Zigeunerstern: Roman (German Edition)
Plantagen fähige und loyale Männer waren, vermochte Loiza la Vakako es nicht, er brachte es einfach nicht über sich, in absentia zu herrschen. Außerdem war er auch Rom baro, Oberhaupt der kumpania der Zigeuner auf Nabomba Zom, und dies bedeutete, dass er unter seinem Volk alle möglichen richterlichen und religiösen Aufgaben zu erfüllen hatte.
Von Beginn an fuhr ich oft mit, wenn er diese Inspektionstouren unternahm. Und ich lernte an einem einzigen Nachmittag mehr über die Kunst und Technik der Herrschaft, als ich mir in sechsjährigem Universitätsstudium hätte aneignen können.
Nabomba Zom ist eine der neun Königswelten der Galaxis. Das heißt, es ist ein Planet, den die Roma sich als ihr spezielles Eigentum auswählten, als die erste Besiedlung der Sterne vor neunhundert oder tausend Jahren erfolgte. Die Herrscher auf diesen Königswelten (die anderen sind: Galgala, Zimbalou, Xamur, Marajo, Iriarte, Darma Barma, Clard Msat und Estrilidis) beziehen ihre Macht, technisch gesprochen, direkt durch gnädigen Beschluss des Großkönigs der Roma und besitzen das Privileg, je einen der neun krisatora zu benennen, der Richter des Höchsten Gerichts der Roma. Selbstverständlich wusste ich davon sehr wenig, als ich bei Loiza la Vakako zu leben begann, doch nach und nach führte er mich in das verwickelte System ein, durch das wir unser auseinanderstrebendes Reich zusammenhalten.
Bei diesen Fahrten begriff ich, was ich als Schuljunge auf Vietoris oder als Sklave auf Megalo Kastro nie auch nur vermutet hätte, dass nämlich Herrschen eine Bürde ist, nicht etwa ein angenehmes Privileg. Gewiss, es gibt bestimmte Vorteile. Aber nur ein Tor würde diese Last nur der Vorteile wegen auf sich nehmen. Jene, die Macht ausüben, tun dies, weil ihnen keine andere Wahl bleibt: Gottes Ratschluss ist auf ihre Häupter gekommen, und ihnen bleibt nur, dem zu gehorchen. (Das ist so, auch wenn Syluise das nicht für wahr hält.)
Ich beobachtete also damals Loiza la Vakako, sah, wie er über den Anbau der Feldfrucht, über die Begradigung von Flussgewässern, über den Getreidepreis entschied, über die Handelsabkommen mit anderen Planeten, über Steuern und Einfuhrzölle. Ich sah zu, wie er als Richter fungierte und die verwirrenden Streitigkeiten erbärmlicher kleiner Leute in der hintersten Provinz schlichtete. Dabei fiel mir dann oft jene Lektion ein, die sie mir am letzten Tag meiner Schulzeit einzuhämmern versucht hatten, jene Lektion über den Dreizehnten Kaiser und wie er Tag und Nacht schwer arbeitete. Damals hatte ich mich verwundert gefragt, wieso denn ein Kaiser es nötig finden sollte, dermaßen zu schuften, wo er doch die allerhöchste Macht besaß. Warum wollte er nicht lieber seine Tage und Nächte mit Festgelagen zubringen und singen und edlen Wein trinken? Nun jedoch begriff ich, dass die Arbeit unvermeidlich war, dass sie der Preis war für die höchste Macht. Dass höchste Macht eben genau dies bedeutete: das Privileg einer unerhörten Arbeitsleistung und Schufterei, wie sie das Begriffsvermögen durchschnittlicher Menschen weit übersteigen. Ich begriff, dass es nie einen wahren Herrscher gegeben hatte – nicht einmal unter den berüchtigten bösen Tyrannen, nicht einmal unter den mordlüsternen monströsen Verbrechern –, dem es erspart geblieben wäre, das Joch auf sich zu nehmen und den Pflug zu ziehen, sobald er an die Macht gelangt war.
Natürlich gab es Annehmlichkeiten, sofern und wann man sie wünschte. Eine Art Ausgleich, wenn man so will. Loiza la Vakako bereiste seinen Besitz in einem Luftwagen, der sozusagen ein Miniaturpalast war: ein glattes Fahrzeug, geformt wie ein Tränentropfen, aber feuerrot, das sich mit traumhafter Geschwindigkeit bewegte. In der Luft spürte man überhaupt keine Bewegung: es war, als schösse man auf einem fliegenden Zauberteppich dahin. Es gab weiche wundervolle Wandbehänge, die aus den schwarzen und scharlachroten Hüllen der Großmuschel des Meeres der Poeten angefertigt waren, und es gab Liegekissen, bezogen mit der schimmernden Haut der Sanddrachen, und es gab schwebende Kugeln von reinem kalten Licht. Beim Aussteigen begrüßten uns buckelnde Beamte, die Blütenteppiche für uns ausgestreut hatten, Diener warteten mit frischer Kleidung und boten uns Schalen voll zartduftender Säfte, prallreife Früchte und verschiedenes Räucherfleisch geheimnisvoller Provenienz dar.
Aber trotz all des großartigen Aufwandes waren die Privatgemächer des Loiza la Vakako
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