Zigeunerstern: Roman (German Edition)
Ordensverleihung, abgelehnt hatte, bewirkte mein Erscheinen in Ashen Devlesa doch ein beträchtliches Herumgerätsle, was ich denn für Absichten mit meiner Rückkehr verknüpfen mochte, nun da ich auf einmal wieder aus der Versenkung auftauchte. Das passte mir ganz gut. Es ist schon immer eine gute, nützliche Strategie gewesen, alle anderen im Ungewissen zu lassen. Also lächelte ich beständig und winkte reichlich mit huldvoller Hand, ich strahlte ergriffene Freude aus, während rings um mich die Laudationen dahinplätscherten … und ich gab mich mit keinem Wort preis. Und nachdem dann alles überstanden war, dankte ich allen höflich und setzte meine Reise fort: nach Kamaviben, meinem prachtvollen Landgut, fernab von der Hauptstadt am Gestade des Meeres der Freuden.
(Also, alles in allem ist Kamaviben kein ganz so grandioser Landbesitz im Vergleich zu dem, was man sonst darunter versteht. Das Areal ist bescheiden, wenn auch nicht klein, die Lage hervorragend, doch das Haus als solches, obwohl nicht ganz ohne architektonischen Reiz, würde wohl kaum das Herz eines Kleinstadtbürgermeisters höherschlagen lassen. Zu keinem Zeitpunkt meines Lebens, das sollt ihr bitte wissen, war ich nämlich jemals ein besonders wohlhabender Mann. Vielleicht habe ich ja noch immer ein ausreichendes Maß von jenem uralten Geist der nomadisierenden Roma in mir, und der bewegt mich, es für unsinnigen Luxus zu halten, wenn jemand unbedingt glaubt, er müsse in einem superperfekten Heim leben, das so schön ist, dass es einen umwirft. Ich persönlich kann wahrlich in einer Eisblase, einer Vagabundenherberge oder einer schlichten Bretterhütte genauso glücklich und zufrieden sein, wie ich es in den verschiedenen Palästen war, die ich im Laufe meines Lebens bewohnte. Aber dennoch glaube ich, dass Kamaviben auf seine Art wunderbar großartig ist, und ich wünsche mir im Grunde, dass es mir vergönnt sein möge, niemals in prächtigeren Häusern wohnen zu müssen. Oder überhaupt irgendwo sonst – es sei denn auf unserem Zigeunerstern.)
Man hatte den Besitz in den Jahren meiner Abwesenheit in exzellentem Zustand erhalten, ganz so als könnte ich dort unerwartet an einem x-beliebigen Nachmittag erscheinen. Die Stallungen waren sauber, die Zittergraswiesen makellos, die Doppelreihe der schwarzblättrigen Pseudo-Palmettobäume entlang der Hauptzufahrt war erst vor einer Woche gestutzt worden. Ein ständiger Stab von zehn Leuten versorgte Kamaviben für mich, und es waren die getreuesten und ergebensten Roboter, die man auf irgendeiner Welt der Galaxis finden konnte. Sie waren wirklich ganz süße Maschinchen, meine Roboter auf Kamaviben: sie plauderten sogar Romansch … also, mit einem xamuranischen Akzent, das heißt, mit einem kaum hörbaren Lispeln. Es versteht sich, dass ein Roma-Meister sie für mich gebaut hatte, und zwar der Matti Costorari, ein Robotermeisterzauberer von den Kalderash. Mir sind schon Roma begegnet, die hatten weit weniger rom als seine Roboter.
Von Kamaviben aus schickte ich sodann Nachricht an die Personen, die für mich am wichtigsten waren, damit sie wüssten, dass ich wiedergekommen sei. Und dann wartete ich.
5
Polarca tauchte als erster auf. Diesmal nicht in seiner Geistgestalt, nein, es war der echte authentische Artikel. Mein Großvezier, meine rechte Hand, mein compañero, mein Supergevatter, mein Blutsbruder.
Dieser Mann ist mir teurer als eine meiner Nieren. Eine neue Niere kannst du bekommen, wenn du eine brauchst (ich habe das getan), aber wo sollte ich einen neuen Polarca finden können? Ich habe ihm einmal das Leben gerettet, und er wird niemals müde, mich daran zu erinnern. Ich vermute, er glaubt, dass ich irgendwie in seiner Schuld stünde, weil ich ihn retten durfte. Das war vor langer Zeit, als wir auf Mentiroso Seite an Seite in Nikos Hasgards gemeinem Würgegriff litten, aber dies ist eine Geschichte, die ich euch nicht jetzt, sondern ein andermal zu erzählen gedenke. Seit jener Zeit sind wir Brüder. Polarca ist klein und flink und zappelignervös, eine Art menschlicher Igel, und wie die Igel ist er außen sehr stachelig, aber innen zart und süß.
Er kam von Darma Barma angetanzt, wo er draußen im Fuselland in einem prachtvollen protzigen schwimmenden Landhaus lebt. Er nennt das ›mein vago ‹ oder ›mein vardo ‹, seinen Zigeunerkarren, und manchmal bezeichnet er es als ›Streunerhütte‹, was ungefähr so ist, als wollte man eine Keule einen Zahnstocher nennen.
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