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Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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und runzelte die Stirn. »Am Tag vor Pippa Gonzalez’
Tod, also am 13. Juli, hat der Zeltmeister des Circus Roncalli einen
lautstarken Streit zwischen der Toten und Dele Sanchi mit angehört.«
    Sylvia Gerlach
schob die Tafel Schokolade entschlossen zurück in die Schublade und fragte: »Ist
das ein Mordmotiv?«
    »Nein, aber
das und ihr Verschwinden reichen für einen Anfangsverdacht, die Kollegin getötet
zu haben.« Der Kriminalhauptkommissar zog den kleinen batteriebetriebenen Propeller
aus der Hosentasche, den es in diesem Sommer überall zu kaufen gab, und schaltete
ihn ein. Er hielt sich das Gerät vors Gesicht und schloss die Augen, dann bewegte
er es hin und her, so dass das kleine Ding ihm etwas kühle Luft und neue Energie
verschaffte. »Vielleicht ging es nicht nur um Kleider, sondern auch um einen Mann«,
sagte er.
    Sylvia Gerlach
überlegte einen Moment. »Mag sein. Ich glaube aber nicht, dass Dele Sanchi die Baskin
umgebracht hat. Sie wird von beinahe allen Kollegen als freundlich und zurückhaltend
beschrieben. Wir sollten überprüfen, ob es eine Verbindung zwischen den Opfern gibt
und wenn ja, welche. Ich glaube, dass Dele Sanchi der Faden sein könnte, den der
Mörder und seine Opfer an den Enden in Händen halten.«
    »Glaube
nicht, sondern wisse«, sagte Rössner.
    Sylvia Gerlach
verzog das Gesicht. »Ja, Chef.«
    »Was schlagen
Sie vor, sollten wir tun?«
    Alter Fuchs , dachte
sie und sagte: »Zunächst sollten wir Sam Delson observieren. Darüber hinaus sollten
wir ihm noch einmal einen Besuch abstatten. Wir zeigen ihm das Familienfoto, das
wir im Wohnwagen sichergestellt haben, und auf dem Dele Sanchi noch einigermaßen
erkennbar ist. Eventuell erkennt er sie wieder. Vielleicht ist sie die Frau, die
sich auf seinem Grundstück herumgetrieben hat, und er hat uns keine Märchen erzählt,
sondern die Wahrheit gesagt.« Sie sah ihren Chef entschlossen an, bevor sie erklärte:
»Ich würde einen Durchsuchungsbefehl für den Zirkus beantragen. Vielleicht hält
sich Dele Sanchi dort irgendwo versteckt. Außerdem sollten wir genauestens überprüfen,
ob die beiden ermordeten Frauen gemeinsame Freunde haben.«
    »Oder Feinde.«
Rössner nickte. »Einverstanden. Leiten Sie die notwendigen Maßnahmen ein.«
    »Sofort.«
Sylvia Gerlach schob ihren Schreibtischstuhl beiseite, und ihr Blick streifte die
Blumentöpfe. Rasch steckte sie prüfend ihren Finger in die Erde. »Zu trocken«, murmelte
sie, griff nach der grünen Plastikgießkanne und versorgte die Pflanzen mit dem notwendigen
Nass.
    »Danach
gehen Sie nach Hause », sagte Rössner und fügte in einem Anflug von Milde, die ihn
selbst erstaunte, hinzu: »Dort schlafen Sie sich erst einmal richtig aus und morgen
machen Sie frei.«
    Überrascht
sah sie ihn an. »Ja, aber …«
    »Keine Widerrede,
ich kümmere mich um alles Weitere. Und jetzt verschwinden Sie«, sagte er streng.

Sonnabend, 16. Juli, abends
     
    Die Klänge eines lauten Tuschs und
die entfernte, aber dennoch gut verständliche Stimme des Zirkusdirektors, der das
Publikum begrüßte, wehten zu ihm herüber. Kurz darauf folgte ein langer Applaus.
    Florians
Augen verfolgten jede Bewegung des Mannes, der sich an der Tür des Zirkuswagens
zu schaffen machte. Ihm war klar, dass er etwas unternehmen musste, und bevor er
noch lange überlegte, lief er auch schon auf den Mann zu.
    »Hey, was
machen Sie da?«, brüllte er und griff sich einen Ast, der auf dem Boden lag. Er
war stabil genug, um sich damit zu verteidigen. Der Mann drehte sich um, und für
einen Moment stand er still. Florian sah in das maskierte Gesicht, unter dem schwarzen
Strumpf war keine Regung zu erkennen, nicht einmal zu erahnen. Er war mittelgroß,
von kräftiger Statur. Seine rechte behandschuhte Hand fuhr in die Hosentasche, und
plötzlich zielte er mit einer Waffe auf ihn.
    »Keinen
Schritt weiter«, stieß er hervor.
    Florian
blieb wie angewurzelt stehen. Instinktiv versuchte er die Gefährlichkeit der Situation
einzuschätzen. Bluffte er nur? Er machte einen Schritt nach vorn.
    »Stopp,
habe ich gesagt!« Die Stimme klang scharf. Der Mann kam mit erhobenem Arm auf Florian
zu und zielte nun mitten auf sein Gesicht. Florian spürte, wie ihm das Blut aus
den Adern wich und er dachte: Soll das jetzt etwa alles gewesen sein? Wenn
er jetzt starb, von einem Unbekannten hier, an dieser Stelle, niedergeschossen wurde,
würde er im letzten Moment seines Lebens laut schreien. Es war absurd. Vor weniger
als einer Stunde hatte er

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