Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Familie Ney zu einem Mord geführt? Direkt oder indirekt? Er dachte an Paula. Er hatte ihr Gesicht vor Augen, ein einsames Gesicht, wenn man ein Gesicht so bezeichnen konnte. Alle waren einsam, Gesichter, Körper, Leben. Man musste sein eigenes Leben mit sich herumschleppen, so gut es ging. Winter hatte genügend Menschen getroffen, denen das nicht gelungen war. Das Leben war eine Last. Nur Idioten waren nicht dieser Meinung. Die Menschen hielten es nicht aus. Das zeigte sich auf verschiedene Weise. Nein, das war kein Zynismus. Ich glaube immer noch. Manchmal glaube ich sogar an Gott, geh sogar manchmal in die Kirche. Welcher bekennende Zyniker tut das?
    Winter glaubte nicht an den Teufel. Er glaubte an die Menschen. Das konnte das Gleiche sein. Das war das Schreckliche an seiner Arbeit. Gesichter, Körper, Leben, wie das von Angela, den Kindern, Freunden, Polizisten. Und trotzdem. Teufel. Die Taten waren da. Ein lebloses Gesicht in einem verdammten Hotelzimmer in einer kleinen Großstadt am äußersten Rand der Welt. Herr im Himmel, die weiße Hand. Darin war eine Botschaft verborgen, die er nicht lesen konnte. Keiner der Finger wies in eine bestimmte Richtung.
    Trotzdem würde er es erfahren. Am Ende würde es eine Antwort geben oder den Teil einer Antwort, den Teil einer Lösung dieses Rätsels. So war es. Ihn schauderte vor dem Moment. Schon jetzt fürchtete er sich vor dem, was er erfahren würde. Da gab es etwas, das er nicht wissen wollte, niemals. Warum denke ich so? Wie kann ich so denken? Was ahne ich? Ich will es nicht wissen, dachte er und sah auf die Küchenuhr an der Wand. Die Morgendämmerung war da.
    Als er über Heden radelte, bemerkte er eine Gruppe Fußballspieler. Die Septembersonne war mild, und das Licht ließ die Konturen der Stadt weicher erscheinen, runder, fast wie der Ball, der in seine Richtung durch die Luft geflogen kam und genau vor seinem Vorderrad aufschlug.
    »Her mit dem Ball, Winter!«
    Der Torwart winkte. Winter erkannte ihn jetzt und einige der anderen Spieler in ihren blauen Overalls. Das Einsatzkommando machte Pause vom Kamikazedienst. Pause, der Begriff war relativ für die Bande. Für sie war alles Ernst. In der nächsten halben Stunde würden mehrere auf dem Platz verletzt werden; Kniestöße in die Weichteile, Ellenbogen in die Milz, Stollen in den Spann.
    »Es ist gesünder, wenn ich ihn behalte!«, rief Winter und hob den Ball auf.
    »Pass auf, dass dein Schlips nicht in den Speichen hängen bleibt, Junge!«, rief einer der Außenspieler.
    Einige von den anderen grinsten.
    Winter trug heute keinen Schlips, nicht mal Jackett oder Mantel. Aber er hatte einen Ruf.
    Wortlos warf er den Ball zurück auf den Platz.
    »Bestell Halders, wir sind bereit, wenn er bereit ist«, rief der Kollege.
    Einige grinsten wieder.
    Winter wusste, was gemeint war. Das Fahndungsdezernat hatte eine Mannschaft gehabt, aber nach zehn Monaten war damit Schluss gewesen. Halders hatte gegen ein Schiedsrichterurteil mit einem Tritt in den Hintern des Schiedsrichters protestiert. Die Mannschaft wurde gesperrt und Halders vier Jahre ausgeschlossen.
    »In zwei Jahren ist die Sperre aufgehoben«, rief Winter.
    »Er weiß ja, wo er uns findet!«
    »Er hat schon Sehnsucht nach euch, Jungs«, rief Winter.
    »Du kannst bei uns mitspielen, wenn du willst!«
    »Ich werd drüber nachdenken.«
    Er hörte wieder Lachen. Das Einsatzkommando war ein fröhlicher Verein.
    Als er das Fahrrad vor dem Präsidium abstellte, begegnete er Ringmar, der vom Parkplatz kam.
    »Damit sollte man auch anfangen«, sagte Ringmar.
    »Dann tu’s doch.«
    »Wenn das so einfach wäre.«
    Sie machten einem Streifenwagen Platz. Der Kollege am Steuer hob grüßend die Hand. Wir sind eine einzige große Familie, dachte Winter. Und wir haben keine Geheimnisse voreinander. Er lächelte.
    »Warum grinst du?«
    »Nichts, Bertil.«
    »Es ist nicht gut, wenn man ohne Grund lächelt.«
    »Ich hab nur daran gedacht, dass wir hier in der Dienststelle eine große glückliche Familie sind.«
    »Ja, wirklich wunderbar.«
    »Wie geht es unserer Frau aus Tynnered? Bist du im Krankenhaus gewesen?«
    »Sie schlief. Die Pillen wirkten noch.«
    »Wie ist die Nacht verlaufen?«
    »Ruhig, sie hat kein Wort gesagt.«
    »Wird sie es jemals wieder tun?«
    »Ein Wort sagen? Ich weiß es nicht, Erik.«
    Ringmar machte einem weiteren Polizeiauto Platz. Der Fahrer winkte, der Passagier neben ihm winkte, Winter und Ringmar winkten.
    »Vielleicht hat sie uns was zu

Weitere Kostenlose Bücher