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Ziemlich beste Freunde

Ziemlich beste Freunde

Titel: Ziemlich beste Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillipe Pozzo di Borgo
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Königin, Laetitia die Prinzessin und Robert-Jean schon bald der Kronprinz.
     
    Trotz Béatrices Krankheit und meiner aufreibenden Arbeit erleben wir vier dort gemeinsame Jahre des Glücks. Die Jahreszeiten vergehen mit Abenden am Kaminfeuer, Klavierspielen, Pflanzensetzen, Kirschernte, Rosenschneiden, Einkochen von Pflaumen, Aprikosen und Birnen, die Laetitia sich am liebsten frisch vom Baum schmecken lässt.
     
    Mir wird die Leitung des Hauses Pommery in Reims übertragen. Morgens nehme ich Laetitia im Auto mit zur Schule. Die Straße ist schmal, kurvig und glatt und führt durch Waldgebiet. Je schneller ich fahre, umso mehr strahlt sie. Unser Spiel besteht darin, vor den Kurven erst im allerletzten Moment zu bremsen, auf jeder noch so kurzen Geraden die 160-Stundenkilometer-Marke zu überschreiten und jeden zu überholen, der trödelt. Vor der Schule absetzen darf ich sie nicht in meinem schönen Auto. Ich lasse sie an einer Straßenecke aussteigen, damit sie unerkannt zu ihren Mitschülern stoßen kann. An manchen Abenden kommt sie zu mir ins Büro. Ich stelle sie unserem Team vor, sie setzt sich mir gegenüber und »arbeitet«. Wir sind unzertrennlich. Béatrice leidet darunter.
     
    Das letzte Fest feiern wir anlässlich des dreizehnten Geburtstags unserer Tochter. Ich organisiere ein Feuerwerk, bei dem Laetitia und ihren Freundinnen vor Staunen der Mund offen stehen bleibt. Keiner der Jugendlichen schläft in dieser Nacht. Ihre Juchzer hallen über den Weinberg.
     
    Zu dieser Zeit ist Laetitia schon eine richtige Pianistin. Sie nimmt an einem Klavierwettbewerb teil. Ich hätte dabei sein wollen, dabei sein sollen. Aber ich kann nicht. Am besagten Tag bin ich beruflich verhindert und breche mir das Genick.

DRITTER TEIL    Der Sturz des Engels

Gebrochene Flügel
    Béatrice wird zu Hause gepflegt, in unserem schönen La Pitance , wo sie Ruhe hat. Jeden Morgen um halb sieben gehe ich joggen. Aus der Haustür hinaus, an der Abteimauer entlang und dann ab in das erste bergan führende Gässchen; es ist gesäumt von Fratzen schneidenden Wasserspeiern. Ich betrachte sie aus dem Augenwinkel. Unser Dackel Radowski hechelt beim Anstieg. Eine weite Ebene zur Rechten, an der Kirche vorbei und noch ein Anstieg, dann bin ich beim Wald. Ich kann schon nicht mehr.
     
    Der Weg führt links wieder hinunter, ich laufe etwas schneller. Radowski hat zweihundert Meter Vorsprung, er wartet am Ende der Allee auf mich. Wir nehmen den Weg oben auf dem Kamm, zwischen Champagnerbergen und Wald. Von hier habe ich einen weiten Blick über die Marne, die sich unten durch das häufig nebelverhangene Tal schlängelt. Die Welt liegt uns zu Füßen. Am Anfang laufe ich hundert Meter und bleibe dann stehen, doch jeden Tag halte ich länger durch. Nach einem Monat schaffe ich bereits eine Drei-Kilometer-Runde durch Wald und Weinberge.
     
    Bald sind mir zwei Runden hintereinander zu wenig. Also laufe ich eines Tages, anstatt kehrtzumachen, hinter dem Weinberg rechts in den Wald hinein und klettere einen steilen, rutschigen Hang hinauf. Wenige Monate später schaffe ich die große Tour ohne Unterbrechung. Jeden Morgen jogge ich gute zehn Kilometer. Jetzt bleibt Radowski hinter mir zurück.
     
    Später läuft ein Freund mit. Er macht Späße, ist nicht kleinzukriegen, ich hingegen spare meine Kräfte. Am Wochenende laufen wir erst zwanzig Kilometer, dann bald dreißig. Ich fühle mich wie neugeboren. Mein siebenjähriger Sohn, der kleine Knirps, trabt mühelos neben mir her.
     
    Heute sehe ich ihn loslaufen, mit Leichtigkeit und großem Durchhaltevermögen. Die Freude am Ausdauersport hat er von mir.
     
    Ich bin auf allen Kontinenten der Erde gejoggt.
     
    Jedes Wochenende laufe ich fünfzig Kilometer. Béatrice ist bettlägerig, ihre Beine sind blutig. Auf dem Rückweg hole ich frisches Brot beim Bäcker und bringe ihr Frühstück ans Bett. Sie setzt sich auf und ich küsse sie, während mir noch der Schweiß herunterläuft. Sie freut sich, dass ich bei der ersten Skalpellsitzung des Tages dabei bin. Viele Jahre zuvor, in Chicago, joggte Béatrice im Park am Michigansee vor mir her. Ich blieb immer hinter ihr, um ihren wiegenden Gang zu betrachten. Hin und wieder zwickte ich sie in den Po, sie schrie auf und nutzte die Gelegenheit, um stehenzubleiben.
    Im Februar verbringen wir einen Monat bei Freunden in Chamonix. In ihrem ehemaligen Bauernhof gibt es allerlei Krimskrams, Fotos und getrocknete Blumensträuße zu entdecken.
    Mein Freund

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