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Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Titel: Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Maczollek , Leslav Hause
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fuhren zurück an die Stelle, wo wir die Pumpguns aus dem Wagen geschmissen hatten, wendeten erneut und fuhren frohgemut in Richtung Ruhrgebiet – also in Richtung Zivilisation. Und, na ja, den Rest kann man sich fast schon denken – nur ein paar Kilometer weiter wartete auch schon eine hübsche Polizeisperre auf uns. Anhalten, aussteigen, Hände aufs Dach, Beine schön weit auseinander, Kofferraum auf und – Überraschung! Zwei Pumpguns, diverse Schlagstöcke und Messer und fabrikneue Kabelbinder, und zwar genau die, die wir auch am Tatort zurückgelassen hatten. Das Ende einer Dienstfahrt. Unsere Heimreise nach Gelsenkirchen sollte sich also bei freier Kost und Logis um ein paar Monate verzögern.
    Aus der Road Gang wurden später schwarze Ghost-Rider – also nicht gerade unsere Freunde –, und danach wechselten sie zu den Outlaws. Die Jungs haben wir gut 20 Jahre nach unserem Überfall bei einem Meeting wiedergetroffen. Sie hatten bei den Outlaws Karriere gemacht, einige von ihnen sind Nationals geworden, und wie die uns gegenübersaßen und wir über die Geschichte von Mietingen gesprochen haben, mussten wir uns schlapplachen. Und – was eben nur in Rockerkreisen möglich ist – aus den Feinden von damals sind Leute geworden, die sich gegenseitig respektieren.
    Denn bei der Auseinandersetzung ging es damals wie heute eben nicht um Geschäfte oder Marktanteile, sondern ganz allein um verletzten Stolz und verletzte Ehre. Die galt es wiederherzustellen, und so ist es dann auch möglich, dass man 20 Jahre später zusammen an einem Tisch sitzt, ohne sich wieder die Köpfe einzuhauen. Ehre und Stolz – auch die schlechtere Schlagzeile, wenn es um den sogenannten Rockerkrieg geht …

Im Knast
von Peter M.
    Die Fußball-WM 1990 durften wir also im Gefängnis verfolgen. Am Radio, denn sehen konnten wir kein einziges Spiel. Offen gestanden – das hatten wir uns ursprünglich auch anders vorgestellt. Die Vorwürfe, die gegen uns erhoben wurden, versprachen auch nichts Gutes: schwerer Landfriedensbruch, unerlaubter Waffenbesitz, schwere Körperverletzung, um nur die wichtigsten Punkte zu nennen. Keine schönen Aussichten jedenfalls und dann saßen wir ja auch noch gut 500 Kilometer von zu Hause entfernt. Les und ich in Ulm, unsere zwei anderen Brüder in Ravensburg.
    Ich selbst war in einer Vier-Mann-Zelle untergebracht, Les »wohnte« auf der anderen Seite des Hofes. Sehen konnten wir uns nur durch die schmalen Gitterfenster, ansonsten waren wir streng voneinander abgeschirmt. Tja, und das war nun eine völlig neue Erfahrung für uns beide, denn so richtig im Knast waren wir bis zu diesem Zeitpunkt nie gewesen.
    Les hatte die Sache mit der Knarre auf sich genommen, was ein weiteres Mal bestätigte, wie viel wir von unserer Freundschaft halten konnten. Es war glasklar, dass keiner von uns den anderen anscheißen würde – ganz egal, was noch kommen mochte, denn eines war klar: Für die Geschichten, die uns da zur Last gelegt wurde, hätten wir im dümmsten Fall bis zu zehn Jahre abgehen können.
    Die Monate im Knast bis zu unserem Prozess kann man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Zum einen durften wir – in diesem Fall betraf es besonders mich – eindrucksvoll erleben, wie schnell letztlich alles um einen herum ins Wanken gerät. Die Zeche, bei der ich bis zu meiner Festnahme gearbeitet hatte, warf mich nach sechs Monaten raus. Deine Wohnung geht auch dahin, und man erkennt relativ schnell, wer in solchen Zeiten zu einem hält und wer nicht.
    Für unsere Freundinnen, aber auch für unsere Familien war es kaum möglich, uns zu besuchen. Für maximal eine halbe Stunde Besuchszeit kann man kaum erwarten, dass jemand insgesamt fast 1200 Kilometer fährt, und wenn man dies – und die Ungewissheit, wie lange man noch hinter Gittern bleiben muss – zusammennimmt, kann man durchaus von einer harten Zeit hinter Gittern sprechen.
    Les beispielsweise hatte während seiner Haftzeit in Ulm auch noch einen Scheidungstermin in Essen. Die Fahrt mit dem Gefangenentransport ins Ruhrgebiet zog sich dabei über mehrere Tage und Wochen hin, da er immer wieder etappenweise in irgendwelche Busse gesetzt wurde, und dann ging es vielleicht an einem Tag zunächst einmal nur bis Stuttgart. Und zwei Tage später dann weiter bis Karlsruhe. Im Grunde wurde er von Knast zu Knast gefahren, bis er nach einer langen Odyssee endlich in Essen vor dem Familienrichter seine Unterschrift unter die Scheidungspapiere leisten konnte. Dort

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