung hatte sich bereits viele Male bezahlt gemacht. Sehr oft musste Jack seine Schurkenliste jedoch gar nicht mehr konsultieren, da er sich bei der Erstellung des Ordners den Großteil der Informationen eingeprägt hatte. Er gestattete sich erst, etwas davon zu vergessen, wenn der Tod der entsprechenden Person von mehreren verlässlichen Quellen bestätigt worden war.
Da Rokki jedoch kein Rockstar war, erinnerte sich Ryan nicht an alle Angaben über diesen Mann. Deshalb klickte er auf Hosni Rokkis Ordner, schaute sich die Fotos an und blätterte die Datensammlung durch, wobei sich bestätigte, was er bereits wusste. Nach Kenntnis aller westlichen Geheimdienste war Rokki zuvor noch nie in Europa gewesen.
Danach öffnete Jack den Ordner mit den Angaben zu Mohammed al-Qahtani. Er enthielt nur ein einziges Foto. Es war zwar bereits ein paar Jahre alt, aber die Auflösung war gut. Jack machte sich gar nicht erst die Mühe, das Datenblatt über diesen Kerl zu lesen, da er es selbst verfasst hatte. Vor der Verhaftung und hochnotpeinlichen Befragung des Emirs hatte kein westlicher Geheimdienst irgendetwas über al-Qahtani gewusst. Nachdem der Emir dessen Name und Rolle in der Organisation preisgab, hatten sich Ryan und die anderen Campus-Analysten darangemacht, die Geschichte des Mannes Stück für Stück zusammenzufügen. Jack selbst hatte dieses Projekt geleitet. Allerdings war er darauf nicht allzu stolz, da sie innerhalb eines Jahres nur ganz wenige Informationen zusammengetragen hatten.
Al-Qahtani war immer kamera-und medienscheu gewesen, aber nach dem Verschwinden des Emirs schien er sich regelrecht in Luft aufgelöst zu haben. Nachdem sie endlich wussten, wer er war, war er wie vom Erdboden verschwunden. Im ganzen letzten Jahr blieb er im Untergrund, bis der Campus-Analyst Tony Wills vor einer Woche auf einer dschihadistischen Website eine verschlüsselte Nachricht fand, in der behauptet wurde, al-Qahtani habe zu Vergeltungsmaßnahmen gegen europäische Länder, vor allem Frankreich, aufgerufen, weil diese Gesetze gegen das Tragen von Burkas und Kopftüchern erlassen hätten.
Der Campus hatte diese Information – natürlich verdeckt – an alle Nachrichtendienste weitergeleitet.
Ryan fügte jetzt die einzelnen Puzzleteile zusammen. Der Operationschef des URC ruft zu Anschlägen in Frankreich auf, und eine Woche später taucht ein Unterführer der Organisation in diesem Land auf, offensichtlich, um sich dort mit anderen zu treffen.
Das Ganze war dürftig. Gelinde gesagt, äußerst dürftig. Bestimmt nicht etwas, weswegen Ryan Agenten in dieses Gebiet schicken würde. Unter normalen Umständen würden er und seine Mitstreiter nur einige Zeit die französischen Geheimdienstberichte und die CIA-Station in Paris im Auge behalten, um zu sehen, ob sich während Hosni Rokkis Europaaufenthalt irgendetwas ergab.
Doch wie gesagt, zurzeit hielten sich Clark und Chavez in Frankfurt auf, nur einen Katzensprung von der französischen Hauptstadt entfernt. Außerdem hatten sie alles dabei, was sie für eine Überwachungsoperation benötigten. Sollte er sie also nach Paris schicken, um etwas über Rokkis Bewegungen oder Kontakte zu erfahren? Ja. Mein Gott, darüber musste man nicht lange nachdenken. Immerhin war hier ein URC-Kämpfer unterwegs. Der Campus sollte wirklich herausfinden, was er vorhatte.
Jack griff nach dem Telefon und gab einen Zweizahlen-Code ein. In Frankfurt war es jetzt kurz nach zwölf Uhr.
Während er auf die Verbindung wartete, hob Jack seinen langsam dahinschmelzenden Eisbeutel auf und hielt ihn sich an sein schmerzendes Genick.
John Clark meldete sich nach dem ersten Klingelton. »Hi, John, hier ist Jack. Es hat sich etwas Neues ergeben. Es wird euch sicher nicht vor Begeisterung die Stiefel ausziehen, aber es sieht doch halbwegs vielversprechend aus. Wie wäre es mit einem kleinen Abstecher nach Paris?«
6
A m Highway 67, hundertsechzig Kilometer südlich von Denver, Colorado, lag auf einer Ebene im Schatten der Rocky Mountains ein 2,6 Quadratkilometer großes umzäuntes Gelände mit Gebäuden und Wachtürmen.
Sein offizieller Name war Florence Federal Correctional Complex (Bundesstrafanstalt Florence). In der Nomenklatur der Bundes-Strafvollzugsbehörde wurde es als United States Penitentiary Administrative Maximum Facility, kurz: ADX Florence, bezeichnet.
Das Bureau of Prisons (BOP) teilte seine hundertvierzehn
Weitere Kostenlose Bücher