Ziemlich beste Freunde
herabsetzend gesprochen hat:
»Sie rauben mir die Freiheit, unerträglich! Dabei sind sie doch dazu da, die Klappe zu halten!«
»Abdel, Frauen muss man respektieren.«
»Respektieren? Sagen wir mal so, es ist nicht an uns, sie zu respektieren, sondern an ihnen, sich Respekt zu verschaffen. Es gibt Kunst und Materie. Ich bevorzuge die Materie. Sie sind der R. O. M. A. N. T. I. K. E. R., ich bin für die Karosserie zuständig!«
»Abdel, Frauen sichern das Überleben der Menschheit.«
»Es ist ein Verbrechen, einem Kind das anzutun«, sagt er nach kurzem Zögern.
Und fügt kategorisch hinzu:
»Gott kann keine Frau sein. Können Sie sich vorstellen, wie er jeden Monat seine Tage bekommt? Das wäre doch nicht ernst zu nehmen! Er muss ein Mann sein!«
Vor allem will sich Abdel nicht binden:
»Bloß nicht zweimal hintereinander dieselbe!«
»Abdel, Sie müssen doch eine Familie gründen, sich in die Geschichte einschreiben.«
Erst als er zur Ruhe gekommen war, seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hatte, konnte Abdel eine Familie gründen.
*
»Clara,
danke für Ihren schönen pointillistischen Brief. Welches Glück für Sie, dass Sie Licht und Farben träumen können. Ich träume nicht mehr, hoffe nur noch. Oft ziehen sich die Worte zusammen, bis sie nur noch Ton sind. Ich liege mit offenen Augen da, Béatrice ist über mir.
Schrillheit.
Warum müssen es diese extremen Momente sein, die unser Überleben illustrieren?
Die Zeit hat sich gelockert, der Körper verschwimmt, die Sätze schweben im leuchtenden Staub.
Die Pianistin legt sanft die Finger auf die Tasten. Ich bin bei meinen Abwesenden. Ich muss zurückkommen, den Kopf oben behalten, obwohl alles in mir sich zusammenzieht. Endlich die besänftigende Horizontale, die Dunkelheit kehrt ein, sie ist bewohnt.
Wie lange noch?
Menschen wie Sie wiederzusehen, liebe Clara. Solche flüchtigen Momente begleiten meine Abwesenheiten.«
22 In der Ethnologie bezeichnet der Begriff der Akkulturation den Prozess des Verschwindens der Originalkultur durch den Kontakt mit der anderen Kultur.
Rien ne va plus!
»Monsieur Pozzo, sollen wir nicht ein Geschäft aufziehen?«
»In meinem Zustand? Ich bin raus – und ich bin auch nicht sicher, ob ich das bedaure.«
»Ein Freund von mir ist Automechaniker und macht ein bisschen was privat. Das ist eine Goldgrube.«
»Abdel, das ist kein Geschäft, das ist Betrug. Wenn wir Erfolg haben wollen, brauchen wir eine innovative Idee. Außerdem sind wir beide keine Mechaniker, also müssten wir eher eine Dienstleistung anbieten.«
Abdel lächelt: »Sehen Sie, Ihre Reflexe funktionieren doch noch.«
Endlich mal schlaflose Nächte, in denen ich über etwas Konkretes nachdenken kann. Was könnte ich in meinem Zustand vorschlagen, das einzigartig, überzeugend, nachhaltig, in meinem Zustand vernünftig ist und zu Abdel passt? Seine Kenntnisse der Automechanik beschränken sich auf die Unfälle, die er gebaut hat. Ein Jahr lang war er Pizzakurier. Vielleicht könnte man anbieten, den Kunden ihre Mietwagen nach Hause zu bringen?
Abdel ist begeistert: »Nach Hause bringen ist gut. Wir müssen den ganzen Großraum Paris abdecken, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Ich habe genau die richtigen Jungs dafür.«
»Abdel, dann müssen wir aber Acht-Stunden-Schichten einrichten.«
»Ach, meine Jungs ticken anders!«
Ich bitte ihn, mir das Team vorzustellen. Yacine ist zwanzig und ein gutmütiger Riese; Youssef, genauso alt, ist ein gertenschlanker Schwarzer aus der algerischen Wüste; Djebar ist der Älteste und sehr schweigsam; und schließlich gibt es noch Alberto, einen fünfundzwanzigjährigen Italo-Marokkaner, und ihre drei Pitbulls.
Als sie weg sind, erkundige ich mich: »Wo haben Sie die denn aufgetrieben?«
»Wir haben alle zusammen gesessen.«
Das Team verteilt zehntausend Flyer. Abdel, der sich selbst zum Geschäftsführer ernannt hat, bellt Anweisungen. Auf meinen fragenden Blick hin erklärt er mir, in seinem Land führe man seine Angestellten so. Diese beschweren sich auch gar nicht; vermutlich haben sie Angst vor der Kraft ihres Chefs und seiner Neigung, diese anstelle von Argumenten auch zu nutzen.
Wir bekommen eine schöne halbe Seite in Le Parisien und werden von Anrufen überrannt. Das Unternehmen legt einen atemberaubenden Start hin – und dann geht es genauso schnell den Bach runter. Die vier Handlanger sind bald am Ende,
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