Ziel erfasst
ihm dieser Mann offenbarte.
Al-Darkur fuhr fort: »Es gibt Elemente in meiner Organisation und in der Armee als Ganzes, die einen entsprechenden Geheimbefehl erlassen haben. Allerdings sollte der nur in Zeiten schwerer innerer Unruhen oder im Krieg gelten, um in diesen Ausnahmesituationen die Gefahren durch ausländische Spione und Lockspitzel zu verringern. In unserem Lande gibt es jedoch ständig innere Unruhen, das ist nichts Neues. Und wir stehen nicht im Krieg. Aus diesem Grund halte ich die rechtlichen Hintergründe dieser Maßnahme für ziemlich zweifelhaft. Aber tatsächlich kommen sie damit durch. Unsere Zivilregierung weiß überhaupt nichts vom Ausmaß und den näheren Umständen dieser Operation, und das gibt mir schwer zu denken.« Al-Darkur zögerte einen Moment. Zweimal begann er zu sprechen, hörte jedoch sofort wieder auf. Schließlich sagte er: »Dieser neue Erlass sowie andere Dinge, die sich in den letzten Monaten in diesem Dienst ereignet haben, lassen mich vermuten, dass einige hochrangige Kollegen von mir einen Staatsstreich gegen unsere Zivilregierung planen.«
Embling hatte keine Ahnung, warum ihm dieser Geheimdienstoffizier, den er überhaupt nicht kannte, dies alles erzählte. Vor allem, wenn er wirklich annahm, dass er ein britischer Spion war.
»Ich habe Ihren speziellen Fall an mich gezogen, Mr. Embling. Ich habe dafür gesorgt, dass meine Männer Sie abholen und hierherbringen.«
»Und weswegen in aller Welt haben Sie das getan?«
»Weil ich Ihrer Nation meine guten Dienste anbieten will. Mein Land macht gerade schwierige Zeiten durch, und es gibt Kräfte in meiner Organisation, die das Ganze noch schwieriger machen. Ich glaube, Großbritannien könnte denen von uns helfen, die … wie soll ich sagen, nicht diese Art von Wandel anstreben, auf den viele im ISI hinarbeiten.«
Embling blickte den Mann auf der anderen Seite des Schreibtischs lange an. Dann sagte er: »Es sei mir eine Frage gestattet: Warum findet dieses Gespräch ausgerechnet hier statt?«
Al-Darkur lächelte über das ganze Gesicht. Dann antwortete er in seinem angenehmen singenden Tonfall: »Mr. Embling. Mein Büro ist der einzige Ort in diesem Land, wo ich absolut sicher sein kann, dass keiner unser Gespräch abhört. Das heißt nicht, dass es in diesem Raum keine Wanzen gäbe, natürlich gibt es die. Aber sie stehen allein mir zur Verfügung, und ich kann die jeweilige Tonaufzeichnung jederzeit löschen.«
Jetzt musste Embling lächeln. Er liebte nichts mehr als ein kluges praktisches Denken. »Für welche Abteilung arbeiten Sie?«
»Das JIB.«
»Es tut mir leid, ich kenne diese Abkürzung nicht.«
»Doch, das tun Sie, Mr. Embling. Ich kann Ihnen meine Unterlagen über die Kontakte zeigen, die Sie in der Vergangenheit mit anderen Mitgliedern des ISI hatten.«
Der Brite zuckte die Achseln. Er entschloss sich, seine vorgetäuschte Unwissenheit aufzugeben. »Das Joint Intelligence Bureau«, sagte er. »Bestens.«
»Meine Aufgaben führen mich oft in die FATA.« Die »Federally Administered Tribal Areas«, die Stammesgebiete unter Bundesverwaltung, waren eine Art Niemandsland entlang der Grenze zu Afghanistan und dem Iran, wo die Taliban und andere islamistische Organisationen die einzige echte Ordnungsmacht darstellten. »Ich arbeite dort mit den meisten regierungsfreundlichen Milizen zusammen, den Khyber Rifles, den Chitral Scouts und der Kurram Militia.«
»Ich verstehe. Und die Abteilung, die mich aus dem Land werfen möchte?«
»Der eigentliche Befehl kam auf dem üblichen Dienstweg, aber ich glaube, dass General Riaz Rehan dahintersteckt, der Chef der Joint Intelligence Miscellaneous Division. Die JIM ist für die Auslandsspionage zuständig.«
Embling wusste sehr wohl, wofür die JIM zuständig war, aber er ließ es sich trotzdem von al-Darkur noch einmal erzählen. Das rege Gehirn des Engländers ging währenddessen rasend schnell alle Möglichkeiten durch, die ihm dieses Treffen eröffnete. Er wollte sich noch nicht auf etwas Konkretes einlassen, aber er wollte unbedingt weitere Informationen haben. »Herr Major. Ich bin jetzt etwas ratlos. Ich bin zwar kein englischer Agent, aber wenn ich einer wäre, würde ich mich keinesfalls in einen hässlichen Machtkampf innerhalb des pakistanischen Geheimdiensts einmischen wollen. Wenn es einen Zwist zwischen Ihnen und der Joint Intelligence Miscellaneous Division gibt, ist das Ihr Problem und nicht das von Großbritannien.«
»Es ist Ihr Problem, da sich
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