Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
Beglaubigungen und wiegte sich wieder auf den Hacken, während der junge Mann die Informationen in seinen Tischcomputer fütterte. Der Spitzel kniff die grünen Augen zusammen; die Muzak weichte ihn auf wie ein heißes Bad.
    Der Sicherheitschef war ganz ergrautes Haar und gebräunte Falten und große Keramikzähne. Der Spitzel setzte sich und wurde wachsweich, während sich die Schwingungen des Mannes über ihn ergossen. Der Mann sprühte vor Eifer und Korruption wie ein verrostetes Giftmüllfaß. »Willkommen in Rockville, Eugene.«
    »Danke, Sir«, sagte der Spitzel. Er richtete sich etwas auf; er begann auf den raubtierhaften Anstrich des Mannes zu reagieren. »Es ist mir ein Vergnügen.«
    Der Sicherheitschef blickte abwesend auf einen nur für ihn sichtbaren Datenschirm. »Sie haben ausgezeichnete Empfehlungen, Eugene. Ich habe hier die Daten von zweien Ihrer Einsätze für andere Mitglieder der Synthesis. Beim Amsterdam Gill Piracy-Fall standen Sie unter einem Druck, der einen normalen Agenten zerbrochen hätte.«
    »Ich war der Klassenbeste«, sagte der Spitzel mit einem einfältigen Lächeln. Er konnte sich nicht an den Amsterdam-Fall erinnern. Es war ihm alles entglitten, gelöscht vom Schleier. Der Spitzel betrachtete erfreut einen japanischen Kimono, der als Wandschmuck diente.
    »Wir hier bei Replicon fordern nicht oft die Hilfe von euch Zaibatsu an«, sagte der Sicherheitschef. »Aber unserem Kartell wurde von der Koordinationsabteilung der Synthesis eine äußerst wichtige Operation übertragen. Sie sind zwar kein Mitglied von Synthesis, aber Ihre hervorragende Zaibatsu-Ausbildung, die für die Mission unerläßlich ist, gab den Ausschlag.«
    Der Spitzel lächelte unverbindlich und wackelte in seinen verzierten Schuhen mit den Zehen. Gerede über Loyalität und Ideologien langweilte ihn. Synthesis und ihre ehrgeizigen Bemühungen, den Planeten mit einem riesigen kybernetisch-ökonomischen Netz zu überziehen, waren ihm herzlich gleichgültig.
    Selbst seine Gefühle für seine Herkunft, die Zaibatsu-Serie, waren nicht »patriotischer« als die warmen Empfindungen, die ein Wurm für einen Apfelkern hegt. Er wartete darauf, daß der Mann zur Sache kam; er wußte, daß sein Ohrcomp die Unterhaltung noch einmal abspielen konnte, falls er etwas verpaßt hatte.
    Der Sicherheitschef spielte mit einem elektronischen Griffel und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Sie waren nicht leicht für uns«, sagte er, »diese postindustriellen Jahre. Die besten Köpfe zogen in die Orbitalfabriken hinaus, während der Planet durch Überbevölkerung und Umweltverschmutzung ruiniert wurde. Und jetzt sind wir soweit heruntergekommen, daß wir ohne Hilfe von Euch Orbitern nicht einmal mehr den augenblicklichen Stand halten können. Ich hoffe, Sie verstehen unsere Lage.«
    »Vollkommen«, sagte der Spitzel. Sein Agententraining und die Fähigkeiten des Schleiers machten es ihm leicht, in die Haut des Mannes zu schlüpfen und durch seine Augen zu blicken. Es gefiel ihm nicht besonders, aber es war nicht schwer.
    »Inzwischen wird es ruhiger, denn die verrücktesten Banden haben sich gegenseitig umgebracht oder sind in den Raum emigriert. Die Erde kann sich nicht die kulturelle Vielfalt erlauben, die Sie in Ihren Orbitstädten haben. Die Erde muß ihre verbliebenen Ressourcen unter der Führung von Synthesis vereinen. Die konventionellen Kriege sind ein für alle Mal vorbei. Jetzt stehen wir vor einem Krieg der Bewußtseinszustände.«
    Der Sicherheitschef kritzelte abwesend mit dem Lichtgriffel auf einem Videoschirm herum. »Es ist eine Sache, mit kriminellen Gruppen wie den Gill-Piraten fertigzuwerden, aber eine ganz andere, sich diesen … äh … Kulten und Sekten zu stellen, die sich einfach weigern, sich der Synthesis anzuschließen. Nach dem Bevölkerungsrückgang am Beginn des Zweiten Jahrtausends sind nun große Teile der Dritten Welt ins Kraut geschossen … Das gilt ganz besonders für Mittelamerika und für den Süden der Volksrepublik Mexiko … dort sind wir auf einen Dissidentenkult gestoßen, der sich Maya Resurgence nennt. Wir von Synthesis stehen einer kulturellen Geisteshaltung gegenüber – die in Ihrer Organisation, Eugene, übrigens als Paradigma bezeichnet würde –, die diametral allem entgegengesetzt ist, was die Synthesis ausmacht. Wenn wir diese Gruppe aufhalten können, bevor sie sich etabliert, dann haben wir noch einmal Glück gehabt. Aber wenn sich ihr Einfluß weiter ausdehnt, könnte dies auf

Weitere Kostenlose Bücher