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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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deuten konnte. Nach einem Augenblick erkannte sie, daß es zu regnen begonnen hatte. Die Tropfen schlugen auf das Dach des Wagens, weder schwer noch leicht, aber ohne Pause, nur manchmal akzentuiert durch eine plötzliche Bö. Sie brauchte eine Weile, bis sie begriff, daß dieses Geräusch, so beharrlich es war, sie nicht geweckt hatte. Sie stützte sich auf einen Ellenbogen.
    »Haben Sie keine Angst«, sagte der Prinz aus der Dunkelheit. »Ich suche nur ein trockenes Plätzchen.«
    Angeblich hatte sie ihr Gedächtnis verloren, nicht ihren gesunden Menschenverstand oder ihren Mut. Sie antwortete rauh: »Ich habe keine Angst.«
    »Wirklich nicht? Solche Kaltblütigkeit hätte ich nicht erwartet.«
    Die Worte wurden von leisem Rascheln begleitet. Sie brauchte keine besonders ausgeprägte Vorstellungskraft, um zu begreifen, daß er sich in der Dunkelheit auszog. Mara spürte, wie ihr Herz schnell und hart zu schlagen begann. Ein beklemmendes Gefühl legte sich auf ihre Brust, als ihr klar wurde, daß sie eine zweite Gelegenheit bekommen hatte. Da sie sich der langen Stille nur zu bewußt war, suchte sie nach Worten.
    »Sind - sind Sie naß geworden?«
    In seiner Stimme lag Lachen, als er antwortete: »Naß wie ein weinender Säugling ohne Amme, die ihn windeln oder wiegen könnte.«
    Er spielte auf ihr vergangenes Gespräch an. Sie ging nicht darauf ein.
    »Nicht, hoffe ich, weil Sie sich davor gescheut haben, mich zu wecken.«
    »Wie >ein vorzüglicher, edler Ritter<, der eher leidet, als ins Gemach seiner Dame einzudringen? So galant bin ich nicht. Die Pferde waren unruhig.«
    »Und Sie haben ihnen als Knecht gedient?« Sie konnte ihre Überraschung nicht verhehlen.
    »Nicht allein. Pferde sind das Leben, das Transportmittel und das Vermögen der Tziganes, und ganz besonders dieses Stammes, der edle Tiere züchtet und verkauft. Aber ich persönlich habe eine Abneigung dagegen, zu Fuß zu gehen, wenn ich es verhindern kann.«
    Mara bezweifelte nicht, daß es reichlich Diener gab, denen er den Befehl hätte erteilen können, sich darum zu kümmern. Daß er selbst gegangen war, ließ sie nachdenklich werden. Sie hatte ihn für einen verwöhnten Aristokraten gehalten, dem wie vielen dieser Gattung das Wohlergehen der Diener oder Tiere gleichgültig war und den nichts kümmerte, solange es seine Bequemlichkeit nicht einschränkte. Aber dies war nicht der Zeitpunkt, seine Persönlichkeit deuten zu wollen. Was für ein Mensch der Prinz war, hatte keinen Einfluß darauf, was sie tun mußte.
    »Sie ... müssen frieren.«
    »Wollen Sie mir etwa anbieten, mich zu wärmen?«
    Sie brauchte nur ja zu sagen, doch die Kühnheit seiner Frage erschütterte ihre Entschlußfestigkeit. Hastig antwortete sie: »Nur die halbe Decke.«
    Ein leiser Luftzug wehte vorüber, dann hörte sie seine Stimme direkt über sich, als würde er neben ihrem Bett knien. »Kein weiches Kissen auf Ihrer Brust, kein süßes Säugen, kein fröhliches Hopsen, bevor ich glückselig einschlummere?«
    »Ich - ich bin nicht Ihre Amme!« Die Heiserkeit ihrer Stimme wurde nicht durch Angst, sondern durch das warme Brodeln eines eigenartigen Schmerzes in ihrer Brust hervorgerufen.
    »Zum Glück«, sagte er, erhob sich in einer geschwinden Bewegung, lüpfte die Felldecke und glitt neben ihr ins Bett.
    Sie rückte mit einem halb unterdrückten, erschrockenen Aufschrei von ihm ab, hielt aber inne, als sie merkte, was sie tat. Sie verhielt sich töricht. Sie hätte weinen können vor Selbstvorwürfen, so angespannt waren ihre Nerven. Sie mußte lernen, sich besser zu beherrschen, ihren Körper zu zwingen, sich dem Diktat ihres Willens zu unterwerfen. Wenn der Prinz noch einen Vorstoß wagen, wenn er seine Hand ausstrecken würde, um sie zu berühren, durfte und würde sie sich ihm nicht verweigern. Sie würde alles über sich ergehen lassen und, so helfe Gott, darauf reagieren.
    Er rührte sich nicht. Sie hätte allein im Bett liegen können, so wenig spürte sie seine Anwesenheit. Wenn er atmete, hörte sie das nicht, so ruhig verhielt er sich. Die Decke lag locker über ihnen beiden, er mußte also vollkommen entspannt sein. Nach einer Weile schien es ihr, als habe er die Fähigkeit, augenblicklich einzuschlafen, denn er drehte sich kein einziges Mal ruhelos um. Ganz langsam ließ die Spannung ihrer Muskeln nach, und sie gestattete ihren Lidern, sich zu schließen. Der Regen trommelte in beschwichtigendem, gleichmäßigem Rhythmus auf den Wagen. An ihrer unbedeckten

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