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Ziemlich beste Freunde

Ziemlich beste Freunde

Titel: Ziemlich beste Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillipe Pozzo di Borgo
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vor mich hinbummeln können.
     
    Eines Tages fällt mir eine große blonde Frau auf. Ihre Erscheinung hebt sich von der damals üblichen Uniform aus Jeans, eng anliegendem Pullover und Zigarette ab. Am nächsten Morgen stehen die Bewohner des Altenheims zahlreicher als sonst am Eingang: Bei den Studenten geht irgendetwas vor sich. Ich betrete den Hof. Zusammen mit einigen Kommilitonen steht die Schöne da, bewaffnet mit weißen Papierrollen. Sie sprechen hereinkommende Studenten an und werben um Unterschriften für ihre Petition. Ich nähere mich der Schönheit, sie fordert mich auf, den Aufruf zur Beendigung des Streiks zu unterschreiben. Ich tue es, ohne zu zögern, und werde rot. Amüsiert drückt sie mir eine Papierrolle in die Hand, mit der ich ebenfalls Unterschriften sammeln soll. Seit diesem Tag haben wir uns nie wieder getrennt. Seit diesem Tag lebe ich.
    Ich diskutiere mit Béatrice. Politisch unvoreingenommen verteidigt sie, was ihr vernünftig erscheint, und lacht über vieles, was mir bis dahin durchaus ernst vorkam. Sie sieht das Leben als menschliche Komödie, ich eher als Tragödie. Wir geraten uns über diese Meinungsverschiedenheiten in die Haare, doch am Abend lässt mich Béatrice bei ihr bleiben. Schon bald stellt sie mich im prächtigen Amtssitz des Präfekten ihren Eltern vor. Beinahe hätte ich alles vermasselt. Wir treffen die Frau Präfektin in ihrem Barockgarten an. Upsa, meine Hündin, begrüßt sie mit so stürmischer Begeisterung, dass die Hausherrin in die Rosen stürzt, und Upsa leckt ihr das Gesicht ab. Trotzdem bietet Madame an, den Hund in Pension zu nehmen, damit er sich im Garten austoben kann. Ein kluger Schachzug, denn so kann sie ihre Tochter ein wenig im Auge behalten. Ich willige ein: Für Upsa ist es kein Vergnügen, den ganzen Tag in meiner Acht-Quadratmeter-Bude eingesperrt zu sein. Meine Aktivitäten als Nachtportier und als Vertreter für Lexika und Anzüge in den Arbeitervierteln von Reims, Troyes und Châlons lassen mir wenig Zeit fürs Studium und noch weniger für Upsa. Von da an verbringen wir unsere Wochenenden immer in der Präfektur.
    Ich logiere im Zimmer von General de Gaulle, mit dem riesigen, maßgefertigten Bett. Im Lauf der Nacht gesellt sich Béatrice zu mir. Morgens bringt sie mir das Frühstück ans Bett. Süß, wie sie glaubt, damit ihre Eltern an der Nase herumzuführen! Bis zu dem Tag, an dem meine charmante zukünftige Schwiegermutter mit einem feinen Lächeln im Zimmer auftaucht und ihre Tochter zu sich bittet.
    Wir verbringen mehr als die Hälfte des Tages in diesem Bett und malen uns unsere Zukunft aus. Wir beschließen, uns an der Elitehochschule Sciences Po zu bewerben, vielleicht sogar an der ENA 12 . Ich mache mich an die Arbeit.
     
    In den Sommerferien nehme ich Béatrice mit zu uns nach Korsika. Wir sind die Ersten unserer Generation, die ohne Trauschein zusammenleben. Die Älteren können sich nur schwer daran gewöhnen.
    Oft ziehen wir uns in die Natur zurück, das feste Tagesreglement meiner Großmutter sagt uns wenig zu. Am großen, einsamen Strand von Capo di Feno verbringen wir die Nacht im warmen Sand vor einem kleinen Feuer und lauschen den herandonnernden Wellen. Von Zeit zu Zeit gesellen wir uns zum Rest der Familie im großen Haus in Ajaccio, wo man sich schwer tut mit unserer ungenierten Zweisamkeit. Meine liebe Mutter hält mir vor, meine beiden kleinen Schwestern Valérie und Alexandra, die ganze zwölf Jahre jünger ist als ich, einer etwas verfrühten, zu freizügigen Erziehung auszusetzen.
     
    12 École Nationale d’Administration: französische Elitehochschule für Verwaltungswesen. (A. d. Ü.)

Kiss Machine
    Sie ist groß. Ihre stolze Haltung und ihr eleganter Gang fallen auf. Aus ihrem vollkommenen Gesicht sprechen Lebenslust, Intelligenz und eine grenzenlose Vitalität.
    Ihre himmelblauen Augen, akzentuiert vom Schwarz ihrer Brauen und Wimpern, lachen permanent. Ich kann den Blick nicht von ihr wenden, derart ergriffen bin ich von so viel Anmut und Liebe. Ihre Einfachheit hat immer Stil. Oft wähle ich ihre Kleidung für den Tag aus. Ich kenne jeden Zentimeter ihrer zarten Haut, den Flaum an ihrer Oberlippe, die Sinnlichkeit ihrer Unterlippe, ihr perfekt geformtes Ohrläppchen, die Form ihrer Halsbeuge am Ansatz ihrer meist unbedeckten Schulter, ihre kleinen, festen Brüste, die unter meinen Liebkosungen hart werden, vor allem die rechte; ihren weichen Bauch, auf dem ich oft einschlafe, ihre großzügigen Hüften,

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