Zigeunerprinz
Wortschwall zu einem plötzlichen Versiegen. Das Gesicht der Köchin färbte sich purpurrot. »Ich hätte gute Lust, dieses Haus zu verlassen! Das würde Ihnen nur recht geschehen. Der Prinz würde Sie bestimmt rausschmeißen, wenn er entdeckt, daß er mich Ihretwegen verloren hat!«
»Tun Sie, was Ihnen richtig erscheint. Ich versichere Ihnen, es ist unwahrscheinlich, daß man Ihre Abwesenheit bemerkt.«
»Wollen Sie etwa meine Fähigkeiten anzweifeln?«
»Wollen Sie etwa behaupten, die Mahlzeiten, die in diesem Haus serviert werden, würden dafür sprechen?«
Die Frau öffnete den Mund und klappte ihn dann wieder zu. Die Pfanne, die sie geschwungen hatte, senkte sich langsam.
»Ich wurde vom Majordomus des Prinzen engagiert. Niemand sonst kann oder wird mich entlassen.«
Die Worte klangen kriegerisch, aber der Ton war gedämpft. Mara wußte, daß sie gewonnen hatte. »Man wird Sie nicht entlassen, solange das Essen, das auf den Tisch des Prinzen gelangt, Ihren Fähigkeiten entspricht. Ich bin sicher, Ihrem Ruf zuliebe wird Ihnen das ein inneres Bedürfnis sein.«
»Natürlich.«
Die Frau hätte keine andere Antwort geben können, aber sie klang aufrichtig. »Gut. Ich verlasse mich darauf, daß Sie Ihr Talent nutzen, um Menüs zu schaffen, die eine Mahlzeit hier im ruthenischen Haus zu einer bleibenden Erinnerung machen. Wenn Sie sie ausschreiben und mir jeden Morgen bringen, werden wir Sie besprechen können.«
»Dieser Haushalt ist unmöglich! Leute kommen, Leute gehen. Wie kann ich mein Bestes geben, wenn man mir jeden Tag erst im letzten Moment sagt, ob ich für vier oder vier Dutzend Gäste kochen soll?«
»Ich werde versuchen, Ihnen früh genug Bescheid zu geben. Trotzdem müssen Sie die Portionen generös berechnen, damit genügend für zusätzliche Gäste da ist, so wie es die Gastfreundschaft dieses Hauses erfordert.«
Die Köchin kniff die Lippen zusammen und nickte. »Wegen der Einkäufe -«
»Die überlasse ich größtenteils Ihnen«, erklärte Mara augenblicklich und fügte dann hinzu: »Allerdings werde ich manchmal Zutaten besorgen, die täglich frisch gekauft werden müssen. Und wir werden natürlich gemeinsam die Rechnungen durchgehen, bevor sie bezahlt werden.«
»Natürlich«, stimmte die Frau zu, und wenn ihr Tonfall auch hart klang, war eine widerwillige Anerkennung herauszuhören.
In einem großen Haushalt war es Sitte, daß der Koch eine Vergütung von den Lieferanten erhielt, denen er Aufträge erteilte. Die Praxis wurde geduldet, solange sie nicht dazu führte, daß der Herrschaft minderwertiges Essen zu überteuerten Preisen vorgesetzt wurde. Der Köchin war klar, daß Mara diesen Aspekt des Haushaltes zu überwachen gedachte. Die Qualität des Fleisches und der Innereien, der Milch, der Butter und Eier würde sich zweifellos bessern.
»Der Weinkeller scheint angemessen bestückt zu sein. Der Majordomus des Prinzen hat sich darum gekümmert, glaube ich. Er wird das auch weiterhin tun. Es sollte nicht nötig sein, daß jemand täglich die Flaschen zählt, aber wir werden ein Inventar erstellen und es regelmäßig überprüfen.«
Die Köchin warf den Lakaien einen Seitenblick zu. Sie wichen dem Blick aus, studierten ihre Hände oder starrten reglos geradeaus. Ein Hausmädchen unterdrückte ein nervöses Kichern und verwandelte es gerade noch in ein trockenes Husten.
Mara wartete eine Weile und wandte sich dann übergangslos dem nächsten Punkt auf ihrer Liste zu. Offenbar hatte man sie verstanden.
Die beiden folgenden Tage waren von Tumult erfüllt. Die Dienstboten wurden in Mannschaften zu drei oder vier Personen aufgeteilt. Sie wurden früh zu einer Arbeit eingeteilt und hörten bis spät abends nicht auf. Wohin man auch ging, stieß man auf Schrubber und Tücher, Bürsten und Leitern, Reinigungsmittel und Polituren. Es war unmöglich, eine Treppe hinauf oder hinunter zu gehen, ohne daß man einem Mann oder einer Frau mit einem Eimer voll heißem Wasser oder schmutzigem Seifenwasser begegnete. Die schweren Vorhänge an den Fenstern und um die Betten wurden ausgeschüttelt und geklopft, bis Staubwolken die Räume vernebelten. Die Polster der Sessel und Sofas wurden gebürstet und gewischt und ausführliche Listen mit jenen Gegenständen erstellt, die ausgebessert werden mußten.
Sie bohnerten die Steintreppen mit Limonenkarbonat, streuten Teeblätter auf die Teppiche, die den Schmutz aus den Fasern ziehen sollten, und gebrauchten einen Blasebalg, um den Staub von den
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