Ziemlich beste Freunde
fünfundzwanzig Jahre alt. Im März wird sie erneut schwanger. Diesmal verläuft die Schwangerschaft unproblematisch.
Das Baby muss leben. Aber Béatrice bekommt eine Embolie. 13 Sie übersteht sie. Der Fötus scheint nicht davon beeinträchtigt zu sein. Sie will dieses Kind, und sei es auf Kosten ihrer Gesundheit. Der Chefarzt verteidigt sie mit schroffen Worten gegenüber seinem Kollegen, der ein gerinnungshemmendes Mittel verabreichen will und dafür die Gefahr von Missbildungen des Kindes in Kauf nimmt. Der Streit wird lautstark auf dem Klinikflur ausgetragen. Béa ist angeekelt.
Ich bin da. Immer stehen Blumen im Zimmer. Es gibt Obst, Bücher, Musik und einen gefüllten Kühlschrank.
Ich habe meine Vorbereitungen für die ENA abgebrochen; vergessen sind die Zwänge der Wirtschaftspolitik, die jüngsten Statistiken, der Alltag draußen. Unser Leben, das echte, das aus Fleisch und Blut, spielt sich hier ab. Damit müssen wir gemeinsam fertig werden. Weil meine Leistungsnachweise als äquivalent anerkannt werden, kann ich mich für ein Diplom in Geschichte einschreiben. Ich lasse Béatrice am Leben der ersten arabischen Seefahrer teilhaben und erzähle ihr die Geschichte des Indischen Ozeans im 13. und 14. Jahrhundert.
Wie praktisch, diese Äquivalenzen: Wir kennen Ibn Batouta, scheitern jedoch an der Chronologie der Könige Frankreichs. Ich erhalte meinen Abschluss in Geschichte, aber wir verlieren das Kind. Nach sieben Monaten Schwangerschaft bringt der Bluthochdruck die Bewegungen des Fötus zum Erliegen. Er fing gerade an, sich bemerkbar zu machen; es wäre ein Junge geworden. Er rührt sich nicht mehr.
Der folgende Monat ist ein Albtraum. Béatrice muss abwarten, bis die Wehen einsetzen, um den Fötus »auf natürliche Weise zu entbinden«. Die Ärzte verschreiben ihr lange Spaziergänge. Ich bin immer an ihrer Seite. Sie ist müde, wie abgestumpft. Sie redet nicht mehr, behält ständig ihre Sonnenbrille auf, will niemanden sehen. Abends massiere ich ihr lange die Schläfen. Sie weint bis zur völligen Erschöpfung. Manchmal schreit sie ihren Hass und ihre ohnmächtige Wut heraus.
Eines Abends nach dem Essen beginnen die Wehen. Wir fahren in die Notaufnahme der Entbindungsstation. Béatrice erklärt, dass das Kind tot sei. Nichts zu machen: Es ist dieselbe Prozedur wie bei jenen, die nach einigen Stunden Schmerzen ihr größtes Glück erleben.
Dann ist die bange Stunde gekommen und ihr Leib reißt auf. Sie sieht mich an. Ich erwidere ihren Blick und spreche ihr Mut zu. Sie will nicht, dass ich zusehe. Sie verlangt nach einem Laken. Nach nicht enden wollenden Schreien entspannt sich Béatrices Körper. Der dumpfe Schmerz des Herzens gesellt sich zu dem des Körpers. Ihre Augen liegen tief in den Höhlen und schwimmen in Tränen.
Man lässt uns keine Zeit, uns zu fassen: Ein graues Männchen betritt den Raum, ohne sich vorzustellen. Vollkommen unvermittelt fragt er: »Wie heißt der Verstorbene?« Béa verschlägt es die Sprache. Ich stürze mich auf den Eindringling und schaffe ihn schleunigst auf den Flur hinaus. Er erklärt mir, dass ein Kind, das nach sieben Monaten geboren wird, standesamtlich registriert werden müsse, auch dann, wenn es bei der Geburt nicht mehr lebt. Ich beantworte bereitwillig seine absurden Fragen, leiste die notwendigen Unterschriften, und er ist zufrieden. Allein auf dem Gang lasse ich meinen Tränen freien Lauf, reiße mich dann wieder zusammen und kehre zu Béa zurück. Ich rede ihr gut zu, um ihren Schmerz zu lindern und meinen zu verbergen. Schließlich schläft sie ein. Ich bleibe in einem alten Sessel an ihrem Bett sitzen. Wenn sie schluchzt, lege ich ihr die Hand auf die Stirn und flüstere ihr zärtliche Worte zu.
In der folgenden Nacht: eine weitere Embolie und wieder Intensivstation. Ich weiche nicht von ihrer Seite. Alles dreht sich in ihrem Kopf. Geräusche, Licht, undeutliche Gesprächsfetzen. Eine schlaflose, zermürbende Nacht ohne Morgen. Immer noch halte ich ihre Hand.
*
Wir ziehen in die Vereinigten Staaten, um ein neues Leben zu beginnen.
Jemand empfiehlt uns einen guten Gynäkologen, der uns professionell auf unseren vierten Versuch vorbereitet. Er ist sanft, seine Klinik luxuriös ausgestattet. Sie vermittelt uns den Eindruck, an einem geschützten Ort zu sein, zu dem das Unglück keinen Zutritt hat. Zu seinem großen Erstaunen dauert die Schwangerschaft nur vier Monate.
Béatrice hat zwei weitere Lungenembolien. Nach
Weitere Kostenlose Bücher