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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wilden Wurzeln und Blättern ernährten. Sah sie über staubige ausgedörrte Straßen dahinziehen und beständig angstvoll über die Schulter zurückblicken. Ich sah ihre dunklen Augen hinter Stacheldrahtzäunen. Wieder und immer wieder begab ich mich auf die Erde zurück und suchte mein Volk – und wo immer ich es fand, sah ich, dass es hungerte und litt. Und da erkannte ich, dass für die Roma die Alte Erde von Anbeginn an ein Alta Hannalanna gewesen war, alle die vielen Jahrhunderte hindurch, die sie als heimatlose Fremdlinge – verachtet und verhungernd – inmitten der gefühllosen, gleichgültigen Gaje leben mussten. Und damals keimte in mir der Entschluss, dass ich den Rest meines Lebens dem einen Ziel widmen müsse: dieses uralte Unrecht zu bereinigen und den Jahren des Umherirrens in der Fremde endlich ein Ende zu setzen. Ich beschloss, mein Volk in die Heimat zurückzuführen, heim auf unseren Stern der Zigeuner.
    Doch zunächst galt es da, dass ich mich selbst aus diesem abscheulichen Loch befreite, in dem ich gefangen saß.
     
     
    4
     
    Dann kam der Tag, an dem man Vabrikant schwerverletzt aus den Stollen zurückbrachte. Er war einige Tage vorher mit einem unerfahrenen Begleiter, einem langbeinigen Jungen von Darma Barma, losgegangen (dafür nämlich setzten sie Vabrikant hauptsächlich ein, für die Grundausbildung der Neulinge) und war wohl diesmal unvorsichtig gewesen, oder zu langsam, oder aber es war ihm einfach gleichgültig gewesen, jedenfalls, als er die Zyste öffnete, lauerte dort das lebendige Insekt auf ihn. Es schnellte sich kampfbereit heraus und schlitzte ihn mit einer einzigen Rüsselbewegung quer über den Leib auf.
    Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass der Junge von Barma Darma sich großartig verhielt; er kämpfte mit dem Ding und tötete es, und er schleppte Vabrikant und sich selbst, trotz seiner schweren Schnitte und Prellungen, die er abbekommen hatte, die endlose lange Strecke zur Schlafhöhle zurück. Ein Team von Obermeistern kam heraus, um nachzusehen, was los sei. Vabrikant bot einen entsetzlichen Anblick, er sah aus, als könne er jeden Augenblick sterben. Er war bewusstlos, und sein Atem ging langsam und rasselnd, sein Mund war schlaff, die Augen standen offen, aber sie wirkten wie Glasstückchen. Die Obermeister betrachteten ihn sich kurz, zuckten die Achseln und gingen fort.
    Wahrscheinlich wäre es ein Akt der Barmherzigkeit gewesen, hätte ich ihm so rasch wie möglich zum Tod verhelfen können, jedoch ich war damals noch zu jung, um das zu verstehen. Also rannte ich statt dessen hinter den Obermeistern her und brüllte: »Hört mal! Wollt ihr ihn da so einfach liegen lassen?«
    Der eine blickte sich nicht einmal um. Der zweite machte kehrt und starrte mich ungläubig an. Niemand von den Sklaven sprach an diesem Ort zu einem Obermeister, es sei denn, der hätte Sprecherlaubnis erteilt.
    »Hast du was gesagt?«
    »Er lebt doch noch! Hat Schmerzen! Um Himmels willen, wollt ihr ihm denn nicht irgendwie helfen?«
    »Inwiefern geht dich das was an?«
    »Aber das ist doch Vabrikant, der da liegt! Der beste Mann in diesem gottverlassenen Loch.«
    Der Obermeister glotzte mich an, als hätte ich den Verstand verloren, dann machte er eine kurze kleine Bewegung, ganz beiläufig mit dem Daumen, die mich auf meinen Platz zurückverweisen sollte. Doch ich ging nicht darauf ein. Ich schob mich noch näher an ihn heran, bis wir uns fast berührten, und streckte empört den Arm zu der Gestalt Vabrikants hin aus. »Er brauchte doch nicht zu sterben! So bringt ihn doch zur Sanitätsstation, bitte? Oder gebt ihm doch wenigstens ein Schmerzmittel!« Die einzige Antwort war ein eiskaltes Glotzen. »Verdammt, seid ihr denn keine Menschen? Da liegt ein Mann auf dem Boden und die Eingeweide hängen ihm raus, und ihr wollt überhaupt nichts tun?«
    Der Obermeister hatte die Sensorpeitsche und den Knüppel in je einer Hand. Ich sah die plötzliche Verärgerung und dann Wut in seinen Augen aufflackern, und ich wusste, wenn ich nicht zurückwich, würde er mich im nächsten Augenblick niederknüppeln. Aber es war mir völlig egal. Ich brüllte weiter und zeigte auf den Verletzten auf der Erde, und als dies nichts nutzte, packte ich ihn am Arm und zwang ihn, sich umzudrehen.
    Er schlug mich nicht mit dem Knüppel, er benutzte die Sensorpeitsche.
    Darauf war ich nicht vorbereitet. Das kann man zwar sowieso nie sein, aber diese Waffe wird gewöhnlich nur im höchsten Notfall eingesetzt. Sie

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