Zigeunerstern: Roman (German Edition)
uns so überholtes Maschinenzeug andrehen wollen?«
»Ich bin aber nicht wirklich ein …«
»Halt die Klappe und stell dich dort drüben hin!«, sagte der Beamte und hakte mich ab. »Position Nr. neunundzwanzig – ein Container mit Traktorantrieben …«
So kam ich also als Bestandteil einer Landwirtschaftsmaschinenlieferung auf den Königsplaneten Nabomba Zom, und zu Beginn behandelte man mich dort auch tatsächlich fast genau so, als wäre ich nichts weiter als eine Maschine. An meinem Ohr hing noch immer der Laufzettel, ich umklammerte noch immer wildentschlossen die kleine Übertasche mit den Geschenken der Sternenschiffer, die mein einziger Besitz waren, als man mich einige Stunden später zusammen mit einer oder zwei Kisten der neuen Lieferung von landwirtschaftlichem Gerät ganz beiläufig auf einen Laster hievte und zu einer Pflanzung hinausfuhr, die irgendwo im Zentralbezirk des Kontinents in einem weiten, vegetationsreichen Tal lag. Dort verbrachte ich die nächsten sechs Monate damit, den kostbaren Dung der Salizonga-Schnecken zu häufeln.
Ihr, meine Leser und Freunde, würdet euch wahrscheinlich ganz schön in die Stiefel pinkeln, wenn es euch jemals passieren sollte, dass eine Salizonga-Schnecke, so wie die das nun einmal gewohnt sind, unerbittlich mit schnorchelndem Schniefen auf euch zukommt, wobei sie Tonnen von lebendigen Exkrementen auf ihrer Spur zurücklässt. Die Salizonga-Schnecke ist übrigens die größte Gastropoden-Art in unserem bekannten Universum, ein schwerfälliges, massives Geschöpf von acht Metern Körperlänge und zirka drei, vier Meter hoch, behaust in einer Kuppelschale, die aus sich überlagernden gelben, schimmernden, panzerplattendicken Schuppen besteht. So furchteinflößend das Geschöpf auch aussieht – die gewaltigen herumtastenden Augenhörner, das schreckliche gummihafte Untergestell ihres Fußes –, das allerschlimmste, was euch dabei passieren kann, ist dass solch eine Salizonga euch zerquetscht, was ganz bestimmt passiert, wenn ihr dem Biest nicht ausweicht. Allerdings, fressen wird es euch nicht. Es isst nämlich (dem Himmel sei Dank) nichts anderes als eine ganz bestimmte rotspitzige Moosart, die ihrerseits nun wiederum ausschließlich im Inneren von Zentral-Nabomba-Zom wächst, wo – o Wunder an Koinzidenz – das bislang einzig bekannte Habitat der Salizonga-Schnecke festgestellt wurde.
Niemand würde sich – sozusagen buchstäblich – einen Scheißdreck um diese unförmige Monstrosität kümmern, wären da nicht eben ihre Fäkalprodukte, die sie mit unbremsbarem Eifer und in erstaunlich hohen Mengen absondert, während sie durch ihre bevorzugten Weidegründe dahinpoltert. Die leuchtend gefärbte Ausscheidung enthält ein Alkaloid, aus dem ein Parfüm destilliert wird, das von den Frauen auf fünftausend Planetenwelten mit geradezu verzweifelter Lust begehrt wird. Das wertvolle Alkaloid wird nur vom Salizonga- Männchen ausgeschieden, und wenn der Dung nicht innerhalb weniger Minuten nach der Entleerung eingesammelt und tiefgekühlt wird, zersetzt sich das Alkaloid und wird abgebaut und wertlos. Deshalb müssen menschliche Mistsammler ständig hinter den Schnecken herziehen – Roboter scheinen unfähig zu einer Unterscheidung zwischen weiblichen und männlichen Salizongae zu sein, denn die morphologischen Merkmale sind extrem subtil – und müssen eilends die frischen Exkremente der männlichen Schnecken in Gefrierbehälter schaufeln, ehe sie ihre kommerzielle Nutzbarkeit verlieren. Und zu dieser Arbeit wurde ich an meinem zweiten Tag auf Nabomba Zom eingeteilt. Mir erschien dies keineswegs als ein gewaltiger beruflicher Aufstieg von meinem Dasein als Almosensammler in den Höhlen der Fleischeslust auf Megalo Kastro.
Nun, es entspringt einmal dem göttlichen Ratschluss, dass der aus dem Weibe geborene Mann für sein täglich Brot arbeiten soll (und im Übrigen das aus dem Weibe geborene Weib ebenfalls); aber Gott hat auch nirgends eindeutig entschieden, dass irgendein menschliches Wesen ein Anrecht auf eine besonders nette und angenehme Arbeit habe. In diesem Stadium meines Lebens schien daher das Scheißeschaufeln die mir göttlicherseits zugedachte Arbeit, und an diesem Punkt meines Lebens konnte ich darin jedenfalls noch nicht einen Wendepunkt erkennen. Ich mag nicht so tun, als hätte mir diese Arbeit nach und nach Spaß gemacht, doch um euch die Wahrheit zu gestehen, sie war weit weniger unangenehm, als ihr euch vielleicht vorstellt, und ich
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