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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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bestreitet ein Ex-König zu sein – aber er erklärt auch nicht eindeutig, dass er der jetzt herrschende König ist – aber hinwiederum andererseits – und überdies – wiewohl dennoch – hinwiederum – und im Widerspruch dazu … Ach ja, sollten sie ruhig schmoren.
    »Die Frage der Königschaft ist hier überhaupt nicht von Belang«, erklärte ich ihnen von oben herab. »Ich habe euch doch soeben gesagt, dass mein Besuch eine Privatangelegenheit ist. Ich bin gekommen, um meinen Besitz bei Kamaviben zu inspizieren, weiter nichts. Und ich wünsche, dass man meinetwegen kein Aufhebens macht.« Ich funkelte sie mit meinem allerköniglichsten Herrscherblick an. »Ist das klar?«
     
     
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    Aber ich hätte es besser wissen müssen. Selbstverständlich gab es Aufhebens und Getue, und nicht zu knapp.
    Bürokraten! Verdammte sesselfurzende Beamtenärsche! Schikanegeile aktenschnüffelnde Erbsenzähler. Da ist mir – wahrhaftig! – die erfrischend ehrlich nach Scheiße duftende Gesellschaft einer Herde Salizonga-Schnecken noch allemal lieber!
    Im allgemeinen gehöre ich nicht zu jenen Menschen, von denen irgendeiner behaupten könnte, sie seien arglos und naiv. Nicht mit meinen Jahren. Doch in diesem Fall müsste ich wohl zugeben, dass ich nicht nur ein bisschen naiv gewesen war, wenn ich angenommen hatte, dass das ganz absurde Phantastische geschehen werde: dass diese Leute mich nämlich ganz schlicht und ohne irgendwelche Komplikationen aus diesem Verwahrtrakt ziehen lassen würden. Es bestand einfach nicht die Chance, dass der König der Zigeuner (gleichgültig ob im Amt oder im Ruhestand) ungestört und inkognito nach Xamur oder irgendeine andere der Königlichen Welten einreisen konnte, mochte er auch noch so sehr wüten und toben. Soviel begriff ich. Jedoch hatte ich mir vorgestellt, man werde mich mit einem Minimum an Pomp und Staatsgepränge hereinlassen, wenn dies so offensichtlich meinen Wünschen entsprach.
    Da irrte ich mich.
    Könige, sogar Ex-Könige, üben möglicherweise beträchtliche Macht und großen Einfluss auf dies oder das aus, wenn es jedoch zu Fragen des Protokolls kommt, behalten die Bürokraten stets das letzte Wort. In dem vorliegenden Fall lag die Schuld ebenso bei den Roma wie bei den Gaje unter den Beamten der Einwanderungsbehörde, vielleicht sogar mehr noch bei den Roma. Die Roma sahen da plötzlich ihren König (oder ihren Ex-König, was ich nun sein mochte) vor sich, und der kam überraschend in die Stadt gezogen, und sie hielten es darum absolut für ihr Recht und ihre Pflicht, mich mit ihrem Halleluia – »Gepriesen sei der Herr« – zu überschütten, auf dass ich nur auch ja angemessen mit dem mir gebührenden Glanz und Glorienrummel eingedeckt würde.
    Also leiteten sie die Informationen, dass ich gekommen sei, weiter bis hinauf zu den höchsten Spitzen der Kaiserlichen Administration auf Xamur, und von diesem Punkt an setzte sich die unaufhaltbare Lawine in Gang, die Bürokraten entwickelten unerhörten Eifer und waren in ihrer Aktivität nicht zu bremsen. Natürlich darf man nicht erwarten, dass Regierungsbeamte zu irgendwie sinnvollen und nutzbringenden Aktivitäten fähig wären (so etwas stünde ja in krassem Widerspruch zum Wesen und ›Sinn‹ ihres existentiellen Seins), doch gib ihnen eine absolut sinnlose Aufgabe – wie etwa die Organisierung eines Staatsempfangs – und sie blühen auf und überkugeln sich vor Betriebsamkeit. Es gelang mir gerade noch, die militärische Ehrenparade in voller Stärke an den leuchtenden Glacis von Ashen Devlesa abzuwürgen. Aber einer endlosen Reihe von Empfangszeremonien konnte ich mich nicht entziehen, die man in der Hauptstadt anberaumte: einem gigantischen Pyrotechnikon, das mit seinen Raketen das Firmament über vier Kontinenten erglühen ließ; einem tödlich langweiligen Konzert des Xamuranischen Symphonieorchesters; einem Festbankett, das in seiner überkandidelten, abgeschmackten, lächerlichen Pseudofeinheit meinen Freund Julien de Gramont tränenüberströmt vom Tisch vertrieben haben würde, um im stillen Kämmerlein dem Andenken an Escoffier eine Kerze anzuzünden. {7}
    Das alles war eine Plage, doch in gewisser Weise erfüllte es auch einen mir nützlichen Zweck, denn es verkündete in Galgala und im ganzen übrigen Imperium die Nachricht von meiner Wiederkunft. Doch da ich einen Empfang mit vollen königlichen Ehren, insbesondere die übliche Militärparade und die damit verbundene routinemäßige

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