Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
Vom Netzwerk:
schließen. Gefälschte Papiere …
    »Warum sind
Sie nach Deutschland gekommen?«, wollte er wissen. »Um hier zu arbeiten und Geld
zu verdienen?«
    Dele starrte
auf den Tisch, und sie gab keine Antwort. Während alle darauf warteten, dass sie
doch noch etwas sagen würde, betrachtete er sie. Ihre Kleidung und ihre Schuhe wirkten
billig.
    »Deutschland
hat mich schon immer interessiert«, sagte sie leise, hob aber noch immer nicht den
Blick. »Schon als ich beinahe noch ein Kind war.«
    »Sie sprechen
sehr gut Deutsch«, bemerkte er, und in seiner Stimme klang die Frage mit, wo sie
es gelernt hatte.
    »Unser Padre
in meiner Heimat hat es mir beigebracht. Er kommt aus Süddeutschland, aus Würzburg.«
Endlich blickte sie ihn aus mandelförmigen Augen an, die ihn an feuchte Erdschollen
erinnerten.
    Florian
strich sich über das Kinn, das unter seinen Händen kratzte, und setzte sich wieder.
Nachdenklich musterte er ihr schwarzes Haar sowie die niedrige Stirn, ihre Haut
einer Indianerin und die kräftigen Hände, die sich verkrampft in ihrem Schoß aneinander
festhielten.
    »Sie können
sich nicht ewig verstecken, in der Illegalität leben, abtauchen. Sie müssen sich
bei der Polizei melden.«
    Mit schreckgeweiteten
Augen sah sie ihn an.
    Er hielt
einen Moment inne und sagte: »Es gibt noch einen anderen Grund, weswegen Sie das
sollen.«
    Die Luft
im Raum war stickig. Draußen im Hof ging der Streit zwischen den Vögeln weiter.
    »Sie kennen
Sabrina Delson«, sagte er und fügte hinzu. »Sie kennen sie persönlich, nicht nur
aus der Zeitung … «
    »Was soll
das?«, schaltete Gino sich ein.
    »Halten
Sie sich da raus«, erwiderte Florian knapp.
    Plötzlich
begann Dele Sanchi zu weinen. Sie schlug die Hände vors Gesicht, und sie hielt damit
die Splitter ihrer Vergangenheit fest. Ihre Schultern zuckten, und wieder tropften
Tränen aus ihren Augen, dicke, runde Tränen. Einige rannen den stämmigen Hals entlang
und fielen auf den Kragen ihrer Bluse. Andere trafen auf ihre Hände, die sie jetzt
zur Faust geballt hatte.
    Landeplätze
der Gefühle. Florian verspürte das Bedürfnis, aufzustehen, sie in den Arm zu nehmen,
sie zu trösten, doch er blieb sitzen und regte sich nicht.
    »Was hast
du denn?«, fragte Gino erschrocken. »Warum weinst du?«
    Jana beeilte
sich, ihr ein Taschentuch zu reichen, und langsam hob Dele den Kopf. Ihre Augen
waren gerötet, aus ihrer Nase lief glasklarer Rotz.
    »Ich sage
Ihnen, woher Sie Sabrina Delson kennen«, erklärte Florian. »Sie haben sie beobachtet
und haben ihr nachgestellt. Sie sind einige Male auf ihrem Grundstück gewesen, und
als Sabrina Sie zur Rede stellen wollte, sind Sie weggelaufen. Zumindest zunächst.
Und dann sind Sie wiedergekommen. Stimmt’s?«
    Dele schluckte.
Florian sah, wie sich ihr Kehlkopf bewegte.
    »Stimmt’s?«,
wiederholte er die Frage.
    Sie nickte,
allerdings so zaghaft, dass man es kaum wahrnehmen konnte, aber es reichte ihm,
um weiterzumachen.
    Dele sah
an ihm vorbei aus dem Fenster, in die großen Blätter der Kastanie.
    »Was wollten
Sie von ihr?« Seine Stimme klang schrill.
    »Was soll
das?«, brüllte Gino ihn an. »Lassen Sie sie in Ruhe, Mann!«
    Gino legte
eine Hand auf ihren Arm. Sie stieß sie jedoch weg, erhob sich und ging hinüber zum
Fenster. Sie öffnete die Flügeltüren, die Florian vor wenigen Minuten erst geschlossen
hatte, atmete tief ein und dann begann sie zu reden: »Es war ein heißer, trockener
Tag vor vielen Jahren«, flüsterte sie. »Der Mais stand hoch. Ich ging ins Feld,
um ein paar Kolben zu ernten. Die Sonne stand tief, ich war allein. Meine Mutter
töpferte, und meine Geschwister spielten oder arbeiteten. Vielleicht bereiteten
sie auch das Abendessen vor, das tun sie immer am frühen Abend. Sie warteten darauf,
dass ich zurückkäme, der Mais sollte zu den Bohnen und Tomaten in den Topf, an diesem
Abend sollte es Chili geben.« Dele hielt ihre Augen geschlossen, als sie weitersprach:
»Hinter mir hörte ich ein Rascheln. Ich glaubte, eines meiner Geschwister sei gekommen,
und ich drehte mich um. Da stand ein Mann, den ich nicht kannte. Er stand mit dem
Rücken zum Licht, sein langer Schatten fiel direkt auf mich. Er grinste, dann kam
er auf mich zu …« Dele schwieg einen Moment, bevor sie fortfuhr: »Ich spürte seine
Hand auf meiner Schulter, ein Hieb wie von einer Axt, und ich fiel um. Er stand
über mir, breitbeinig, und dann knöpfte er sich die Hose auf …« Deles Stimme war
kaum noch zu hören. »In diesem

Weitere Kostenlose Bücher