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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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zu Chorian hinüber. Unter seiner mitternachtsdunklen Haut war er aschfahl.
    »Wie kommt es, dass dein Herr den Zigeunerstern kennt?«, fragte ich sehr gemessen.
    »Er ist nicht mein Herr, Yakoub.«
    »Aber du wirst von ihm bezahlt. Er weiß etwas über den Zigeunerstern. Nicht viel, wie es den Anschein hat, aber er weiß etwas. Und wie kommt es, dass er das weiß, Junge?«
    »Ich fleh dich an, Yakoub, glaub mir doch …« Er konnte nicht weitersprechen. »So glaub mir doch, Yakoub …«
    »Sprich klar aus, was du sagen willst!«
    »Wenn er etwas weiß – und es kann nicht viel sein, nur ganz wenig, da bin ich mir sicher –, wenn er etwas weiß, Yakoub, er hat es nicht von mir erfahren.«
    »Nicht?«
    »Ich schwöre es.« Er sagte es romansch.
    »Ah, du schwörst also?«
    »Ich schwöre bei Martiya, dem Todesengel, bei o pouro Del, dem Gott unsrer Väter, bei Damo und Yehwah, bei allen Geistern und Dämonen …«
    »Genug, Chorian!«
    »Ich schwöre bei allem andern. Was immer du willst.«
    Eisig sagte ich: »Du hast die romansche Folklore der Vergangenheit recht gut studiert, wie? Hast brav über den Swatura gehockt und gelernt wie ein gelehriger kleiner Junge? Und dann hast du das alles an Sunteil verscherbelt? Die ganzen hübschen-bizarren, altmodischen kleinen Fetzchen unserer Mythen und unserer Tradition? Was, Kleiner? Hat er dir wenigstens einen anständigen Preis dafür bezahlt?«
    In seinen Augen glitzerten Tränen. »Yakoub! Ich habe den Eid geschworen!«
    »Einer, der den Zigeunerstern an die Gaje verkauft, der schwört auch auf die múli seiner toten Mutter, und was hätte das schon für ein Gewicht?«
    »Ich war es aber nicht, Yakoub! Als Sunteil dir gegenüber von unserem Stern zu reden anfing, da wollte ich mich verkriechen und wäre am liebsten gestorben, weil ich weiß, wie furchtbar falsch es ist, wenn er irgend etwas darüber weiß, und weil ich wusste, dass du denken musstest, ich hätte es ihm verraten. Aber ich war es nicht. Was könnte ich tun, damit du mir glaubst?«
    Er trat neben mich und stand da, turmhaft über mir. Und er bebte. Die Tränen flossen ihm aus den Augen. War er ein dermaßen guter Schauspieler, dass er Tränen auf Wunsch hervorbringen konnte? Er war ein Fenixi, sicher, und diese Fenixi können beinahe alle Leute hinters Licht führen; und ein Rom war er außerdem auch noch. Aber nein, im Grunde hielt ich es für nicht wahrscheinlich, dass er einen derartigen Gefühlssturm vor mir abrollen lassen konnte. Nein, nein, es gibt das gespielte Gefühl und das echte Gefühl, und wenn ich unfähig sein sollte, das eine vom anderen zu unterscheiden, in meinen hohen Jahren, nun dann sollte ich mich doch wahrhaftig fragen, was für einen Sinn es gehabt hat, sich so lange mit dem Leben abzuplagen.
    Mit einer Stimme, die so gedrückt war, dass ich sie kaum hörte, sagte Chorian in einem verwaschenen Gemurmel: »Yakoub, du hast mir auf Mulano die Geschichte des Zigeunersterns erzählt, und vieles andere auch noch. Und dann, während ich auf den Relais-Mitnehmer wartete, sagte ich dir, dass ich endlich – in den paar Tagen, die ich mit dir verbringen durfte – herausgefunden habe, was es bedeutet, einen richtigen Vater zu haben. Ja, weißt du das denn nicht mehr? Die Legende des Zigeunersterns war dein Geschenk an mich. Und du warst mein ganz persönliches Geschenk, weil du mir das gabst. Glaubst du denn wirklich, dass ich das Sunteil verkaufen könnte? Ein solches Geschenk? Glaubst du das? Glaubst du das wirklich?«
    Und ich musste sagen (allerdings sagte ich es nur in mich selbst hinein): Nein. Chorian, nein, das glaube ich nicht, dass du das könntest …
    Zu ihm allerdings sagte ich: »Es wäre mir sehr lieb, dich für unschuldig zu halten, wenn ich es könnte.«
    »Aber ich bin unschuldig, Yakoub!« Die Tränen hatten zu fließen aufgehört, und er zitterte auch nicht mehr. Vielleicht führte ihm die Überzeugung seiner Unschuld jetzt neue Kräfte zu. »Du musst mir glauben. Mehr habe ich nicht zu sagen.«
    »Ich denke, du sprichst die Wahrheit«, sagte ich nach einer Pause.
    »Dafür danke ich dir, Yakoub.«
    »Aber wie hat dann dein Herr etwas über den Zigeunerstern in Erfahrung bringen können?«
    »Ich wiederhole es dir noch einmal, er ist nicht mein Herr. Und ich habe keine Ahnung, wie er etwas davon erfahren konnte. Aber wenn du es willst, versuche ich es herauszukriegen.«
    »Ja«, sagte ich, »das wäre vielleicht …«
    Genau in diesem Augenblick leuchtete der Bildschirm

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