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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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richtig begonnen hat. Immerhin gelang es mir, mich zu beherrschen und nicht in die Hosen zu scheißen; nicht jedem wäre das gelungen. Ich wartete da lange in schrecklicher Furcht, dann wurde ich in die Höhe gerissen, und die Welt um mich herum verschwand. Ich murmelte einen Schutzsegen vor mich hin, auch wenn ich damals kein sehr hohes Vertrauen in seine Wirksamkeit hatte. Ich wirbelte gottweißwohin davon und war auf der Reise in die Sklaverei auf Alta Hannalanna.
    Und jetzt, so an die hundert Jahre und fünfzig später, ertappte ich mich dabei, dass ich immer wieder an diesen ersten Relais-Mitnehmertrip dachte. Wie elend ich mich gefühlt hatte, wie entsetzlich mir dies alles erschien – und wie sinnlos. Doch ich war damals ja noch sehr jung und hatte noch nicht gelernt, die Welt mit den Augen des Weisen zu betrachten wie Loiza la Vakako. Aber alles ist wirklich nur Teil des Lernprozesses, glaubt es mir! Man lernt nämlich nie wirklich etwas, wenn man sich unter die Bettdecke verkriecht und an seinem Daumen zuzelt. Im Wasser – und nur im Wasser – lernt man schwimmen …
    Und nun flog ich wieder durch die Leere, neuen Abenteuern und einem unbekannten Schicksal entgegen. Doch diesmal war ich durch meine Erziehung gewappnet und war bereit für alles, was da kommen mochte. Deshalb sang ich und lachte über meine eigenen Witze, und ich ließ die Zeit an mir vorübergleiten, auf diesem Trip von meinem eisigen Mulano zurück ins Reich, und ich hörte das Pfeifen in den Ohren, das mir verriet, dass der letzte Rangiervorgang abgeschlossen war und dass ich in Kürze wieder in das Universum der Menschen zurückkehren würde.
     
     
    3
     
    Xamur. Ich begriff sofort, dass ich dort gelandet war.
    Wenn man aus dem Relais kommt, machst du eine kurze Periode ernstlicher Desorientierung durch; dein Hirn kommt dir vor wie von innen nach außen gestülpt, wie der Magen eines hungrigen Seesterns, und du kannst nicht unterscheiden, was deine Finger und was deine Ohren sind. Der Zustand dauert zwischen fünfzehn Sekunden und fünfzehn Minuten, je nachdem, wie elastisch dein Nervensystem ist, und während der Zustand anhält, sind die Empfindungen nicht sehr viel anders als zuweilen zu Beginn eines Geist-Trips. Das machte ich nun alles wieder durch. Es dauerte etwa eine halbe Minute Individualzeit, doch das genügte mir zu erkennen, dass ich mich auf Xamur befand. Ich begriff das beinahe sofort, als ich den ersten Atemzug der wundervollen blütensüß duftenden Luft einatmete.
    Xamur zählt zu den Neun Königlichen Planeten, doch verdient es eigentlich eine höhere Rangbezeichnung, auch wenn mir auf Anhieb gerade keine einfällt. ›Göttlich‹ wäre vielleicht doch ein wenig zu stark. Aber ihr versteht, worauf ich hinauswill. Dort ist einfach ein Paradies. Ein Land, in dem Milch und Honig fließen – und sogar noch erfreulichere Sachen.
    Die Luft ist duftender Balsam – und ich meine damit nicht, die Luft sei wie ein Wohlgeruch, ein Parfüm, sie ist Parfüm –, und das Meer könnte auch ebenso gut gleich Wein sein, denn ein Schluck davon – und du lächelst, und fünf Schlucke versetzen dich in einen euphorischen Zustand, und ein Dutzend deftige Schlucke, und du liegst flach und wälzt dich in letalen Kicheranfällen. Der Himmel ist von einem dunkel saftigen Blaugrün, durch das sich kühne rote und gelbe Streifen ziehen, eine phantastische Farbenkombination, und die Atmosphäre besitzt irgendeine elektrische Eigenschaft, so dass alles von einem flirrenden, traumhaften nordlichtähnlichen Schimmer gesäumt ist. Das Land unter diesem augenverwirrenden Himmel ist klar und ordentlich und vollkommen und beinahe aufreizend friedlich: jeder Baum genau am richtigen Platz, jeder Bach, jeder Hügel genau richtig. Das alles ist so vollkommen schön, dass man weinen möchte; du schaust und starrst auf diese Welt, und du spürst ihre Schönheit wie einen Schmerz in deinem Herzen, deinem Magen und deinen Hoden. Ich weiß nicht, wer die Welten dieses Universums gemacht hat, aber in einem bin ich mir sicher: Xamur war der letzte Gruß, denn alle die übrigen Planeten wirken wie Rohentwürfe, und Xamur war eindeutig die endgültige, überarbeitete und korrigierte Letztfassung.
    Dass ich ausgerechnet hier gelandet war, das war für mich ein bezaubernder Glückstreffer. Man kann nämlich bei Relais-Trips keine Exaktheit auf sieben Dezimalstellen erwarten, also hatte ich bei meinem Abflug von Mulano bei der Eingabe der Zielkoordinaten nur

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