Zigeunerprinz
Beschlag genommen hatte, und war dankbar für diese Geste der Unterstützung. Sie hatte ein paar Jahre lang den Haushalt ihres Vaters geführt, hatte die Lebensmittel- und Vorratseinkäufe überwacht und die Sklaven beim Waschen und Putzen beaufsichtigt. Aber das war etwas ganz anderes gewesen, als französische Diener zu befehligen, die uralte Traditionen von Nebeneinkünften aus ihrer Anstellung verfochten, die so fest an ihre Unersetzlichkeit glaubten, daß es schon fast an Überheblichkeit grenzte, und die die republikanische Auffassung vertraten, daß alle Menschen gleich seien. Sie würde sehr streng sein müssen, wenn sie nicht unter die Räder kommen wollte.
Zwanzig Haushaltsangestellte hatten sich vorgestellt. Gemäß dem Haushaltsbuch, in dem ihre Namen und ihr Entgelt aufgelistet waren, gab es eine Köchin, zwei Hilfsköchinnen, drei Küchenmädchen, vier Dienstmägde, zwei Unterdienstmägde, vier Lakaien, einen Gärtner, einen Untergärtner, einen Kutscher und zwei Männer, deren Aufgabe es war, den Müll und Abfall fortzubringen. Mara blieb lange unbewegt sitzen und musterte die Gruppe. Sie war nicht eben eindrucksvoll. Die Frauen trugen keine Hauben, und ihre Schürzen waren grau und verdreckt. Die Männer wirkten, als wären ihre Jacken und Westen nur flüchtig gereinigt worden und von jener Art, wie man sie auch auf der Straße trug. Alle sahen schlampig und mürrisch zugleich aus, als würden sie ihr angenehmes Leben genießen und keinen Wert darauf legen, daß sich etwas daran änderte.
Sie zählte sie kurz durch und blickte dann noch einmal in ihr Haushaltsbuch. Dann schaute sie wieder auf und fragte: »Wo ist die Frau, die als Köchin geführt wird?«
Sie bewegten sich unruhig und warfen sich aus den Augenwinkeln verstohlene Blicke zu. Schließlich meldete sich ein Lakai zu Wort: »Madame Köchin sagt, sie ist kein gewöhnlicher Dienstbote, sondern eine Künstlerin. Sie sagt, sie läßt sich von einer - einer, die nicht Hausherrin ist, nichts befehlen. Wer sie sprechen möchte, meint sie, kann zu ihr in die Küche kommen.«
»Ich verstehe«, antwortete Mara ruhig und gelassen. »Sie werden zu >Madame< gehen und ihr ausrichten, daß ich sie innerhalb der nächsten halben Stunde hier unter vier Augen sprechen möchte. Sollte sie nicht kommen, kann sie sich als entlassen betrachten. So, hat noch jemand Probleme damit, Befehle von mir entgegenzunehmen?«
Schweigen senkte sich herab. Keiner sprach oder bewegte sich. Mara wartete ein paar Sekunden, dann nickte sie dem Lakaien zu, der ihre Botschaft für die Köchin überbringen sollte. Er verneigte sich und eilte davon.
»Von jetzt an wird es eine Reihe von Änderungen im ruthenischen Haus geben. Die erste betrifft die Kleidung. Neue Livreen, Schürzen und Hauben sind für Sie bestellt und werden noch in dieser Woche geliefert. Diese Kleidung werden Sie tragen, solange Sie im Dienst sind, und zwar ausnahmslos, wie es sich für ein Haus, das zugleich die offizielle Residenz der ruthenischen Regierung ist, gebührt. Ich lege Wert darauf, daß Sie sich sauber und korrekt kleiden und von Gästen als Teil des Haushaltspersonals erkannt werden können. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Mara sah ein paar Köpfe zustimmend nicken, konsultierte die Liste in ihrer Hand und fuhr dann fort. Sie kündigte eine Reihe weiterer Änderungen an, die das Verhalten der Dienstboten, die Sauberkeit und die Verantwortlichkeit für ihre Arbeit betrafen, dann begann sie die Aufgaben zu umreißen, die jede Frau und jeder Mann ab sofort zugewiesen bekam. Sie war gerade am Ende angelangt, als die Tür aufflog und gegen die Wand krachte.
In den Raum marschierte eine stämmige, breitgesichtige Frau mit einer Pfanne in der Hand. Sie schaute sich um und stürmte, als sie Mara erblickt hatte, auf sie zu, als wollte sie sie schlagen. Hinter Mara trat Luca einen Schritt vor. Die Frau schaute in sein dunkles, gleichmütiges Antlitz und blieb augenblicklich stehen, wenn auch ihre Stimme immer noch schrill vor Zorn klang.
»Mit welchem Recht schicken Sie mir eine solche Nachricht? Ich bin noch nie so beleidigt worden! Männer flehen mich an, jawohl, die reichsten Männer sogar, ich soll in ihr Haus kommen und für sie kochen. Ich bin ohne Konkurrenz, eine Künstlerin! Mein Gehalt übersteigt bei weitem das, was eine wie Sie in Jahren auf dem Rücken liegend verdient!«
Mara stand auf. »Wirklich! Dann sind Sie eindeutig überbezahlt.«
Der kühle Kommentar brachte den zornigen
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