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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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ein flüchtiges Lächeln auf dem braunen Gesicht des Zigeunermädchens erscheinen und entlockte ihr ein paar vereinzelte Informationen. Die Truppe des Prinzen und die meisten Zigeuner hatten das Lager schon am Morgen verlassen, um nach der Kutsche zu forschen, in der Mara gefahren war, und um jeden zu befragen, der sie gesehen haben könnte.
    Der Zigeuner Luca war einer genauen Befragung darüber unterzogen worden, was er gesehen und gehört hatte. Die Kutsche sei von vier Apfelschimmeln gezogen worden und habe keine Eskorte gehabt, sagte er; sie sei so neu gewesen, daß die Farbe selbst in der Dunkelheit geglänzt habe, und nach dem neuesten Modell konstruiert. Die Laternen waren nicht entzündet gewesen, so daß er unmöglich die Farbe hatte feststellen können. Die Stimme eines Mannes hatte nicht rauh, aber zornig nachgeklungen, nachdem man Mara aus der Kutsche geworfen hatte. Gleich danach war die Kutschentür wieder zugeschlagen worden und das Vehikel in rasendem Tempo davongejagt. Zuerst hatte Luca gedacht, man hätte eine Leiche auf die Straße geworfen. Es schien keinen Grund zur Eile zu geben. Als sie sich stöhnend aufgerichtet hatte, hatte er ihr weißes Kleid in der Dunkelheit leuchten gesehen und erkannt, daß es sich um eine Frau handelte. Sie war in Richtung des Lagers gegangen, deshalb hatte er sie gehen lassen. Es war ihm am besten erschienen, wenn sich der Prinz selbst um dieses Problem kümmerte.
    Bewegung, die Anstrengung, sich anzuziehen, schien Maras steifer Schulter gutzutun. Sie war erleichtert, denn sie hatte schon befürchtet, daß sie sich das Gelenk ausgerenkt haben könnte. Sie konnte die Arme nicht hoch genug heben, um sich zu frisieren, deshalb gestattete sie dem Mädchen, ihr Zöpfe zu flechten und diese in einer Krone um ihren Kopf zu winden.
    Als sie einigermaßen ansehnlich war, wanderte sie im Wagen hin und her und schaute dem Mädchen zu, das das Bett machte und die schmutzige Wäsche des Prinzen wegräumte. Sie wußte nichts mit sich anzufangen, wußte nicht, ob es besser war, hinauszugehen und zu versuchen, mit Roderic zu sprechen, oder ob sie im Wagen warten und hoffen sollte, daß er zu ihr kommen würde. Ihr selbst wäre es lieber gewesen, wenn seine Männer in der Nähe gewesen wären; irgendwer, der das Gespräch aufrechterhalten konnte. Man hatte sie in der Kunst unterwiesen, stundenlang über Nichtigkeiten zu plaudern und Fragen zu stellen, die anderen Menschen die Befangenheit nahmen, aber im letzten Jahr schien sie all das wieder verlernt zu haben. Und es gab so vieles, worüber sie, wegen ihres gespielten Gedächtnisverlustes, nicht sprechen durfte, so viele Fallgruben, in die sie so leicht stürzen konnte. Ihr Gehirn war wie taub und keinesfalls in der Lage, witzig und unterhaltend zu sein. Wenn sie diese Fähigkeit nicht spielen konnte, wozu sollte sie dann die Aufmerksamkeit des Prinzen, oder irgendeines Mannes, auf sich ziehen?
    Es hatte aufgehört zu regnen, aber der Morgen war wolkenverhangen und grau. Die Niederung, in der die Zigeuner campierten, war felsig und ein schlammiger Morast. Durch die Feuchtigkeit wirkte die Kälte noch durchdringender. Sie mußte sich bewegen, irgendwie aktiv sein, damit sie nicht bis ins Mark zitterte. Im Wagen hüllte sich Mara in ihren Umhang und fragte sich, ob sie es wagen könnte, ein Feuer in dem kleinen Keramikofen anzuzünden, der in einer Ecke stand. Schließlich schien es ihr am einfachsten, ihr Versteck zu verlassen und sich an dem großen Lagerfeuer draußen zu wärmen.
    Dämon sprang fröhlich auf sie zu, strich um ihre Beine, wedelte mit dem ganzen Leib ebenso wie mit dem Schweif und bereitete ihr einen ekstatischen Empfang. Er leckte die Hand, die sie ihm entgegenstreckte, und sprang an ihr hoch. Seine Begrüßung war so stürmisch, daß Mara kaum vorwärtskam.
    Der Prinz, der neben dem Feuer stand, drehte sich um und schnippte mit den Fingern. »Sitz, Dämon.«
    Der Hund schaute ihn an und senkte den Schweif, aber einen Augenblick später stellte er sich wieder auf die Hinterbeine und bettelte mit offenem Maul und heraushängender Zunge um weitere Liebkosungen.
    »Er gehorcht aufs Wort«, sagte Roderic mit Ironie in der Stimme.
    Mara schaute mit einem Lächeln zu ihm auf und kraulte dem Hund den Kopf. »Mich stört das nicht.«
    »Es schadet der Disziplin.«
    »Ach? Wessen?«
    »Seiner. Eines Tages wird er dem Falschen nachlaufen, und dann wird man ihm die Kehle durchschneiden.«
    Eingeschüchtert blickte sie auf.

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