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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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lavendel- und rosafarbene Schatten auf ihre Kleider. Es ließ die Szenerie eigenartig unwirklich wirken, als wären diejenigen, die davon berührt wurden, blutlose Schatten ihrer selbst oder Wanderer aus anderen blutrünstigeren Zeiten. Im Dämmerlicht blitzten die Funken, die von den aufeinanderprallenden Klingen aufstoben, hell orange.
    Dann machte Jacques einen Ausfall und zog sich wieder zurück. Estes ließ einen lauten, theatralischen Verzweiflungsschrei aufsteigen und griff sich an den Arm. »Getroffen, von einem Kind bei einem Kinderstreich getroffen! Diese Scham, diese Schmach!«
    »Du hast dich absichtlich verletzen lassen, verdorbener alter Kerl«, beschwerte sich Jacques, »weil du gehofft hast, daß dich Mademoiselle Chere mit ihrem Taschentuch verbindet!«
    »Du hast mich nicht nur am Arm, sondern auch tief im Herzen getroffen! Wie kannst du nur so etwas glauben?«
    »Ich kenne dich. Außerdem habe ich selbst mit dem Gedanken gespielt.«
    »Unverschämter Gernegroß. Ich hätte gute Lust, meinen Degen wieder aufzunehmen und dich Mores zu lehren.«
    »Zu spät«, erwiderte Jacques schadenfroh. »Ich habe den ersten Treffer gesetzt. Es ist vorbei.«
    Doch für die anderen war es noch nicht vorbei. Sie kämpften weiter, während Mara tatsächlich den Arm des Italieners mit ihrem Taschentuch verband. Die Wunde war tief, aber keinesfalls schwer. Estes protzte seinem Gegner gegenüber mit der Aufmerksamkeit, die Mara ihm schenkte, und stolzierte dann mit dem weißen Leintuch um den Oberarm herum, als wäre es eine Auszeichnung oder ein Gunstbeweis. Er marschierte über den Fechtboden, kommentierte pointiert die Fechtkünste der anderen wie ein Zuschauer in seiner Loge. Statt daß es die Kämpfer ärgerte, schien es lediglich ihre Kampflust anzustacheln und die konzentrierte, gelöste Atmosphäre nur noch zu verstärken. In der offenen Tür hatten sich Zuschauer versammelt. Es waren die Dienstboten, die durch den Lärm der Degen angelockt worden waren. Sie unterhielten sich leise, tauschten Kommentare aus und applaudierten nach einer besonders gewagten Attacke. Mara hätte es nicht überrascht, wenn sie erfahren hätte, daß auch ein paar Wetten abgeschlossen wurden.
    Michael und Jared waren fast gleich stark. Ihre Degen blinkten blau, glitten, scharrten, prallten gegeneinander. Plötzlich griff Jared an. Michael parierte mit einer Quinte und ging in die Riposte. Jared wich zurück, aber bei dieser Bewegung fuhr Michaels Klingenspitze über seine Hand. Jared fluchte, aber ohne Zorn, und ließ sein Schwert fallen.
    Mara war so mit Jareds Verletzung beschäftigt, daß ihr das Ende des Zweikampfes zwischen Trude und Roderic entging. Aus dem Augenwinkel sah sie die Klingen durch die Luft wirbeln, dann blieb Trude plötzlich mit gesenkter Degenspitze stehen und starrte den Prinzen an. Sie hielt sich eine Hand ans Gesicht.
    Mara trat schnell vor, während Roderic sich zurückzog. Bevor sie Trude aber erreicht hatte, hatte die junge Frau langsam die Hand gesenkt und starrte auf das Blut an ihren Fingern. Die Wunde war nur klein, kaum mehr als ein Kratzer. Sie würde nicht einmal eine Narbe hinterlassen, aber trotzdem war Trude kalkweiß und schwankte unsicher. Sie hob ihre haselnußbraunen Augen und sah Roderic an.
    »Sie tun nie etwas grundlos«, sagte sie so leise, daß es kaum jemand hörte. »Warum?«
    »Denk nach«, empfahl er. Mit kalter, aber doch erschütterter Stimme antwortete sie: »Das möchte ich lieber nicht.«
    »Das bleibt dir überlassen.« In der Tür liefen die Bediensteten wie vor einer Flutwelle auseinander und gingen eiligst wieder ihren Beschäftigungen nach. Juliana betrat so ungestüm den Raum, daß ihre rosafarbenen Röcke hinter ihr her wirbelten und die Federn auf ihrem rosafarbenen Samthut wippten.
    »Wo bitte sind die Briganten? Ich habe den Kampflärm gehört, kaum daß ich das Haus betreten habe, und bin sofort zum Schlachtfeld geeilt. Sind sie etwa schon vertrieben?«
    »Es gab keine Briganten«, erklärte Roderic knapp.
    »Keine Briganten? Räuber, Strauchdiebe dann, Einbrecher oder Mörder? Irgendjemand muß der Grund für ein solches Gemetzel gewesen sein!« Ihr Ton war schneidend, und die Ironie vermochte ihre Wut kaum zu verbergen. Wahrscheinlich war sie um so wütender, weil sich ihre Besorgnis als unbegründet herausgestellt hatte.
    Michael bemerkte keineswegs weise: »Es war bloß eine Kur gegen die Langeweile.«
    »Eine Kur, die sich nur zu leicht als einmalig herausstellen

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