Ziemlich beste Freunde
Satansbraten ganz aufgekratzt auf, die rechte Hand im Verband.
»Was ist denn jetzt schon wieder passiert, Abdel?«
»Ach nichts, da war nur so ein Idiot auf dem Parkplatz, der mich einen dreckigen Algerier genannt hat. Er wollte mir nicht behilflich sein, also habe ich ihm kein Trinkgeld gegeben!«
Angestachelt von seinen Kumpeln, wird der Parkwächter handgreiflich. Im Gegenzug fängt er sich einen gewaltigen Kinnhaken ein. Sein Gesicht ist blutüberströmt, Abdel hat ihm mehrere Zähne ausgeschlagen.
»Einer«, lacht Abdel, »ist in meiner Faust steckengeblieben.«
»Und warum hat das alles so lang gedauert?«
»Die Dreckskerle haben mich auf die Wache geschleppt. Ich habe dem Kommissar 500 Dirham in die Hand gedrückt, und jetzt sitzt der andere im Knast! Ich habe Anzeige erstattet, das bringt ihm 15 Tage ein.«
Am nächsten Morgen versammelt sich die ganze Sippschaft des armen Kerls vor dem Kadi und bittet um Gnade. Obwohl auch ich um Milde ersuche, lehnt der Richter ab.
Statt mir gute Nacht zu wünschen, kündigt Abdel an:
»In ein paar Stunden dürfte es wärmer werden, ich heize jetzt erst mal der Blondine ein.«
»Mach keinen Blödsinn, Abdel, sie hat jemanden.«
Ein wildes Keuchen weckt mich, dazwischen Schreie. Dann nichts mehr. Nach einer Weile geht es von Neuem los. Eine Nacht voller Unterbrechungen!
»Wie war Ihre Nacht?«, fragt mich Abdel am Morgen.
»Voller Unterbrechungen«, antworte ich, »oder zum Schreien, ganz wie Sie wollen!«
Er hingegen scheint bester Stimmung zu sein.
»Meine war heiß!«
»Menschenskind, Abdel, sie hat doch jemanden!«
»Selber schuld, wenn er schläft, der Schlappschwanz.«
»Ist Ihnen eigentlich klar, was für einen Höllenlärm Sie gemacht haben?«
Ich treffe die Schuldige; sie wirkt mitgenommen, wahrt jedoch die Fassung. Mit Unschuldsmiene erklärt Abdel: »Wussten Sie schon, Monsieur Pozzo, dass Madame nächste Woche heiratet?«
Es fällt mir schwer, ernst zu bleiben.
Wir beschließen, durchs Land zu reisen, bis wir eine möblierte Wohnung gefunden haben. Die Fahrt durch das verschneite Atlasgebirge ist abenteuerlich. »Wenn die Straße glatt ist, Abdel, dann bremst man vor der Kurve, und falls man ins Rutschen gerät, steuert man gegen.« Er tut genau das Gegenteil und wir krachen gegen die Mauer aus hartgefrorenem Schnee am Rand der Straße. Die eingedrückte Stoßstange blockiert das Rad. Abdel biegt sie wortlos mit der Kurbel des Wagenhebers zurück und fährt beleidigt weiter.
Hinter Ouarzazate folgen wir dem Wadi Draa mit seinen friedlichen Oasen. In der Wüste angelangt, tobt sich Abdel in den Dünen aus. Natürlich bleiben wir im Sand stecken. Ohne die Hilfe von drei Kameltreibern und ihren Tieren wären wir nicht mehr herausgekommen. »Ein Riesenspaß, oder?«, meint Abdel.
Wir fahren wieder in Richtung Norden, besichtigen die vergangene Pracht von Fès, dringen vor bis ans Mittelmeer, an den langen Strand von Saïdia an der Grenze zu Algerien. Wir steigen im einzigen Hotel ab, in dem es ein Zimmer mit Heizung gibt. Wenn man außen ums Hotel herumgeht, stößt man auf einen Alkoholausschank – nächtliche Prügeleien garantiert. Abdel lässt sich nicht lange bitten.
Strahlendes Lächeln für die junge Dame an der Rezeption.
»Wie ich sehe, Abdel, haben Sie nicht auf der faulen Haut gelegen.«
»Bestimmt nicht! Das ist nicht meine Art«, antwortet er pikiert.
Wir frühstücken in einer Strohhütte am Strand. »Im Sommer tummeln sich hier an die 200 000 MRE 25 « – im Ausland lebende Marokkaner, präzisiert er –, »die kommen im schicken BMW oder Mercedes und mit Koffern voll Kohle heruntergedüst. Dann verdienen die sich hier mit ihren ganzen miesen Restaurants dumm und dusslig!«
Ich sehe ihn im Geiste schon Scheine zählen.
Wir kommen weitere viermal nach Saïdia, treffen den großen Wali 26 , die anderen hohen Tiere, die Banker und vor allem die Hübsche von der Rezeption! Heute ist Amal mit Abdel verheiratet, sie haben drei Kinder.
Rückkehr nach Marrakesch, wo wir überwintern.
*
»Clara,
in diese schöne Stadt haben sich die Schmerzen geflüchtet. Im Drogennebel habe ich überlebt. Ich schwebte, mein Geist im Einklang mit diesem Körper, den ich hinter mir gelassen hatte. Die Haschwolken löschten jeden Mangel aus.
Im Garten neigen sich die Palmen sanft in der Brise des milden Winters. Die Luft ist kristallklar, ich liebe es, diese Frische
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