Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
1999 gut 186 Ghostrider geschlossen zu den Bandidos, was schon eine ganz ordentliche Nummer war.
Als Präsident eines großen deutschen Clubs, diese Erfahrung durfte ich schon bald machen, war es mit der frei gelebten Rockerromantik schon bald mehr oder weniger vorbei. Die Macht eines Amtes wirkt letztlich weniger nach außen als vielmehr nach innen – auf einen selbst. Als Präsident war ich nun ständig gefordert, mit anderen Clubs über Territorialfragen zu verhandeln, Gespräche mit Polizei und Behörden über bevorstehende Rallyes oder Partys zu führen und obendrein noch den Richter und Schlichter innerhalb der einzelnen Chapter zu geben. Ein zeitintensiver Job, der Stück für Stück an dem Lebensweg zerrte, den ich aus gutem Grund und voller Überzeugung selbst gewählt hatte. Die Freiheit, abends und an den Wochenenden einfach nur das zu tun, worauf ich Bock hatte, wurde durch dieses Amt naturgemäß immer weiter beschnitten.
Mitunter war man als Präsident auch gefordert, Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Chaptern des eigenen Clubs oder aber Streitereien mit anderen MCs zu glätten. Dazu muss man wissen, dass Motorradclubs im Hinblick auf Sympathien oder Antipathien mitunter eine merkwürdige Eigendynamik entwickeln. Oft hing es einfach davon ab, was man von anderen Jungs, die man kannte, so hörte. Erzählten die von einem Club, der in Ordnung war, gehörte der in der Regel ungeprüft zu den Freunden. Umgekehrt konnte es aber auch sein, dass man einen Club nicht leiden konnte, weil irgendeiner aus dem eigenen Umfeld etwas Negatives über diese Bande zu berichten wusste, und das war es dann auch schon.
Die Wahrnehmung an sich war eine eher subjektive, und mit diesem etwas eindimensionalen Denken ging auch eine ganze Reihe von Rallyes im Laufe der Zeit kaputt. Einfach nur, weil Clubs dort, ohne vorher zu fragen – mit Informationen, die nur vom reinen Hörensagen kamen –, ankamen und eine Veranstaltung übel aufmischten. Da wurden Jungs verdroschen, die man nicht kannte und die – hätte auch nur einer von den eigenen Brüdern statt negativ positiv über sie berichtet – zu unseren Freunden hätten werden können. Viele dieser Auseinandersetzungen, bei denen nicht wenige Männer zum Teil schwer verletzt worden sind, beruhten im Grunde auf ein paar Aussagen weniger. Man bewegte sich in der Hinsicht auf einem sehr schmalen Grat zwischen Freundschaft und Hass. Und wenn sich dieser Hass dann manifestiert hatte, weil ein paar Jungs aus dem Chapter meinten, dass die anderen Pfeifen, Verräter oder Feinde wären, dann schaute man zu jener Zeit ganz einfach in den Rallyekalender, fuhr da hin und machte platt, was platt zu machen war. Und manchmal, aber nur manchmal, fuhr man auch wieder ganz ohne Streit zurück nach Hause.
Zu der Zeit waren die 81er der einzige große Weltclub, der in Deutschland seine Niederlassung hatte. Man hatte viel über das Auftreten der sogenannten Höllenengel gehört damals und nur die wenigsten, die diesen Jungs begegnet waren, wussten Gutes zu berichten. Die meisten kleineren Clubs waren immer wieder von den Anglern gegängelt und schikaniert worden. Auch in diesem Fall traf man dann irgendwann seine Entscheidung auf Basis dessen, was man auf der Straße eben gehört hatte. Die einen sprachen voller Bewunderung und Ehrfurcht von Rot-Weiß, die anderen hatten nur tiefe Missachtung und Hass übrig.
Aber eines war den meisten kleinen und mittelgroßen Clubs in dieser Phase klar geworden: Entweder man versuchte, aufseiten der 81er zu stehen, oder man war gegen sie. Wir hatten bis dahin nichts mit den Anglern zu tun. Zu der Zeit waren sie auch noch nicht sehr groß in Deutschland – ich meine, die hatten vier »Charter«, wie die es nennen, und uns war das einigermaßen gleichgültig, was die trieben.
Ich persönlich kann mich noch gut an eine Party Anfang der 90er-Jahre erinnern. Wir waren mit ein paar Ghostridern da und irgendwo trieben sich auch ein paar Angler rum, die mächtig einen auf dicke Hose machten – ganz nach dem Motto: »Hui, wir sind gefährlich, passt bloß auf …« Die Atmosphäre war komisch und keiner wollte sich so richtig wohlfühlen. Es war, als trieb man sich in einem Käfig herum, der voll mit gefährlichen Raubtieren war. Jeder hatte jeden im Auge und passte ganz genau auf, was der andere tat oder möglicherweise gerade plante. Es war ein Lauern, Beobachten und Pirschen – wie diese merkwürdige, manchmal fast unheimlich wirkende berühmte
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