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Ziemlich beste Freunde

Ziemlich beste Freunde

Titel: Ziemlich beste Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillipe Pozzo di Borgo
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fahre ich nach Korsika, zu dem Turm in den Bergen, den sie so sehr liebte.
    Die Fensterläden in meinem Zimmer sind geschlossen, die Dämmerung macht sich in meinem Gehirn breit.
    Gestern habe ich ein paar Worte diktiert, doch das Tonband streikte. Hinter meiner Sonnenbrille weinte ich vor Erschöpfung, Traurigkeit, Resignation. Mein Cousin Nouns kam zu Besuch. Er versuchte, mich zum Lachen zu bringen, wollte, dass ich ihm von meinem Rückfall letzten Monat erzähle, von den Flügen im Rollstuhl. Ich lasse mich nicht aus meiner Traurigkeit reißen, meine Augen brennen. Ich schlafe ein. Eine kühle Brise aus den Bergen weckt mich. Glockengeläut: die Kuh des Nachbarn. Ich rufe. Françoise, meine Hausmeisterin, kommt schimpfend zu mir. Ich habe nicht einmal genügend Kraft, ihr von Béatrice zu erzählen, obwohl sie die letzte Messe hier organisiert hat, in Alata, während wir Béa auf dem Festland beerdigten. Ich sage ihr, wir würden uns zusammen die Fotos ansehen, sie erzählt mir von den Beileidskarten. Françoise, ich weiß, dass Sie sich vor rund zwanzig Jahren hier niedergelassen haben, nach dem Tod ihrer einzigen Tochter. Sie sagten, das sei Ihre Rettung gewesen – die Einsamkeit der korsischen Berge. Ich finde das alles schmerzlich. Sie bringen mir eine Flasche Schnaps, den Sie selbst aus Pfirsichkernen, Alkohol und Landwein gebrannt haben. Béatrice und ich haben ihn gern zusammen getrunken. Heute Abend schmecke ich nur die bitteren Kerne heraus. Gemeinsam blicken wir ins Tal. In der Ferne ziehen zwei Bussarde ihre Kreise, bestimmt haben sie einen aufsteigenden Luftstrom entdeckt. Selbst die Kuh käut nicht mehr wieder. Abendruhe kehrt ein, im Brunnen plätschert das Wasser, ein diffuses Licht breitet sich aus. Ein paar Hundert Meter weiter unten steht die Friedhofskapelle der Familie, auf die ich so stolz war. Ich habe immer behauptet, es sei gut zu wissen, wo wir die Ewigkeit verbringen würden. Das sagt sich so leicht.
     
    Meine Herzschläge dröhnen in meinem Kopf. Es ist unerträglich. Ich habe einen Blutdruck von über 200, bin schweißüberströmt, weiß nicht, was ich habe, ich wünschte, ich würde nicht leiden, könnte von Béatrice sprechen, könnte in diesen friedlichen Bergen einschlafen. Eine Attacke folgt auf die andere. Céline setzt sich auf den Boden neben den Rollstuhl, in dem ich mich quäle. Sie liest mir den Roman vor, den ich selbst hatte lesen wollen. Trotz der Krämpfe nehme ich die eine oder andere Passage auf, in der von Rimbaud, Verlaine, Longfello w 17 die Rede ist. Wie der Zufall so spielt bei allem, was wir tun!
    Ich schließe die Augen, Céline bleibt bei mir. Sie greift wieder zu ihrem Groschenroman. Ich werde ruhiger; die Anwesenheit einer jungen Frau, sosehr sie sich auch von Béatrice unterscheidet, tut ihre Wirkung. Ich würde es ihr nicht verübeln, wenn sie die Zügel in die Hand nähme. Abdel hat mir ein Schlafmittel gegeben. Ich fühle, wie ich mich entferne. Ich dämmere weg.
     
    Mein Röcheln weckt mich auf. Nach und nach erkenne ich die Geräusche im Haus, es sind die Kinder; ich hatte sie vergessen. Durch mein heiseres, brennendes Röcheln ist die Welt mit einem Mal wieder da. Aus Angst, das muntere Treiben mit einem disharmonischen Klang zu stören, wage ich nicht, laut zu rufen. Allmählich kommen mir die letzten Bilder der vergangenen Nacht wieder in den Sinn. Abdel bringt mich ins Bett. Ein falscher Griff und ich spüre, wie ich auf dem Stuhl wegrutsche. Es könnte das letzte Mal sein, fürchte ich. Mein Kopf ist das Einzige, was mir noch bleibt, und ich kann ihn nicht schützen. Abdel wirft sich zwischen mich und den Boden, um den Sturz abzufangen. Ich höre meinen Kopf aufschlagen. Am Klang erkenne ich, dass das jetzt noch nicht das Ende war. Mein Cousin Nouns kommt Abdel zu Hilfe, mit unverwüstlichem Humor. Als er mich rücklings auf dem Boden liegen sieht, die Beine immer noch auf dem Stuhl, fragt er: »Willst du jetzt hier eine Nummer schieben, oder was?« Ich bin so jenseits von Gut und Böse, dass ich zuerst nicht verstehe, worauf er anspielt. Dann lache ich unter Tränen. Er hebt mich hoch, legt mich aufs Bett, ich sinke in die Antidekubitusmatratze ein. Am liebsten würde ich darin ertrinken. Wieder versucht Abdel, mich aufzurichten. Keine gute Idee. Er packt mich unter den Achseln, meine Arme schießen in die Luft und klatschen an die rauverputzte Wand. Zwei Finger platzen auf wie reife Früchte, Blut fließt. Ich weine, spüre nichts, mir tut

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