Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
kleine Revolution. Ich glaube, sie hat ihm
instinktiv die Schuld am Tod ihrer Mutter gegeben.«
Florian
blickte über die Schulter und sah, dass Jana und Luz in ein Gespräch vertieft waren.
Das Kind lachte. Beruhigt wandte er sich wieder Lisa zu.
»Aber sie
scheint sich sehr über seine Rückkehr zu freuen.«
»Kinder
freuen sich meist, wenn die Eltern wieder da sind, auch wenn sie nur ein paar Stunden
weg waren. Sie können ihre Kinder geschlagen haben, sogar misshandelt, Hauptsache,
sie sind wieder da. Das ist normal, und ich glaube, Luz hängt trotz allem sehr an
ihm. Außerdem hat sie gerade erst ihre Mutter verloren, da wird seine Anwesenheit
umso notwendiger. Er ist nun ihre wichtigste Bezugsperson.«
»Und was
ist mit dir?«
»Sie mag
mich, da bin ich sicher, aber die Mutter kann ich ihr nicht ersetzen.«
»Wie lange
kannst du noch hier bleiben?«
»Ich bleibe,
so lange es nötig ist.« Lisa seufzte. »Ich habe mich beurlauben lassen, hoffe aber,
dass in zwei bis drei Wochen hier alles so weit geregelt ist, dass ich wieder nach
Berlin zurückkehren kann.«
»Ich möchte
dir etwas zeigen.« Florian holte sein Handy hervor und zeigte ihr das Foto von dem
Mann, der Luz vor der Schule angesprochen hatte.
»Kennst
du ihn?«
Lisa zuckte
mit den Schultern und sagte verblüfft: »Ich habe keine Ahnung, wer das ist.«
Florian
warf erneut einen Blick über die Schulter, und er bemerkte, dass Jana und Luz zurückgeblieben
waren. Sie standen unter einem Baum, und Luz warf mehrfach hintereinander kunstvoll
zwei Bälle in die Höhe und fing sie abwechselnd erst mit der einen, dann mit der
anderen Hand wieder auf.
»Schau,
was sie da macht …«, sagte Florian verblüfft.
Lisa nickte.
»Sie übt oft Jonglieren.«
»Wer hat
es ihr beigebracht?«
»Keine Ahnung,
ich habe sie danach gefragt, aber sie sagt, sie habe es ganz allein gelernt.
»Ungewöhnlich.«
Florian runzelte die Stirn. »Wer hat ihr die Jonglierbälle gekauft?«
»Das sagt
sie nicht. Sie meint, das dürfe sie nicht verraten, andernfalls würden die Beanbags im Dunkeln, wenn sie schlafe, hoch in den Himmel springen und nie mehr wieder herunter
kommen, weil sie auf dem Mond ein neues Zuhause gefunden hätten.«
» Beanbags ?«,
fragte Florian erstaunt. »Was ist das?«
» Beanbags oder übersetzt Bohnensäcke sind Jonglierbälle für Anfänger«, erklärte
Lisa. »Sie haben eine Hülle aus Stoff, Leder oder Kunststoff, und innen drin sind
sie mit Bohnen oder Hirse gefüllt.«
Meist ist
so ein Ball einfarbig, was den Vorteil hat, dass der Zuschauer die Drehung des Balls
nicht sieht.«
Florian
nickte, dann fragte er: »Hast du Kinder?«
Überrascht
sah sie ihn an, und schließlich schüttelte sie den Kopf. »Mein Mann und ich haben
es mit In-Vitro versucht, aber es hat nicht funktioniert.«
Schweigend
gingen sie nebeneinander her, und Florian fragte sich, warum die meisten Frauen
unbedingt Kinder wollten.
Als Jana
und Luz sie wieder eingeholt hatten, lobte er das Mädchen für seine Kunststücke
mit den Bällen, und sie bekam vor Stolz rote Wangen.
Je näher
sie dem Zirkus kamen, desto aufgeregter wurde sie. Zunächst führte er die Anspannung
auf ihre Vorfreude zurück, doch irgendwann regte sich in ihm der Verdacht, dass
sie nach jemand Ausschau hielt. Immer wieder reckte sie den Kopf, doch jedes Mal,
wenn sie sich beobachtet fühlte, schaute sie schnell wieder zu Boden.
»Kaufst
du mir Popcorn?«, wollte sie wissen. Florian sah sie prüfend an, dann winkte er
der Verkäuferin. Lisa bestand darauf, dass er nur eine kleine Tüte erstand.
Das Vorzelt
füllte sich langsam. An der Kasse holte er die vorbestellten Eintrittskarten ab
und erkundigte sich danach, wo er die Pressesprecherin fand. Dann bat er Lisa, Jana
und Luz, im Zelt die Plätze einzunehmen und versprach, in wenigen Minuten nachzukommen.
Jana und er tauschten einen kurzen Blick.
Eine Programmverkäuferin
führte ihn hinaus auf das Gelände, wo die Zirkuswagen standen. An einem der vorderen
Wagen machte sie Halt und klopfte, und kurz darauf ertönte ein forsches »Herein.«
Die Pressefrau,
eine schlanke Brünette, machte einen sympathischen Eindruck auf ihn. Er wusste,
dass er ihr gleich eine Lügengeschichte auftischen würde, aber es war ihm egal. Der Zweck heiligt die Mittel , dachte er und beruhigte sein Gewissen damit,
dass seine Chefin von dieser Aktion eventuell sogar profitieren würde.
Er erläuterte,
dass Diens-Talk eine Sendung zum allgemeinen Thema Zirkus in NRW
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