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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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winselte. Ich wollte ihm in fünf Minuten das gerechte Maß an Folterqualen zurückgeben, wie ich sie in zwei Jahren auf dieser seiner Welt erduldet hatte. Und darum peitschte ich ihn mit der niedrigsten Spannung, einmal und zweimal und noch einmal. Beim dritten Schlag verlor er die Kontrolle über seinen Schließmuskel. Er fiel zu Boden und tapste blindlings herum, er schluchzte und stöhnte, biss mit den Zähnen in den Boden, schlug mit Händen und Füßen vor Schmerz verzweifelt umher. Er flehte mich an, ich solle aufhören. Und mir bereitete es Vergnügen, nicht aufzuhören.
    Natürlich kamen gleich weitere Obermeister angerannt. Ich setzte dem am Boden liegenden Kerl einen Fuß in den Nacken und brachte so die anderen dazu, völlig verblüfft stehenzubleiben. »Kommt ja nicht näher, oder ich versetze ihm noch ein paar Schläge. Ich werde ihn nicht gleich töten, sondern ihn einfach weiterpeitschen.«
    Bestürzt schauten sie einander an. Möglicherweise war es ihnen vollkommen gleichgültig, was ich ihrem Kollegen antat. Aber keiner war bereit, dafür die Verantwortung zu übernehmen.
    »Holt den Mediroboter«, sagte ich. »Und tragt Vabrikant hinein, damit man ihn vernäht.«
    »Der ist tot«, sagte einer der Obermeister.
    »Bringt ihn trotzdem hinein. Versucht es mit Wiederbelebung. Und ich rate euch, tut euer Bestes!« Ich schenkte die Sensorpeitsche drohend in ihre Richtung. »Los! Macht schon!«
    Keiner bewegte sich. Also versetzte ich dem Obermeister vor mir auf dem Boden einen weiteren Schlag.
    »Tut es doch!«, kreischte er. »Tut es!«
    »Vabrikant ist tot.«
    »Dann tut es trotzdem!«
    Sie holten den Mediroboter. Er raffte das Bündel Vabrikant zusammen und schleppte es fort wie eine Puppe, die ihre Füllung verliert.
    Und jetzt? Wenn ich den Obermeister als Geisel nahm, würde mich das nicht lange absichern. Er konnte jederzeit an den Auswirkungen der Neuropeitsche (trotz der Minimaldosis) sterben, und dann würde ich keine Handhabe mehr gegen seine Kameraden haben. Oder aber seine Kameraden konnten zu der Entscheidung gelangen, dass es die Sache nicht wert sei, sich um ihn zu kümmern, und mich von allen Seiten her angreifen. Denn inzwischen musste es ja sogar in ihren Hirnen gedämmert haben, dass sie sich möglicherweise einem ausgewachsenen Sklavenaufstand gegenübersehen würden, wenn sie mich nicht sehr schnell unterkriegen würden. Gewiss, sie hatten Sensorpeitschen, aber wir waren eben sehr viele, und sie nur recht wenige.
    Irgendwie musste ich aus der Sache rauskommen.
    »Los, steh auf!«, sagte ich zu dem Obermeister zu meinen Füßen.
    »Kann nicht.«
    »Steh auf, oder ich bring dich um!«
    Irgendwie schaffte er es. Er winselte und zitterte vor Angst, und er stank nach der Scheiße in seinen Hosen. Er war in der Gewalt, war Gefangener eines verrückt gewordenen Zigeuners, und er hielt mich von diesem Moment an für fähig, ihm nahezu alles anzutun. Er hatte recht mit seiner Annahme.
    »Und jetzt gehst du brav vor mir her!«
    »Wo bringst du mich hin?«
    »Geh nur einfach weiter! Schön brav einen Schritt nach dem anderen, und sehr vorsichtig. Die Sensormündung ist genau in deinem Genick. Und wenn du was falsch machst, dann kriegst du eine Ladung, dass du dich an nichts mehr erinnern wirst, nicht einmal daran, dass man als Mann sein Ding aus der Hose holt, ehe man pisst. Wir gehen in die Stollen!«
    »Bitte …«
    »Los, komm jetzt!«
    »Ich habe Angst. Ich … ich fühl mich dort drinnen nicht wohl. Was wirst du mit mir machen?«
    »Das wirst du merken, wenn es soweit ist.«
    Ich schob ihn in einen der östlichen Tunnelgänge, aber so, dass sein Körper stets zwischen mir und den übrigen Obermeistern war. Sie kamen ein Stück weit hinter uns her, aber sie hatten anscheinend keine Vorschriften für einen derartigen Fall, und so blieben sie zögernd zurück. Nach zehn Minuten erreichten wir eine Stelle, an der einige Stollengänge abzweigten. Ich hatte inzwischen zwei Jahre lang Gelegenheit gehabt, in diesen Wurmlöchern umherzukriechen, und so besaß ich eine recht gute Vorstellung von ihrem Verlauf; die Obermeister jedoch hatten keine Ahnung. Ich packte also meine angstbibbernde, nach Scheiße stinkende Geisel, sobald wir diese Drehscheibe erreicht hatten, und stieß den Kerl mit all meiner Kraft in den Gang zurück, der zur Schlafhöhle führte. Zuletzt sah ich noch, wie er auf die übrigen Obermeister zutaumelte wie ein Felsbrocken, der einen Hang hinabkollert. Ich machte kehrt und

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