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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Dienstschluss.«
    »Ihr Kollege hat nichts bemerkt.«
    » Das weiß ich. Das verstehe ich.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Er merkt nie was.« Der Portier lächelte. »Er gibt die Schlüssel im Schlaf heraus.«
    Winter glaubte ihm. Er hatte von seinem Gegenüber denselben Eindruck. Dieser Witzbold war ganz schön verschlafen, aber der andere war noch schlimmer.
    »Wie wirkte sie?«
    »Was?«
    »Wie wirkte Ellen Börge auf Sie, als sie sich eingetragen hat. Sie haben sie doch beobachtet. Sie ist Ihnen aufgefallen. Wie war sie? Wirkte sie nervös? War sie angespannt? Hatte sie einen unsteten Blick? Irgendwas?«
    »Sie schien ruhig, fand ich.«
    »Es hat geregnet. War ihre Kleidung trocken?«
    »Jetzt komm ich leider nicht ganz mit.«
    »Draußen hat es gegossen. Hatte sie einen Schirm dabei? Oder sah sie aus wie eine ertränkte Katze? Machte sie den Eindruck, als suche sie Schutz vor dem Regen?«
    »Tja … einen Schirm hab ich nicht bemerkt. Und nass war sie, besonders die Haare.« Er strich sich über seinen Vokuhila-Schnitt. »Tja … vielleicht hat sie sich vor dem Regen gerettet. Aber nimmt man deswegen gleich ein Hotelzimmer?«
    Winter antwortete nicht. Ellen Börge hatte die Wohnung bei Sonnenschein verlassen, kaum eine Wolke am Himmel. Christer Börge hatte nicht genau sagen können, was sie angehabt hatte, als sie ging, aber es sei »was Leichtes« gewesen. Kein Mantel, keine Jacke. Er behauptete, es hänge alles noch in der Wohnung. Die Schirme, es waren zwei, standen ordentlich im Schirmständer. Tja, hatte Winter gedacht, warum auch sollte Ellen Börge einen Schirm mitnehmen, wenn die Sonne vom Himmel brannte, als wollte sie den verregneten Sommer wieder gutmachen.
    Sieben und eine halbe Stunde später hatte sie sich hier eingetragen, war aus dem Regen hereingekommen.
    »Beschreiben Sie mir ihre Kleidung«, sagte Winter.
    »Können Sie ihre Kleidung noch einmal beschreiben?«, fragte Winter.
    »Ist das wirklich nötig?«
    »Bitte beschreiben Sie die Kleidung«, wiederholte Winter.
    Christer Börge beschrieb die Kleidung. »Ich hab wirklich mein Bestes versucht«, sagte er, als er fertig war.
    »Aber Sie sind sich nicht sicher?«
    Börge zuckte mit den Schultern. »Wer kann schon bis ins Detail die Kleidung seiner Frau beschreiben? Hinterher? Können Sie das?«
    »Ich bin nicht verheiratet.«
    »Aber Sie verstehen, was ich meine?«
    Winter nickte.
    »Jedenfalls hat sie keine Jacke getragen. Es war ja ein warmer Tag oder Abend. Oder Nachmittag, ich weiß nicht, wie ich es nennen soll.«
    Winter nickte wieder, obwohl es keinen Grund zum Nicken gab. Börge stand immer noch still vor ihm, er hatte sich nicht von der Stelle bewegt, seit Winter eingetreten war. Er wollte ihn nicht hier haben, und Winter verstand das.
    »Können wir uns setzen?«
    »Warum?«
    Darauf brauchte Winter nicht zu antworten, und das tat er auch nicht. Er machte eine Kopfbewegung Richtung Wohnzimmer. Es war durchflutet von Abendlicht. Die Sonne ging rot und golden unter, Septemberlicht.
    Börge drehte sich um und ging voran, Winter folgte ihm. Sie setzten sich. Plötzlich roch es förmlich nach dem Licht draußen, nach Kräutern, deren Namen Winter nicht kannte und die er vielleicht nie schmecken würde. Die Balkontür stand weit offen. Es war windstill. Zimmer und Balkon wirkten fast elegant im klaren Licht des Abends. Aber die Möbel waren noch genauso plüschig wie zweieinhalb Tage zuvor, als Winter zum ersten Mal hier gewesen war. So würde es vielleicht auch bleiben. Er fragte sich, ob Börge in einem halben oder einem ganzen Jahr noch hier wohnen würde. Falls Ellen zurückkehrte. Winter glaubte eher, dass sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage irgendwo anders leben würde. Von diesem anderen Ort würde sie sich melden. Christer würde weiter Herr seines Unglücks oder Glücks bleiben. Seine Sorgen verbarg er hinter der mürrischen Miene. Er war ein Fremder für Winter, wie fast alle Menschen. Winter arbeitete mit Fremden, manche waren noch lebendig.
    »Hotel ›Revy‹«, sagte Winter.
    »Noch nie gehört«, antwortete Börge. »Das hab ich doch schon mal gesagt.«
    »Dort hat sie sich ein Zimmer genommen.«
    »Ein Zimmer? Nur für ein paar Stunden? Sie hatte keinen Koffer dabei, da brauchte sie sich doch kein Zimmer zu nehmen.«
    »Warum ausgerechnet dieses Hotel?«, fragte Winter.
    »Warum überhaupt ein Hotel?«
    »Das frage ich mich auch, und Sie.«
    Winter verstand Börges Antwort nicht.
    »Wie bitte, was haben Sie

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