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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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aus, und ich bedankte mich dafür. Ich sagte ihm, Shandor sei zwar eine schwere Prüfung für mich gewesen, aber dennoch eben aus meinem Fleisch und Blut … usw. … usw. Der Sechzehnte Kaiser nickte ernst und feierlich. Vielleicht war er ungeheuer fasziniert davon, auf welch absonderlich bizarre altmodische Art und Weise wir Roma respektlos mit den verstorbenen Mitgliedern unserer Familien umgehen.
    Nach einer Weile konnten wir dann – zu seiner sichtlichen Erleichterung, und um die Wahrheit zu sagen, auch der meinigen – das Thema Shandor wieder fallen lassen und uns dem Thema der Macht und Herrschaft zuwenden, einem Gebiet, auf dem wir uns alle beide weniger unbeholfen fühlten.
    In seiner pompös-säuerlichen Art ließ er sich zu dem Zugeständnis herab, dass wir beide, er und ich, uns in einer höchst prekären Lage befänden. Ich war zwar überzeugt, dass meine Lage weit weniger prekär sei als die seine, doch ließ ich mich meinerseits dazu herab, seine Bewertung der Umstände für weise und richtig zu erklären. Schließlich war ich ja alt und gescheit genug zu wissen, dass kein Ungeheuer wie Shandor nötig ist, um einen König zu stürzen. Dazu war ein so ergebener und loyaler Mann wie Damiano ebenso gut fähig, wenn er sich erst einmal in die Vorstellung verbissen hatte, ich sei inzwischen zu alt und in meinen Entscheidungen zu unzuverlässig geworden, als dass man mir den Job noch weiter anvertrauen dürfte. Möglicherweise hätte er sogar Polarcas stillschweigendes Einverständnis dabei. Es gibt in der Menschheitsgeschichte ausreichend Präzedenzfälle, in denen Könige von ihren engsten Verwandten und getreuesten Vertrauten abgesetzt oder beseitigt wurden, weil es die Volksgesundheit und das Gemeinwohl ›verlangten‹. Doch, doch, je länger ich darüber nachdachte, als desto gefährlicher zeigte sich mir meine ganze Lage.
    »Wir brauchen einander, ja, gewiss, Ihr und ich«, sagte ich zu Periandros.
    Die Politik, sagte der alte Gaje-Philosoph (Shakespeare, Sokrates, ach, jedenfalls so einer), bringt uns wahrlich seltsame Bettgenossen. {11} Ich hätte es mir früher wahrhaftig niemals träumen lassen, dass ich mich neben so etwas wie Periandros kuscheln könnte. Aber – andererseits – ich hatte ja auch nie damit gerechnet, dass Periandros auf dem Kaiserthron sitzen könnte.
    Also gelangten wir sehr rasch zu einer Übereinkunft. Es würde ein prächtiges öffentliches Spektakel geben, eine saftige regelrechte Zeremonie mit allem Drum und Dran, einschließlich Feuerwerk usw., um mich als Roma-König ›erneut‹ zu bestätigen. Die Berührung mit dem Zepter der Anerkenntnis, kurz alles, wie gehabt. Dazu würde der ganze Hochadel eingeladen, die Gaje- und Roma-Nobilitäten aus sämtlichen Welten. Kurz – es sollte das gewaltigste Spektakel seit Jahrhunderten werden.
    »Und mit Lichterzinken für jedermann?«, fragte ich.
    »Aber gewiss, mit Lichtern«, gab Periandros gereizt zurück. »Wie könnten wir es denn umgehen, wenn wir den ganzen Adel hier zusammenbringen wollen?«
    »Oh, ich dachte bloß …«, sagte ich.
    Doch nein, er plante wirklich hemmungslos und grenzenlos, und zum Teufel, was es kosten würde. Und da ich mir überschlug, was er dafür würde ausgeben müssen, begriff ich, wie ernst es ihm mit der ganzen Sache war. Allerdings kam mir damals durchaus auch der Gedanke, dass es ihm einfallen könnte, uns um eine Kostenbeteiligung zu ersuchen. Aber das würde schon in Ordnung gehen. Diese Zeremonie der Neukrönung würde für ihn wie für mich einen enormen Symbolwert haben und sehr nützlich für uns beide sein. Was mich betraf, so würde dadurch diese kleine Zweideutigkeit ausgelöscht werden, die während der Regentschaft des Lord Naria entstanden war, als er das Heilige Zepter auf Shandors Schultern senkte. Und bei Periandros würde ebenfalls Narias Handeln ausgelöscht werden, wobei dann auch gleichzeitig rückwirkend der einzige Akt, bei dem Naria den Mut zu imperialer Größe aufbrachte, getilgt war. Alle Welten würden es fürderhin wissen, dass Yakoub Nirano von nun an und für immer und ewig der Rom baro, der Rex Romaniorum sei. (Und so ganz implicite ergab sich durch die Anerkennung des Periandros für meine Königschaft, dass auch ich ihn als Kaiser anerkannte.)
    Es gab da noch eine klitzekleine Klausel in unserem Geschäft, ein winziges Teufels-Bocksfüßchen. Aber sogar der schamlose Periandros zierte sich ein wenig, damit sogleich herauszurücken, mich direkt darum zu

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