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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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redet, wegen dem Namen. Dem Zoran, dem ist doch außer Schweinsbraten und Heimatverein alles wurscht. Dem ist doch nur wichtig, dass er seinen Nachtscherm [9] von einer Tochter endlich unter die Haube kriegt.«
    »Nachtscherm? Also das ist jetzt schon ein bisserl stark! Weil – so schiach ist sie jetzt auch nicht, die Molly. Ein bisserl stark gebaut vielleicht, aber da gibt’s Schlimmeres!«
    »Das sagst du, weil dir der Busen schon immer wichtiger war als das Gesicht! Warum meinst du, dass der Zoran die Molly Frisös lernen lässt? Weil sie zwar einen gescheiten Bedienungsbusen hat, aber ein Gesicht dazu – da ist ein sauers Lüngerl appetitanregender!«
    So ist das. Kaum stehe ich in Latzhose und Stiefeln neben ein paar Jungs, reden die miteinander, als wäre ich ein Maurerlehrling und nicht eine alleinstehende Geschäftsfrau in den allerbesten Jahren.
    »Der Zoran hat jetzt sogar einen Schmuser [10] losgschickt«, sagt jetzt der Janni, »der schaut im kompletten Chiemgau die Höfe durch nach einem ledigen Bauern, da wird schon einer dabei sein für seine Molly. Die passt eh besser auf einen Traktor als auf ein Schiff, der kriegt nämlich keine Schlagseite.«
    Ich funkle jetzt den Janni finster an, denn es wird Zeit, dass sich dieser Stenz daran erinnert, dass er nicht nur die Sonnfischerin vor sich stehen hat, sondern auch die Tante seines unehelichen Sohnes.
    »Und du bist sicher, dass es an der Molly liegt, wenn der Schmuser auf der Insel nicht fündig wird? Oder nicht doch vielleicht am Männermaterial hier?«
    Immerhin senkt der Janni jetzt beschämt die Nase tief ins Weißbierglas, als würde auf dem dickem Glasboden etwas sagenhaft Interessantes stehen. Der stoppelige Scheitel seines Vokuhilas ist aus dieser Perspektive auch nicht mehr so dicht wie früher. Jedenfalls nicht mehr so dicht wie damals, als meine Zwillingsschwester im verhängnisvollen Sommer nach dem Abi meinte, im Muster von Jannis Hawaiihemden die große weite Welt entdeckt zu haben. Dem Michi dämmert es jetzt auch, dass er mit seiner Lästerei über die arme Molly mit beiden Beinen mit in Jannis Fettnapf steht, und er erinnert sich zur Rettung der allgemeinen Stimmung an das vorherige Gesprächsthema.
    »Beim Zumsler Hans würde ich trotzdem aufpassen, dem ist das sicher nicht recht, dass du an ihn und an den Amsler Wirt lieferst. Stell dir vor, der Rudi hat dich gerade gesehen und tratscht es ihm weiter!« Er weist mit der Kinnspitze zur übernächsten Kastanie.
    Tatsächlich, da, hinter dem dicken Stamm sieht man halb verdeckt ein weißes Hemd und eine Männerhand, die gerade ein Stamperl Schnaps in ein Glas Helles hineinkippt. Ich muss lachen, und Jannis Nase taucht aus dem Glas auf, einen weißen Klecks Weißbierschaum an der Spitze.
    »Meinst du wirklich, dass der Ganghofer Rudi seinem Chef erzählt, dass er mich hier gesehen hat? Und sich vom Hans dann fragen lassen muss, was er denn beim Amsler Wirt zu suchen hatte?«
    »Wahrscheinlich schmeckt’s ihm nicht im eigenen Lokal«, lästert jetzt der Janni, schielt kurz nach innen und wischt den Weißbierschaum auf seiner Nase ab. Mit seiner Zunge.
    »Wundern tät’s einen nicht! Hochzeiten ausrichten, das kann er vielleicht, aber die Küch vom Hans, die ist ja sowas von pfuideifi.«
    Ich wende mich schaudernd ab, aber nicht wegen der in der Tat äußerst mittelmäßigen Hotelküche vom Hans, sondern wegen Jannis Zungenakrobatik. Das ist zwar nichts Neues, weil der Janni früher mit seiner Kiss-Cover-Band »Zefix« auf allen Feuerwehrfesten von Rosenheim bis Wasserburg bewiesen hat, dass die Zunge von Gene Simmons im Vergleich zu seiner ein kleiner Stummel ist. Aber ich will einfach nicht daran erinnert werden, dass er mit solchen Kunststücken einmal meine sonst so kluge Schwester beeindruckt hat.
    »Ich glaub, der Rudi isst eh am liebsten flüssig. Und zwar vegetarisch: erst an Kirsch, dann an Korn!«, meint jetzt der Michi weiter und ich pflichte ihm bei: »Der will hier sein hochprozentiges Frühstück, und gut ist es! Aber ich halt mich da raus. Ich hab zu Hause genug zu tun.«
    Wie wahr. Als hätte ich es geahnt, sägt gerade das Geräusch eines Außenborders durch die klare Morgenluft.
    NJÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ!
    Und bevor ich noch reagieren kann, bemerken Michi und Janni wieder unisono:
    »Das bist doch du!«
    Ja, das bin ich. Nur mein Schiff klingt wie eine wild gewordene Hornisse. Aber ich sitze nicht drin. Sondern mein Vater, nicht mehr im Schlafanzug,

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