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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Tropopause haben sich verstärkt, sogar ziemlich bedeutend.“ Sie hatten sich angewöhnt, von der Dunstschicht an der Grenze zwischen den verschiedenen Gravitationszonen als von der Tropopause zu sprechen, denn abgesehen von ihren Besonderheiten nahm sie in der Schichtung der Atmosphäre genau diesen Platz ein.
    Einen Augenblick lang wollte Woleg diese Meldung einfach übergehen. Dann aber bemerkte er, daß er sich im Innersten alarmiert fühlte. Sie wußten noch so wenig über die Natur dieses Planeten, sie hatten hier einen so begrenzten Gesichtskreis, daß man keine Veränderung in der Umgebung außer acht lassen durfte.
    „Ke und Vivi, ihr arbeitet weiter an den Korrekturen, Hirosh, Sie halten bitte ein Auge auf die Tropopause. Elber und ich, wir sehen uns die Umgebung an.“
    Sie hatten eine Menge Meßgeräte mit ins Freie genommen, aber noch bevor sie sie in Gang gesetzt hatten, sagte Elber plötzlich: „Hörst du das auch?“
    „Ja“, sagte Woleg langsam.
    „Ich dachte erst, es sei der Helmlautsprecher, aber er ist es nicht. Horchen wir es ab.“
    Es schien ein leises Singen in der Luft zu liegen. Als sie jedoch den Resonator einschalteten, sahen sie auf der Anzeige, daß das Singen nur ein Oberton war; die größte Intensität erreichten die Schallwellen im Infrabereich, also unterhalb der Hörbarkeit. Und der Ton schien vom Meer her zu kommen - zur Landseite hin ließ die Intensität merkbar nach.
    Sie gingen zum Abhang und richteten das Gerät direkt auf das Meer, das den Ton gleichmäßig auszusenden schien. Es lag völlig unbeweglich da. Sonst trug es kleine weiße Wellenkämme, die in diesem seltsamen Licht unwahrscheinlich hell leuchteten, nachts und auf dem Wandlerbild war es samtschwarz, jetzt aber von einem so unbestimmbaren Grau, daß man die Farbe eigentlich nur an den Trennlinien des Strandes und an der Kimm wahrnahm.
    Sie wußten selbstverständlich beide, daß Infraschallschwingungen in der Regel durch entfernte schwere Stürme oder ähnliche klimatische Vorgänge hervorgerufen wurden, aber über Ort und Ausmaß der Quelle ließ sich hier nichts sagen, ohne Erfahrungen mit dem Planeten und ohne Meßbasis. „Die Intensität wird schwächer!“ stellte Elber fest.
    Woleg verstärkte die Außentonwiedergabe in seinem Helm. „Das Singen hat auch aufgehört“, sagte er. „Kommt es auf uns zu, oder geht es von uns weg?“
    „Kann beides sein“, sagte Elber, „besser, wir sind auf alles gefaßt. Da, sieh mal, die Wasserlinie!“
    Tatsächlich - das Wasser wich zurück, nicht viel, aber da und dort tauchten Steine im Wasser auf, die vorher nicht zu sehen gewesen waren.
    „Eine Flutwelle wird das mindeste sein, was wir zu erwarten haben“, sagte Woleg, „und einen hübschen Sturm dazu.“ Er schaltete auf Konferenz. „An alle. Wir werden hier gleich so etwas wie eine Sturmflut haben. Die Energieträger abschalten. Jeder kontrolliert seinen Außenbereich, daß nichts herumliegt. Zeit: zwei Minuten. Danach Visier zu und Bereitschaft neben den Wannen. Bereitschaft melden. Ende.“
    Er verließ sich nicht blind auf die Ausführung, sondern rief diesen und jenen, fragte an, gab noch hier und da eine detaillierte Anweisung, kurz, er sorgte dafür, daß alles Notwendige ordnungsgemäß erledigt wurde. Aber gleichzeitig und unabhängig davon kreisten seine Gedanken um das, was da nun geschehen würde. Er hatte so seine Ahnungen, daß dieser Planet ihnen noch manche Überraschung bescheren würde, und er fragte sich, ob er richtig entschieden hatte. Sie hätten ja mit der Fähre in den Orbit starten oder wenigstens in die Fähre gehen und ein Schutzfeld aufbauen können. Aber wenn der Sturm lange anhalten sollte, würden die Energievorräte nicht mehr ausreichen, um es aufrechtzuerhalten.
    Nächst diesen Möglichkeiten war aber die Wanne der sicherste Schutz, und Woleg dankte im stillen Elber, der den Bau der Wannen vorgeschlagen hatte, als alles noch ganz friedlich aussah. Er hätte es ihm in diesem Augenblick auch direkt gesagt, wenn er ihn neben sich gehabt hätte, aber Elber war wie die anderen jetzt schon in Bereitschaft, es wurde Zeit, daß er sich selbst zu seiner Wanne begab.
    Er war noch ein paar Schritt von seinem Unterschlupf entfernt, als so etwas wie ein gigantisches Stöhnen erklang. „Hinlegen!“ schrie er ins Mikrofon und warf sich selbst zu Boden, aber noch im Fallen erfaßte ihn ein mächtiger Windstoß von der See her und warf ihn fast herum, so daß er mit der Seite aufkam.

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