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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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sich auf den Boden warf.
    »Nicht jedesmal, aber oft.«
    Mara hatte sich oft gefragt, wie es wohl sein mochte, einen Bruder oder eine Schwester zu haben. Sie hatte sich vorgestellt, daß sie zusammen spielten, eine geschlossene Front gegen die feindliche Welt bildeten, aber nicht, daß sie sich stritten. Sie öffnete den Mund, um das zu sagen, aber ihr fiel gerade noch rechtzeitig ein, daß das ein gefährliches Thema für jemanden war, der angeblich keine Erinnerung an die Vergangenheit besaß.
    »Roderic streitet sich fast mit jedem außer unserer Mutter. Mama haßt Streitereien und hält sich deshalb immer aus den Wortgefechten heraus, im Gegensatz zu uns anderen. Aber wenn man sie zu weit treibt, dann erhebt sie sich und schmettert den Gegner mit einem einzigen Satz nieder.«
    »Mir ist Roderics - und in gewissem Maß auch Ihre - ungewöhnliche Sprache aufgefallen«, erklärte Mara trocken.
    Juliana schnitt eine Grimasse. »Ein Erbe unseres Vaters; ich versuche, es in Grenzen zu halten; Roderic nicht. Sie sollten die beiden hören, wenn sie zusammen sind. Oder vielleicht lieber nicht. Wenn sie verschiedener Meinung sind, dann müssen Außenstehende aufpassen, daß sie nicht von ihren ätzend scharfen Kommentaren getroffen werden. Mama stand immer zwischen beiden. Ich glaube, auch wenn ich nicht sicher sein kann, daß Roderic Ruthenien verließ, weil er wußte, welche Schmerzen ihr diese Auseinandersetzungen bereiteten.«
    Juliana sprach von Angeline, der ruthenischen Königin, Maras Taufpatin. Mara überlegte sich, wie sie wohl mehr über sie herausfinden konnte. »Roderic und sein Vater haben sich also entzweit?«
    »So würde ich das nicht sagen. Sie sind beide verschlossen, deshalb läßt sich nur schwer feststellen, was zwischen ihnen vor sich geht. Es ist genausogut möglich, daß unser Vater Roderic aus Ruthenien getrieben hat, weil er es für das Beste hielt, wenn mein Bruder auf eigenen Füßen steht, wenn er sein Leben selbst in die Hand nimmt. So hat man es mit ihm gemacht, als er so alt war.«
    Mara runzelte die Stirn. »Das klingt hart.«
    »Ja, aber es hat ihm gutgetan. Roderic hat sich sehr gut geschlagen. Er und seine Truppe versetzen die Höfe halb Europas in Angst und Schrecken.«
    »Schrecken?«
    »Man nennt sie das Todeskorps. Wußten Sie das nicht?«
    Mara schüttelte den Kopf. Ein beunruhigendes Gefühl ergriff Besitz von ihr, wenn sie auch nicht wußte, warum. »Was machen sie denn?«
    »Sie kämpfen, das nehme ich wenigstens an. Man findet sie immer dort, wo Schwierigkeiten bevorstehen. Ich entsinne mich, gehört zu haben, daß sie mithalfen, Spezialeinheiten für verschiedene Königshäuser auszubilden. Heutzutage drohen ständig Attentate. Jeder muß sich davor schützen, so gut er kann.«
    »Ich verstehe nicht, warum man die Truppe fürchten sollte, wenn sie andere dazu ausbilden, Mitglieder des Königshauses zu beschützen.«
    »Die Methode, mit der sie vorgehen, bewirkt das. Sie bilden nicht nur eine Kampftruppe aus, sondern infiltrieren den Staat, sammeln Informationen und freunden sich mit allen politischen Elementen an, um herauszufinden, von wo die größte Gefahr droht. Manche sagen, dank dieser Taktik könnten sie eine Regierung ebenso leicht stürzen wie stützen, und bei mancher Gelegenheit haben sie Dinge erfahren, die Roderic zu der Überzeugung geführt haben, daß die Opposition eigentlich an der Macht sein sollte. Es ist ein bißchen so, als würde man den Wolf durch die Hintertür einlassen, um die Geier vor der Vordertür abzuschrecken. Daher auch der Name.«
    »Das Corps des Todes«, flüsterte Mara leise und schauderte.
    In der kurzen Pause hörten sie ein Kratzen an der Salontür. Mara schaute auf. »Herein.«
    Trude betrat das Zimmer. »Bitte, verzeihen Sie die Störung, Mademoiselle, aber ich habe mich gefragt, ob -«
    Als die Frau Juliana erblickte, hielt sie abrupt inne, und ihr großer Körper versteifte sich. Juliana zog eine Braue hoch, stand aber augenblicklich auf. »Kümmern Sie sich nicht um mich, ich wollte gerade gehen.«
    »Nein, nein, gehen Sie nicht«, sagte Mara. Sie hatte noch keine Zeit gehabt, sie über Angeline auszufragen. »Vielleicht möchte Trude uns Gesellschaft leisten? Wir könnten heiße Schokolade und Kuchen bestellen und ein bißchen plaudern.«
    »Dazu habe ich keine Zeit«, antwortete Trude distanziert. »Ich wollte nur fragen, ob Sie vielleicht eine Medizin für meine Wunde haben. Estes meinte, damit keine Narbe

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