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Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Titel: Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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ein dichtes Gewirr aus grünen Zweigen ein. Der Stamm war jetzt so dünn geworden, dass er ihn umfassen konnte. Weit konnte es nicht mehr sein.
    Glücklicherweise war es fast windstill, und der Wipfel schaukelte nur schwach. Trotzdem spürte er jetzt eine Bewegung. Unregelmäßig, nicht vom Wind herrührend. Ein leises Kracken war zu hören, als würde über ihm etwas brechen. Ein Zweig fiel auf ihn herab, und er zuckte zusammen. Aber er hielt sich fest, war ungefährdet.
    Befand sich dort oben ein Tier? Der Stamm neigte sich kaum merklich. Wenn, dann konnte es nur ein Affe sein. Hoffentlich würde der nicht in Panik geraten und sich auf ihn stürzen. Auch ein kleiner Bursche konnte ihm in dieser Höhe gefährlich werden.
    Die Bewegung hörte auf, und er kletterte wieder. Die dichtete Stelle hatte er nun schon wieder hinter sich. Unsicher legte er den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Ein dunkler Schatten war dort auszumachen, viel zu groß für einen Affen, natürlich kein Lebewesen, denn es regte sich nicht – vielleicht ein neues Dickicht aus Laub. Oder die Statue …
    Aber wenn das die Statue war, dann war sie riesig. Unmöglich, sie hinabzutragen. Sie war mindestens so groß wie er …
    Der Schatten bewegte sich an den Rändern.
    Stood trat ins Leere, so erschrak er. Er fing sich wieder. Die Äste, die ein Geflecht über ihm bildeten, wurden auseinandergedrückt. Es schien, als bewege sich ein schwerer Körper darüber. Ein armdickes braunes Ding stach durch die Blätter herunter, wurde länger und länger und stieß gegen seine Schulter. Er drehte sich weg, konnte jedoch sonst nichts tun, war wie erstarrt.
    Dann sah er den riesenhaften Körper über sich deutlich.
    Acht haarige Gliedmaßen breiteten sich von einem schweinsgroßen, weißlichen Leib her aus. Den Rücken überzog ein Muster. Augen wölbten sich wie schwarze Kuppeln über den Kieferklauen. Die vorderen Arme stießen in Stoods Richtung, und der Mann ließ los.
    Aber er fiel nicht.
    Die gewaltige Spinne kippte ein wenig unter seinem Gewicht vornüber, doch ihre Beine hielten sie. Stood wollte schreien, aber er konnte nicht. Seine Kehle war wie zugeschnürt von dem Grauen. Im Hintergrund erkannte er eine Art Netz, das von hier bis ganz hinauf in den letzten Wipfel reichte. Dort hingen winzige Affen- und Vogelskelette.
    Die Spinne zog ihn an sich, ihre Beißwerkzeuge legten sich um seine Brust.
    Die sechsarmige Göttin.
    Er hatte an eine menschliche Form gedacht. Und an eine Skulptur. Sechs Arme und zwei Beine hatten viele indische Gottheiten. Sechs und zwei. Acht. Das Muster auf dem Rücken der Spinne – es war identisch mit dem auf dem Splitter, den er gefunden hatte. Aber das Monster war lebendig.
    War der Splitter eine Fälschung? Oder stammte er von diesem Ungeheuer?
    Leben kam in Tyron Stood, und er versuchte sich zu befreien, doch die Zangen gaben nicht nach. Er landete einen Faustschlag auf eines der acht Augen. Die Spinne zuckte nicht einmal zurück.
    Er würde sterben. Und Siti? Würde sie heraufkommen, um nach ihm zu sehen? Oder die Spinne hinunterklettern?
    Asota Shuram hoch zwei. Hoch zwei.
    Die Kiefer ließen seine Brust los und schlossen sich um seinen Hals.
    In den letzten Augenblicken seines Lebens dachte er: Hoch zwei, nicht mal zwei. Nicht zwei Schatzjäger. Asota Shuram² bedeutet etwas ganz anderes.
    Asota Shuram² bedeutete Asota Shuram Shuram.
    Schatz Jäger Jäger.
    Schatzjägerjäger.
    Ein Jäger, der Schatzjäger jagte.
    Ganz einfach. Sie hätten es wissen müssen. Nicht einmal die kluge Siti war draufgekommen, sie, die immer alles besser wusste … nicht ei…

10
    Am Fuße des großen Baumes fanden Einheimische einige Gegenstände und brachten sie in die Dörfer. Darunter war auch eine Kamera, die im Laufe eines Jahres ihren Weg in die Stadt fand, wo sie jemand kaufte und den Film entwickeln ließ.
    Das letzte Bild, das mit der Kamera geschossen worden war, zeigte eine nackte Frau auf einem Bett. Sie hatte dem Fotografen das Profil zugewandt, und auf ihrer Schulter war eine Tätowierung, kaum wahrzunehmen auf ihrer dunklen Haut. Doch der neue Besitzer der Kamera vergrößerte das Bild, bis er die Tätowierung erkennen konnte. Es waren zwei Wörter in bengalischer Schrift. Hinter dem zweiten Wort stand eine kleine, hochgestellte Ziffer.
    Die Tätowierung lautete: Asota Shuram².

11
    Eine Frau reist durch die ganze Welt. Sie macht Abstecher auf alle Kontinente, besucht Städte ebenso wie ländliche Gebiete. Die Frau

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