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Ziel erfasst

Ziel erfasst

Titel: Ziel erfasst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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ihm die Amerikaner nach all der Zeit den Prozess machen wollten. Er starrte die dicke Frau mit den kurzen grauen Haaren an. Sie sah für ihn wie ein Mann aus, ein sehr hässlicher Mann, der sich in Frauenkleidung gehüllt hatte.
    Er gönnte ihr ein Lächeln. Saif Rahman Yasin wusste schon lange, dass die Vereinigten Staaten von Amerika nur aufgrund des unverdienten Glücks ihrer geografischen Lage in dieser Welt zweihundert Jahre überlebt hatten. Wenn man diese Nation von Dummköpfen aus ihrer Hemisphäre herausreißen und im Nahen Osten wieder abladen würde, könnte sie mit ihrer kindischen Nachsicht gegenüber allen, die ihr schaden wollen, nicht ein einziges Jahr überleben.
    »Miss, soll das heißen, dass niemand mithört, wenn wir miteinander sprechen?«
    »Absolut niemand, Mr. Yasin.«
    Der Emir schüttelte den Kopf und knurrte. »Das ist grotesk.«
    »Ich versichere Ihnen, dass Sie ganz frei mit mir sprechen können.«
    »Aber das wäre total verrückt.«
    »Wir haben eine Verfassung, die auch Ihnen einige Rechte einräumt, Mr. Yasin. Das ist es, was unser Land groß macht. Unglücklicherweise herrscht in meinem Land gerade ein feindliches Klima gegenüber Farbigen und Menschen anderer Rassen und religiöser Überzeugungen. Aus diesem Grund gewährt man Ihnen nicht alle Rechte, die unsere Verfassung eigentlich für Sie vorsieht. Aber immerhin … einige stehen Ihnen schon zu. So haben Sie zum Beispiel das Recht auf vertrauliche Treffen mit Ihrem Rechtsvertreter.«
    Er merkte jetzt, dass sie wirklich die Wahrheit sagte. Es gelang ihm nur schwer, ein Lächeln zu unterdrücken.
    Ja … das ist es, was euer Land groß macht.
    Es ist voller Narren wie dir.
    »Nun gut«, sagte er laut. »Worüber möchten Sie sprechen?«
    »Heute nur über Ihre Haftbedingungen. Der Gefängnisdirektor und das FBI-Team, das für Ihren Gewahrsam verantwortlich ist, haben mir die Sonderverwaltungsmaßregeln gezeigt, denen Sie unterstehen. Sie haben mir versichert, dass man Ihnen bei Ihrer Ankunft alle Vorschriften erklärt hat.«
    »An den anderen Orten war es viel schlimmer«, sagte der Emir.
    Cochrane hob ihre kleine, faltige Hand. »Okay, das ist wahrscheinlich der richtige Zeitpunkt, um einige unserer Grundregeln zu klären. Wenn wir wirklich an Ihrem Fall zu arbeiten beginnen, kann ich mehr ins Detail gehen. Jetzt möchte ich nur sagen, dass ich mir keinerlei Einzelheiten über Ihre Gefangennahme oder Ihre Aufenthaltsorte vor Ihrer Ankunft hier im ADX Florence vor drei Monaten notieren darf. Tatsächlich bin ich sogar gehalten, Sie darüber zu informieren, dass Sie mir nichts über die Ereignisse vor Ihrer Überführung« – sie wählte ihre nächsten Worte sehr sorgsam – »von wo auch immer in den Bundesvollzug erzählen dürfen.«
    »Ich darf das nicht?«
    »Leider nein.«
    Yasin schüttelte langsam und ungläubig den Kopf. »Und wie sieht meine Strafe aus, wenn ich diese Regel breche?« Er zwinkerte der Frau auf der anderen Seite des Fensters zu. »Sperren sie mich dann ein?«
    Judith Cochrane begann zu lachen, hatte sich aber bald wieder gefangen. »Ich kann verstehen, dass Sie sich in einer einzigartigen Situation befinden. Die Regierung ist sich wohl noch nicht sicher, wie genau sie mit Ihnen umgehen soll. Allerdings hat sie vor Ihnen schon anderen feindlichen Kämpfern vor Bundesgerichten den Prozess gemacht, und ich kann Ihnen versichern, dass wir der Bundesanwaltschaft während Ihres Verfahrens genau auf die Finger sehen werden.«
    »ADX Florence? Ist das der Name dieses Ortes hier?«
    »Ja. Es tut mir leid. Ich hätte wissen müssen, dass Ihnen das nicht bekannt war. Sie befinden sich in einem Bundesgefängnis in Colorado. Nun gut, erzählen Sie mir, wie man Sie hier behandelt.«
    Er schaute ihr bei seiner Antwort direkt in die Augen. »Ich werde hier besser behandelt als an den anderen Orten.«
    Cochrane nickte ihm noch einmal verständnisvoll zu, eine Geste, die sie in ihrer langen Karriere als Verteidigerin dieser eigentlich nicht zu verteidigenden Klienten schon unzählige Male gemacht hatte. »Es tut mir leid, Mr. Yasin. Über diesen Teil Ihrer Tortur werden wir auch in Zukunft nicht sprechen können.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Wir mussten dieser Bedingung zustimmen, um überhaupt Zugang zu Ihnen zu erhalten. Ihre Zeit in US-Gewahrsam ist zweigeteilt. Die Trennungslinie ist der Moment, in dem Sie hier in diesem Bundesgefängnis ankamen. In alles, was davor lag, waren wohl das US-Militär und die amerikanischen

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