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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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schlagen.«
    »Auf Sunteils Seite? Aber, ich verstehe nicht, Yakoub! Was du da sagst, ist mir unbegreiflich!«
    »Vielleicht würdest du mich besser verstehen, wenn ich es dir auf französisch sagen könnte. Kann ich aber nicht. Merde ist so ziemlich das einzige französische Wort, das ich kenne. Und was du mir da anzudrehen versuchst, Julien, das ist nichts weiter als ein Riesenberg merde, Julien. Scheiße, so heißt das doch auf französisch, oder? Und falls du das nicht verstehst, dann sollte ich vielleicht den Versuch machen und Romansch mit dir reden.«
    »Du bist so verärgert. Mein guter alter Freund, was habe ich dir getan?«
    Ich hatte keine Lust, die ganze Sache breitzuwalzen. Aber er reizte mich zu einem Zeitpunkt, zu dem ich dies schlecht vertrug.
    »Ach, du weißt es also nicht?«, fragte ich.
    »Was immer ich getan haben mag«, sagte er nach einer Weile, »es geschah ebenso für die Roma wie für das Imperium, Yakoub. N'est-ce pas? Es ist die Wahrheit.«
    »Was immer du getan hast«, sagte ich fest – ich musste mich stark bemühen, meinen Zorn unter Kontrolle zu halten, weiß der Himmel, warum ich es tat –, »das geschah aller Wahrscheinlichkeit nach zum Nutzen von Julien de Gramont, n'est-ce pas? Vielleicht hast du einen flüchtigen Gedanken auf den beiläufigen Schaden verschwendet, der daraus entstehen könnte, aber das war für dich völlig zweitrangig, vermute ich.« Es überraschte mich wahrhaftig, wie gut ich meine Wut im Zaum hielt. Es ist ein Trick, den man mit der Zeit lernt – manche und manchmal. Und den man dann manchmal vergisst. »Aber jetzt sag mir nur dies eine: In wessen Sold stehst du heute gerade mal? In Periandros' oder Sunteils?«
    Schweigen. Empörung.
    »Oder bezahlen dich beide?«, schlug ich vor. »Aber ja, ja doch! Das würde ja auch viel besser deinem Stil entsprechen, n'est-ce pas? In dieser Minute rufst du mich in Sachen Periandros an – oder was immer sich dieser Tage als Periandros ausgibt. Und in einer Stunde schmiedest du womöglich Pläne mit Sunteil. Und …«
    »Bitte! Mon ami! Ich flehe dich an, nicht weiter. Ehrlich, ich habe dir nichts Böses getan. Ich empfinde große Liebe für dich, Yakoub. Verstehst du das nicht? Es ist die Wahrheit. La vérité, Yakoub.« Und er streckte mir beide Hände offen entgegen. »Ich rufe dich jetzt im Auftrag von Periandros an, ja. Er wünscht mit dir zu sprechen. Und dies dir zu sagen bin ich beauftragt.«
    »Dann ersuche ich dich, ihm zu sagen, dass ich unter den gegebenen Umständen keine Zeit übrig habe für Doppelgänger. Sag ihm – mit besten Empfehlungen von mir –, er kann sich meinetwegen in einen Winkel verkriechen und in die hohle Hand furzen. Sag ihm …« Auf Juliens Gesicht breitete sich Panik aus. »Nein, nein, schon gut, sag ihm, was ich dir vor einer Minute sagte. Dass ich einfach zu beschäftigt war, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Halt ihn hin! Lenk ihn mit deinen geschmeidigen Diplomatenkniffen ab.«
    »Bis …?«
    »Bis zum Sankt Nimmerleinstag«, sagte ich. »Dieser Machtkampf, Julien, ist jetzt nur noch ein imaginäres zweiseitiges Dreieck, und es können zwischen Periandros und mir keinerlei irgendwie sinnvolle Transaktionen erfolgen, was immer er sich auch vorstellen mag. Doppelgänger unterliegen einem Schwundprozess. Vielleicht ist ihnen das über sich selbst nicht bekannt, aber ich weiß es. Nein, ich habe keine Zeit für ihn, für das arme irreale Schwein. Alles klar? Hast du verstanden, was ich dir sagte?«
    »Er ist ja vielleicht tot, Yakoub, aber noch ist er nicht machtlos.«
    »Er wird es sein. Sehr bald schon wird er überhaupt nicht mehr sein. Ich muss mir meine Energie für die noch nicht toten Kaiser aufsparen. Ich arbeite auf lange Sicht, Julien. Und Periandros verfault bereits. Ob er dies weiß oder nicht.«
    »Aber solange er lebt …«
    »Aber – er lebt doch gar nicht! Er ist ein Zombie, ein wandernder Leichnam, ein Wiedergänger, ein muh. Und ich ersuche dich, ihn mir vom Hals zu halten. Um der großen Liebe willen, die du für mich zu empfinden behauptest.«
    »Du klingst so hart, Yakoub. In deiner Stimme schwingt so viel Feindschaft.«
    »Vielleicht überlegst du dir mal, warum das so ist.«
    »D'accord«, sagte Julien trübsinnig. »Ich sage also Periandros, du brauchst noch etwas Zeit, ehe du dich entscheidest.«
    »Ja, zirka achtzig Millionen Jahre«, sagte ich und unterbrach die Verbindung.
    Im nächsten Augenblick kam mit langen Schritten Polarca hereingestürmt. Er

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