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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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leise, als ich sie aufstoße, ein bisschen abblätternde Farbe hinterlässt grüne Brösel auf meinem Fensterbrett, aber ich sehe erst einmal nichts, nur: Rosa.
    »Salü«, sagt der überdimensionale Blumenstrauß zu mir, und der aufschwingende Fensterladen reißt ihm ein paar zarte Blätter ab. Das fällt aber nicht weiter auf bei dieser Wolke aus Pfingstrosen, die, wenn ich mir einmal länger Gedanken darüber machen sollte, eindeutig unter die Top Drei meiner Lieblingsblumen kommen würden. Mein Herz macht einen Hupfer, kann das wirklich sein, dass David vor meinem Fenster steht?
    »Sind die von der letzten Hochzeit übriggeblieben?«, sage ich trotzdem total cool, obwohl es mich wahnsinnig freut, dass die Emerenz doch nicht recht gehabt hat mit ihrer Vermutung, denn sonst würde er doch eher vor Mollys Fenster stehen, oder?
    »Aber sicher. Wir Schweizer sind Weltmeister im Recycling. Darf ich reinkommen?«
    Die Party im »Schloß Seeblick«! Der hat unsere Abmachung nicht vergessen! David legt die Blumen auf einen der Gartentische, weil der Strauß nicht ohne Weiteres durch mein Fenster passt, und schwingt einen Fuß über mein Fensterbrett. An diesem Fuß ist der mir bereits bekannte Stiefel, der vom »Großvatr«. Dann kommen zwanzig Zentimeter braune Haut, und dann ein original handgestrickter Wadlwärmer: grau mit grünem Rand und Zopfmuster ohne Ende. Wusste gar nicht, dass die in der Schweiz auch so was tragen. »Hast du dein Alphorn auch mit dabei?«, frage ich spitz, weil mir gerade noch rechtzeitig eingefallen ist, dass ich tendenziell natürlich beleidigt bin, weil David sich gar nicht mehr bei mir gemeldet hat. Ich schaue mir meinen Überraschungsbesuch also eher vorsichtig an, er klappt sich auseinander wie ein Schweizer Taschenmesser, nachdem er sehr wendig und geräuschlos in mein Zimmer gestiegen ist. Was er da anhat, das ist jedoch nicht vom Züricher See, solche Lederhosen kenne ich, das ist eine original Chiemgauer Tracht. Also, wenn dieser Schweizer etwas macht, dann macht er es gründlich, das muss man ihm lassen, sogar seine Waden, die ja sonst bei zugereisten Lederhosenträgern meistens mickrige Zahnstocher sind, an denen die Wadlwärmer herunterrutschen, haben ein erstaunlich kerniges Format. Von wegen Schmalbrust-Anderl, denke ich mit einem gewissen Stolz.
    »Bisschen shoppen gewesen, was?«, frage ich und schaue mir die teuren Federkielstickereien auf den Hosenträgern an.
    »Aber sicher. Ich komme ja viel herum auf meinen Fahrradtouren. Letzte Woche bin ich diese Panoramastraße von Traunstein nach Salzburg gefahren, die kennst du sicher?«
    Kennscht du sichrrrr? Bei mir verfällt David immer in diesen bedächtigen Schweizer Akzent, den hochdeutschen RackaZacka-Tonfall hebt er sich wohl für sein Berufsleben auf.
    »Ja, aber ich bin sie noch nie gefahren.«
    Panoramastraße nach Salzburg? Ist der wirklich mal eben nach Salzburg geradelt und wieder zurück?
    »Nun, auf dem Weg zurück habe ich in einem Trachtengeschäft in Ruhpolding vorbeigeschaut, Koferl heißt das, das kennst du sicher?«
    »Nein.«
    Die sollen mich alle mal in Ruhe lassen mit ihrem Trachtengeschäft!
    »Na ja, und da habe ich mich eingekleidet, weil ich dachte, wir dürfen auf dieser Veranstaltung heute Abend auf keinen Fall auffallen. Tut mir leid, dass ich dir nicht Bescheid gesagt habe, aber ich hatte einfach viel zu viel zu tun. Ich dachte schon, ich muss dir eine E-Mail schreiben, dass ich erst im November wieder Zeit habe.«
    Moment, das war doch immer mein Spruch (auch wenn ich es mir gerade leisten kann, mich um acht Uhr abends in die Federn zu hauen, weil mein Laden gerade ein bisschen den Bach hinuntergeht)!
    David steht da und wartet anscheinend auf irgendeine Reaktion von mir.
    »Sollen wir nicht langsam aufbrechen? Oder hast du es dir anders überlegt?«
    »Nein, nein!«
    »Das ist gut. Und behältst du das an?«, fragt David und hebt eine seiner dunklen Wildwuchsbrauen, während er mich mustert. »Steht dir ausgezeichnet.«
    Ich schaue an mir herunter und will gar nicht wissen, welchen Eindruck ich in meinem nicht mehr besonders weißen T-Shirt und den gestreiften Boxershorts auf den hellwachen und bestens gelaunten Mann vor mir machen muss. Aber es kann nicht sein, dass dieser Schweizer jetzt schon wieder alles besser macht. Panoramastraße, Trachtengeschäft, perfektes Outfit – wer ist denn jetzt von hier, er oder ich, Sacklzefix?
    »Ich bin nur kurz eingenickt! Mach’s dir bequem, ich bin gleich

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