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Ziemlich beste Freunde

Ziemlich beste Freunde

Titel: Ziemlich beste Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillipe Pozzo di Borgo
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schaden.«
    »Na hör mal, Abdel, diesen Mist habe ich noch nie angerührt. Du hättest mich wenigstens vorher fragen können.«
    »Aha, es wirkt also schon.«
    »Abdel, das war nicht okay, was du da mit John angestellt hast. Jugendliche behandelt man mit Respekt, genauso wie Frauen.«
    »Aber es war doch nur ein Spaß.«
    »So ein Achtzehnjähriger ist zartbesaitet, für den ist das kein Spaß. Das hättest du nicht gemacht, wenn es dein Junge gewesen wäre.«
    Ich komme in Schwung, Abdel lässt mich reden.
    »Natürlich, in der heutigen Gesellschaft dreht sich alles nur ums Bumsen und diese jungen Leute haben ja im Prinzip auch nichts dagegen, die sind verliebt. Aber eine Frau, das ist Privatsache, die wird nicht wie Handelsware zur Schau gestellt. Eine Frau, die bewundert man, und dann, dann …«
    »Dann wird er hart. Oder was wollten Sie sagen?«
    »… wenn du erst mal eine Familie hast, dann strengst du dich für sie an, dann willst du deinen Kindern beibringen, was du für gut und richtig hältst, und vor allem, vor allem, Abdel, das Schöne. Nicht die Schönheit von einem Paar Airbags, sondern die Schönheit der Familie, von Bindungen, die Schönheit, groß zu sein …«
    »Groß und hart, haben Sie ja schon gesagt.«
    »… großzügig gegenüber den Schwächeren, Freunde zu haben, auf die man sich verlassen kann, na ja, eben alles, was nicht vulgär ist, nicht deine Nutte da. Du wirst schon sehen, in ein paar Jahren verprügelst du die Kerle, die deine Alte anglotzen.«
    »Wetten? Ich bin dabei!«
    »Sehr witzig, Abdel. Aber ich muss zugeben, das tut gut, dein Zeug da. Müssen wir öfter machen.«
    »Kein Problem!«
     
    Ich wurde sogar Zeuge der Lieferung eines ziemlichen Brockens reinen Haschischs. Abdel hat das Autofenster heruntergelassen, stößt einen Pfiff aus und aus einem Fenster im dritten Stock kommt das Päckchen geflogen. Zu diesem »Heilmittel« griff ich immer bei Gewitterstimmung, bis wir ins schöne Marokko zogen, Ursprungsland des Stoffs.
     
    *
     
    »Clara,
    ich wünschte, Sie würden mir auf meine verstreuten Fragmente antworten, ihre Wirklichkeit meinen Abwesenheiten gegenüberstellen. Schenken Sie mir Ihren Atem, damit dieses benebelte Gedächtnis einen neuen Weg einschlagen kann. Vielleicht werden Sie mir ja helfen, den Faden wiederzufinden. Wenn ich doch wenigstens meine Odyssee fortsetzen könnte.
     
    Geben Sie mir etwas, wonach ich streben kann! Fordern Sie mich mit Ihren Antworten heraus, helfen Sie mir. Seit ihrem Tod habe ich aufgegeben. Wenn ich doch nur in dem finsteren Labyrinth von Schmerzen und vorgetäuschter Leichtigkeit einen leisen Funken neuen Lebens verspüren könnte.
     
    Werden wir unter der dicken Ascheschicht einer langen Nacht dieselbe verstörte Seele entdecken? Oder werden wir anderenorts ein neues Zuhause finden, das die verbleibenden Tage in ein warmes Licht taucht?«

Die Hitze Marokkos
    Laetitia rät mir, das halbe Jahr, wenn Paris im Schmuddelwetter versinkt, in einem milderen Klima zu verbringen. Abdel schlägt Marrakesch vor, dort ist es im Winter trocken.
     
    Er hat alles »geregelt«. Bei unserer Ankunft stellt uns einer seiner Freunde, der marokkanische Hühnerbaron, einen 1-a-Mitsubishi zur Verfügung. Die vorgesehene Wohnung hingegen hat sich in Luft aufgelöst. »Kein Problem, ich weiß eine Adresse.«
     
    Wir bahnen uns einen Weg über den Djemaa-el-Fna-Platz. Er schiebt mich über holprige Pflasterstraßen und klopft in einer schmalen Gasse an die Tür eines unauffälligen Hauses. Eine »Blondine« empfängt uns in ihrem Riad, sie scharwenzelt ehrerbietig um uns herum – gestern hat sie uns im Fernsehen gesehen. 24 Abdel stolziert mit geschwellter Brust herum. Erschöpft von der Reise, bitte ich darum, ins Bett gebracht zu werden. Ich bekomme ein großes Zimmer im Erdgeschoss, die geschnitzten Holz-Fenstergitter lassen die Kälte herein. Abdel verlangt, dass mein Zimmer geheizt wird.
     
    Er geht das Auto ausladen. Eine Stunde später ist er immer noch nicht zurück.
     
    »Wo stecken Sie, Abdel?«, frage ich ihn per Telefon. »Alles in Ordnung. Ich muss nur noch eine Kleinigkeit erledigen, bin gleich wieder da.«
     
    Die Standardantwort, wenn Abdel in Schwierigkeiten steckt. Eine halbe Stunde später:
     
    »Ich bin bei der Polizei. Es dauert nur noch ein paar Minuten.«
    Ich habe ein ungutes Gefühl.
    »Brauchen Sie meine Hilfe?«
    »Nein, nein, kein Problem.«
     
    Meine Schmerzen melden sich. Nach einer Ewigkeit taucht der

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