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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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doch er selbst erstrahlte in zentrierten Spotlights, die sein schulterlanges scharlachrotes Haar, seine tief blaurote Haut und seine erbarmungslosen gelben Augen mit einem scharfen Lichtkegel hervorhoben. Er trug ein reichstrukturiertes Gewand aus einem steifen grünen Stoff, und es ragte hinter seinem Schädel auf wie die Haube einer Kobra. Und die Kaiserkrone schwebte als projiziertes Hologramm über ihm.
    Alles sehr eindrucksvoll. Und alles ungewöhnlich lächerlich.
    Ich sah, dass Polarca ein Grinsen zu unterdrücken versuchte. Die Phuri dai lächelte wie ein verzückter Seraph; aber das tut sie häufig und unter den verschiedenartigsten Umständen.
    »Wir sind beglückt, dass Ihr gekommen seid, Rom baro«, erklärte Naria mit getragener, aber abgehackter und absurd pompöser Stimme, die hinter der Wandung dieses Glaskubus über tausend Lautsprecher simultan ertönte und betäubend in dem weiten Saal widerhallte.
    Ein dermaßen lächerliches Theater! Was glaubte der Kerl denn, mit wem er da redete? Und schon wieder dieses gottesgnadenhafte »Wir«! Über Jahrhunderte hin war es dem Imperium gelungen zu überleben, ja sogar zu hoher Blüte zu gedeihen, ohne dass man auf derart hirnrissige Idiotien hätte zurückgreifen müssen. Und jetzt, auf einmal, mussten diese unsicheren Lordlinge und Rotzjungen den ganzen alten Brei wieder aufwärmen für ihre tapsigen Bemühungen, auf den Thron zu gelangen! Ich empfand tiefes Mitleid mit ihnen – weil sie es so offensichtlich nötig fanden, sich dermaßen aufzublasen.
    Immerhin, ich vollzog die traditionelle Geste der Unterwerfung, wie es für den Rom baro gegenüber dem Kaiser der Brauch ist. Und dies, obwohl er mir nicht – wie es ebenfalls Tradition ist – den Wein kredenzen ließ. Mich kostete das nichts, aber es verschaffte mir vielleicht einen kleinen Vorteil ihm gegenüber. Außerdem zahlt es sich nur selten aus, wenn man es gegenüber Größenwahnsinnigen an Höflichkeit fehlen lässt, vor allem wenn man sozusagen in ihrem Wohnzimmer steht.
    Dann sprach ich und wies dabei auf den Glaskasten und das sonstige Drum und Dran: »Wie betrüblich, Euer Majestät, dass all dies nötig sein sollte.«
    »Eine kurzfristige Maßnahme, Yakoub. Wir rechnen damit, dass in wenigen Tagen, ja wenigen Stunden die friedliche Ordnung wiederhergestellt sein wird. Und dass es nie wieder zu einer solchen Störung kommen wird, sobald Wir Unser Ziel erreicht haben und das Imperium unter Unserer Autorität und Oberhoheit steht.«
    »Oh, das ist sicherlich unser aller sehnlichster Wunsch, Eure Majestät«, sagte ich mit starker religiöser Inbrunst. »Dieser Krieg ist für uns alle quälend und schmerzlich.«
    Dieser pompöse Scheißkerl! Der hielt sich doch glatt für einen Heiland und Heilsbringer. Aber schön, am besten begegnet man einem Heuchler mit seinen eigenen heuchlerischen Waffen, wenn man denn schon überhaupt mit solchen Leuten umgehen muss.
    Er bedachte mich mit einem Blick von der Gattung ›Herrscher-in-tiefer-gedanklicher-Besorgnis-versunken‹. Dann sagte er: »Die Zerstörungen in der Stadt sind groß, ja?«
    »Zu groß, fürchte ich.«
    »Die Capitale ist ein geheiligter Ort. Dass sie es wagen, hier Verwüstung anzurichten …! Je nun, wir werden sie dafür bezahlen lassen – mit jedem Minim, mit jedem Obolos!« Dann blickte er mich in frostigem Schweigen lange forschend an. Ich erwiderte sein Starren, ganz naiv und unbeeindruckt. Nein, verlieben konnte man sich wohl kaum in diesen Typ, diesen scharlachroten und purpurblauen Naria. Irgendwie hatte er etwas von einem Reptil. Etwas Gefährliches. Und alles in allem war es der Mann da gewesen, der sich angemaßt hatte, Shandors gesetzeswidrige Usurpation meines Throns zu ratifizieren, und dies noch zu Lebzeiten des alten Kaisers. Was war nur los mit unserem unglücklichen Zeitalter? Was brachte diese Shandors und Narias an die Macht?
    Dann sprach er mit völlig veränderter Stimme in einem gänzlich anderen Register – übergehend von steifer imperialer Schwülstigkeit zu hinterhältiger, fast peinlich intimer Anschmeißerei: »Wisst Ihr, wo Sunteil sich versteckt hält?«
    Und das war nun wirklich ein Fechtstoß, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Ich fürchte, man sah mir meine Überraschung an.
    »Sunteil?«, stammelte ich wie ein Trottel.
    »Ja. Der ehemalige Erzlord. Der – wie Ihr ja zweifellos wisst – eine Rebellion gegen die recht- und gesetzmäßig konstituierte Regierung des Imperiums angezettelt hat. Er hält

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