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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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draußen. Im Bahnhof also. Ein paar arme Teufel, die sich so lange wie möglich warm halten wollen.«
    »Niemand hier unten?«
    »Als ich abschloss, war die Halle leer.«
    »Gucken wir uns die Aufnahmen jetzt noch mal an?«, fragte Halders.

5
    Da!« Halders sprang auf und wedelte mit der Hand Richtung Monitor. »Das ist ihr Koffer!«
    Winter sah einen schwarzen Samsonite. Ringmar auch und Bengtsson. Winter sah eine Frau, die er nicht kannte. Sie öffnete die Box Nummer 110. Die Frau stellte einen Koffer hinein, schloss ab und ging weg, ohne sich umzudrehen. Winter hatte einen Teil ihres Gesichts gesehen, ihre spätsommerliche Kleidung. Kein langer Mantel, kein Hut. Die Haare wirkten sehr hell, weiß oder blond. Sie trug eine dunkle Brille, die die Identifizierung erschwerte.
    »Sie hat sich nicht um die Kameras gekümmert«, sagte Ringmar.
    »Vielleicht wusste sie nichts von ihnen«, meinte Winter.
    »Oder sie waren ihr egal.«
    »Kennen wir sie?«, fragte Halders.
    »Demnach ist es nicht die Freundin, Nina Lorrinder?«, fragte Ringmar. »Du bist der Einzige, der ihr begegnet ist.«
    »Ist sie nicht, das erkenne ich, trotz der Sonnenbrille«, sagte Halders. »Die Lorrinder ist hübscher. Und vor allen Dingen jünger.«
    »Wie spät war es?«, fragte Ringmar.
    »Halb sechs«, sagte Bengtsson, »am Nachmittag.«
    »Wann war Paula Ney mit ihrer Freundin zum Kino verabredet?«, fragte Ringmar.
    »Viertel nach sechs vorm Kino«, antwortete Winter. »Der Film begann um halb sieben.«
    »Dann hätte Paula Ney es nicht geschafft, ihren Koffer eigenhändig abzustellen und rechtzeitig am Kino zu sein«, sagte Ringmar.
    »Sie hat es ja auch nicht getan, oder?«, fragte Halders.
    »Das da ist sie doch nicht, oder?«
    »Lass den Film noch mal laufen«, sagte Winter.
    Er sah eine unbekannte Frau, die einen unbekannten Koffer in einem bekannten Schließfach abstellte.
    »Es kann sich um eine ganz gewöhnliche Mitbürgerin und irgendeinen Samsonite handeln.« Ringmar zeigte auf den Bildschirm. »Ein paar Stunden später hat sie den Koffer wieder abgeholt, und jemand anders hat das Fach benutzt und dann ein anderer und so weiter.«
    Winter sah Bengtsson fragend an.
    »Das ging nicht«, sagte Bengtsson. »Das würden wir doch auf dem Band haben. Dieser mysteriöse Kerl, den wir gesehen haben, musste für drei Tage Aufschlag bezahlen, um das Schließfach öffnen zu können.« Er deutete auf den Monitor. Die Frau auf dem Bild entfernte sich zum vierten Mal. Winter dachte an Filmaufnahmen, Wiederholungen. Noch hatten sie es nicht richtig gemacht.
    »Die Hundertzehn«, präzisierte Bengtsson.
    »Dann ist es also vollkommen sicher, dass Der Rücken denselben Koffer herausgenommen hat, den die Blondine hineingeschoben hat?«, fragte Halders.
    Bengtsson nickte.
    »Wer ist sie?«, fragte Ringmar.
    Sie hatten zwei Verdächtige, die etwas mit dem Mord an Paula Ney zu tun hatten, die eine Person deutlich erkennbar, die andere undeutlich, nur ein Schatten, aber beide unbekannt. Sinnlos, ein Bild der Frau an die Medien weiterzuleiten. Tausende von Zeugen würden sich melden, die eine blonde Frau mit Sonnenbrille gesehen hatten. Im Prinzip wäre es dasselbe, als würden sie das Foto von dem Männerrücken herausgeben.
    »Die wirken … irgendwie verschlagen«, sagte Ringmar.
    »Beide Typen.«
    Sie waren in das Café zurückgekehrt. Die Kellnerin behandelte sie bereits wie Stammgäste. Sie lächelte mehrmals. Wir kommen nicht vom Fleck, dachte Winter. Guck dir die an. Der Fall beginnt und endet hier. Wenn er überhaupt endet. Er wollte die Sache nicht dramatisieren, dazu neigte er, und das führte wer weiß wohin, oft in die falsche Richtung. Selten vorwärts. Wie jemand, der im Bahnhof sitzt und dessen Zug niemals auf der Anzeige auftaucht. Der stundenlang dasitzt, einen Tag lang. Was für ein Schicksal. Aber nicht so schlimm wie der Tod. Winter schob den Gedanken beiseite. Die Kellnerin lächelte ihn an, als sie den Cappuccino auf den Tisch stellte. Ihm war aufgefallen, dass sie an der Bar Whisky hatten, einen halben Meter Flaschen. Die Kellnerin war blond wie die Frau auf dem Bildschirm.
    »Nimm die Blondine«, begann Ringmar. »Sie kommt mir nichts, dir nichts herein, eine Sonnenbrille auf der Nase. Das ist ihre Verkleidung. Sie weiß, dass sie beobachtet wird. Womöglich trägt sie eine Perücke.« Er nippte an dem Kaffee. Er schmeckte nach Milch und sonst nichts. Plötzlich sehnte er sich nach dem furchtbaren Kaffee aus dem Automaten im

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