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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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und empörtes Keuchen als Zeichen demonstrativer Schockiertheit bei den Erz-Lords. Von Periandros ein Blick wildesten schwärzesten Abscheus. Meine gaffe, meine Taktlosigkeit, ging mir zu spät auf. Wie konnte ich nur: Ihn so einfach mit seinem Namen anreden, und dann noch nicht einmal als Lord Periandros, sondern mit dem plump vertraulichen »Du« … Schließlich durfte niemand ihn jetzt anders als »Eure Majestät« anreden, nicht einmal ich. Der frühere Lord Periandros war aufgesogen worden in die Größe, war übergegangen in (wie Julien es genannt haben würde) la gloire des Sechzehnten Kaisers.
    Ich hatte keinen Affront beabsichtigt. Es war mir nur so einfach herausgerutscht. Schließlich konnte ich mich ja noch ganz gut an den Tag erinnern, an dem Periandros erstmalig unter den Erzlords sitzen durfte. Und das war eben gar nicht so lange her. Dieser um Entschuldigung bittende Blick in den Augen des Fünfzehnten Kaisers, als wollte er mir sagen: Er ist ein komischer verdrehter kleiner Kerl, ich weiß, aber ich glaube, er ist nützlich. Und deshalb fiel es mir eben schwer, den komischen verdrehten kleinen Kerl ernstzunehmen, besonders als er da so auf dem Thron meines alten Freundes klebte. Aber immerhin, er war der jetzige Kaiser. Also, ich hatte mich jedenfalls dazu durchgerungen, ihn als das anzuerkennen. Aus Gründen der Zweckdienlichkeit. Also überspielte ich meine gaffe mit einer hastigen Entschuldigung: Alte Gewohnheiten hingen einem so hartnäckig nach, etc., etc. Und Periandros wirkte besänftigt.
    »Wir haben Uns selbst noch nicht gänzlich an Unsere hohe Stellung gewöhnt«, gestand er ein.
    Ich heuchelte Ergebenheit. »Es muss eine schwere Bürde sein, Majestät.«
    »Wir haben Uns Unser ganzes Leben lang darauf vorbereitet. Du weißt ja, auf meiner Welt, in Sidri Akrak, besteht eine lange Tradition des Dienstes im Imperium.« (Noch immer bekam er den Dreh mit dem Majestätsplural nicht so richtig hin.) »Der Siebente Kaiser und dann der Elfte – und nun wurde unserer Welt erneut die Ehre zuteil, dem Ruf des Imperiums zu folgen …« Er beugte sich nah zu mir und starrte mich fest an, als versuchte er meine Gedanken zu entschlüsseln. Gott möge mich beschützen, wenn er wirklich meine Gedanken lesen konnte! Dann würde der ›Kaiser‹ nämlich sehen können, wie meine Verachtung für seine miese Seele und seinen Kleingeist sämtliche Hirnwindungen in meinem Kopf mit Gänsehaut überzog, und dann wäre es durchaus denkbar, dass ich fünf Minuten später wünschen würde, wieder sicher und gemütlich in Shandors Oubliette einzusitzen. Der Kaiser verteilte einigen Speichel mit der Zunge auf den Lippen. »Was diese Abdankungsgeschichte von Euch da betrifft – wie darf ich mir das interpretieren?«
    »Eine vollkommen interne Angelegenheit der Roma, Eure Majestät. Ein politischer Schachzug, vielleicht nicht übermäßig weise konzipiert.«
    »Aah.«
    »Die Abdankung wurde zurückgenommen. Annulliert. Was mich und mein Volk betrifft, so hat es keine Unterbrechung meiner Herrschaft gegeben.«
    »Aber die Ansprüche Eures Sohnes, Shandor?«
    »Eine Verirrung, Eure Majestät. Ein hoffnungsloser Aufstand, der inzwischen unter Kontrolle gebracht wurde. Und mit Shandors Tod wird sowieso das ganze Problem hypothetisch. Es erhebt niemand sonst Anspruch auf den Königsthron der Roma.«
    Periandros sah ehrlich bestürzt drein.
    »Shandor ist tot?«
    »Er wurde während der Invasion der Kaiserlichen Truppen auf Galgala getötet«, sagte ich, vielleicht ein wenig zu heftig.
    Periandros begann hastig eine Konsultation mit seinen Erzlords. Viel undurchsichtiges Geschnatter in dem verschliffenen Subdialekt des Imperial, wie ihn die Akrakis sprechen. Aus den paar Brocken, die ich mitbekam, ersah ich, dass Julien mir die Wahrheit gesagt hatte, als er mir erklärte, dass Periandros nichts mit Shandors Tod zu tun gehabt hätte, sondern dass vielmehr ein übereifriger General das sozusagen ohne Auftrag, aber in der Hoffnung auf Lohn, veranlasst hatte. Das immerhin würde es mir dann doch ein wenig erleichtern, mit Periandros zu verhandeln. Als er sich mir wieder zuwandte, lag in seinem Blick beinahe so etwas wie Mitgefühl. Vielleicht hatte er auch nur Darmbeschwerden, wer weiß. Aber ich zog es vor, es als Mitgefühl zu interpretieren. Soviel Kredit wollte ich ihm denn doch einräumen. Menschliche Gefühlsregungen liefen zwar seinem natürlichen Wesen zuwider, aber immerhin, er bemühte sich. Er sprach mir sein Beileid

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