Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
schwenkte einen Lagebericht und sah bekümmert drein.
    »Kämpfe im Gunduloni-Viertel«, verkündete er. »Eine Rotte von Periandrostreuen gegen eine Abteilung Naria-Miliz. Und Truppen mit Sunteil-Abzeichen haben direkt südlich des Kaiserlichen Distrikts einen ganzen Straßenblock besetzt, ziehen jetzt von Haus zu Haus und nötigen den Menschen den Treueeid auf Sunteil ab. Und auf der anderen Seite der Stadt tobt eine Schlacht, und bisher kann noch keiner sagen, wer da auf wessen Seite kämpft.«
    »Gibt es sonst noch was?«, fragte ich.
    »Eines noch«, sagte Polarca. »Naria fordert dich auf, in den Palast zu kommen. Er möchte sofort mit den Unterhandlungen beginnen.«
     
     
    12
     
    Natürlich. Es war ja unvermeidlich: aller guten Dinge sind drei. Periandros und Sunteil hatten von sich hören lassen, und schließlich rückte auch noch der letzte der Erzlords mit einem Preisgebot für meine Unterstützung an. Das nahm ich jedenfalls an. Er forderte mich auf – und wie Damiano sagte, der den Anruf entgegengenommen hatte, war die Stimme von Narias Adjutanten ziemlich barsch gewesen –, mich sofort bei Naria einzufinden und nicht nur Polarca, sondern auch die Phuri dai mitzubringen. Dieser ausgekochte Gauner Naria – jetzt wollte er sich also auch noch Bibi Savinas Unterstützung angeln: Vielleicht, es könnte ja sein, dass meine Position auf dem Thron der Roma ein bisschen wackelig war, aber die Phuri dai genoss bei allen Roma überall ausnahmslos Verehrung und hohes Ansehen …
    Also berieten wir darüber, ob es ratsam wäre, dass ich Narias ›Einladung‹ Folge leistete. Die Ansichten waren geteilt. Jacinto und Ammagante – vorsichtig wie immer – überlegten, ob es sich um eine Falle handeln könnte, um einen Trick, durch den Naria auf einen Schlag die gesamte Führungsspitze der Roma in seine Gewalt zu bringen versuchte. Damiano und Thivt gaben dies zwar als eine Möglichkeit zu, fanden es aber doch ein wenig zu abwegig. Polarca, den es sichtlich juckte, diesen Palast endlich verlassen zu können, in dem wir uns seit Wochen, wie es ihm vorkam, verkrochen hatten, war es egal: Er sei bereit, das Risiko einzugehen, sofern es da überhaupt eines gebe, wenn er nur nicht länger hier drin eingesperrt bleiben müsse.
    Ich blickte Bibi Savina an. »Und was sagt die Phuri dai dazu?«
    Sie blickte mich an und durch mich hindurch in weit, weit entfernte Bereiche.
    »Weigert sich der Rom baro, der Aufforderung des Kaisers nachzukommen?«, fragte sie.
    »Aber ist Naria Kaiser?«, fragte Jacinto.
    »Er sitzt im Palast«, entgegnete Bibi Savina. »Einer der anderen beiden ist tot, der andere ist im Untergrund. Wenn Naria nicht Kaiser ist, dann ist es auch kein anderer. Geh zu ihm, Yakoub! Du musst! Und ich werde mit dir zu ihm gehen.«
    Ich nickte. Die Weise Frau und ich haben im Lauf der Jahre im allgemeinen meist die gleichen Schlüsse gezogen. Also trug ich Damiano auf: »Sag ihm, wir kommen in einer Stunde, einer knappen Stunde.«
    »Er versprach, euch in einem kaiserlichen Wagen abholen zu lassen.«
    »Nein! Das letzte, was ich derzeit tun möchte, wäre, heute in einem Fahrzeug mit dem kaiserlichen Emblem durch die Capitale zu kutschieren. Wir nehmen einen von unseren eigenen Wagen. Nein, wir nehmen drei. Keiner wird es wagen, sich dem Rom baro in den Weg zu stellen, wenn da eine ganze Kavalkade von Zigeunerfahrzeugen heranrauscht.«
    Kühne Worte. Tatsächlich wurden wir auf der halbstündigen Fahrt zum Kaiserpalast fünfmal beschossen. Alles Fehlschüsse, unsere Abschirmung funktionierte. Trotzdem, ein gutes Zeichen war das nicht. Dieses ganze Artilleriefeuer war ja im Grunde altmodische Taktik aus dem zwanzigsten Jahrhundert, es passte überhaupt nicht hierher, war seit tausend und etlichen Jahren obsolet. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass etwas so Geringfügiges wie eine Auseinandersetzung über die imperiale Thronfolge die Gaje dermaßen kopflos und hirnlos in einen umgekehrten Evolutionsprozess treiben könnte. Krieg als Konzept ist aus der Mode, hatte ich Julien de Gramont erst neulich erklärt – also sozusagen neulich, nämlich in meinem friedlichen Eisretiro auf Mulano. Und in der kurzen seitdem vergangenen Zeit hatte ich meine Nase nicht nur mitten in einen kleinen Krieg auf Galgala gesteckt, sondern saß nun selbst hier in der Hauptstadt des Gaje-Imperiums mitten in etwas, das verdammt nach einem Großkrieg aussah. Zuerst unser Regierungssitz – jetzt der ihre.
    Jedenfalls gelangten

Weitere Kostenlose Bücher