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Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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sie mit aller Wucht. Der
Mann, der sich an Ginos Wohnwagen zu schaffen gemacht hatte, war derselbe wie der,
der sie und Luz vor einigen Tagen im Zirkus beobachtet hatte. Dessen Blick sie in
Angst versetzt hatte. Sie konnte darin das Böse spüren, das Entsetzen, das sich
durch ihre Vergangenheit zog und nun nach ihrer Zukunft griff. Sie hatte aus dem
Fenster gesehen und ihn an seiner Haltung erkannt, an der Form seines Körpers, der
Art, wie er die Arme bewegte und den Kopf hielt, es gab keinen Zweifel. Doch immer
noch quälte sie sich damit, herauszufinden, wann er ihr zum allerersten Mal begegnet
war. Da war ein Bild, doch es war zu weit weg, sie konnte es nicht fassen. Es schwamm
dicht unter der Oberfläche ihres Bewusstseins, aber wie ein Gesicht im Wasserspiegel
war es in sich verzerrt und verschoben. Und wenn sie dachte, es würde klarer werden,
verschwand es wieder in der Tiefe.
    Sie hatte
Florian angefleht, ihr zu glauben, und da erst war ihm bewusst geworden, dass sie
annahm, er sei von der Kripo. Rasch hatte er sie aufgeklärt. Er hatte ihr gesagt,
wer er war und dass er ein rein journalistisches Interesse daran habe, den Mörder
von Pippa Gonzales und Sabrina Delson zu finden. Und er hatte gefragt, ob sie von
Sabrinas Tod gehört habe. Dele hatte genickt.
    Während
er mit ihr gesprochen hatte, hatte er einen seltsamen Kitzel verspürt und sich beinahe
dafür geschämt. Es war die Art von Aufgeregtheit gewesen, die den Angler überkommt,
wenn er einen Fisch am Haken hat, der Kampf aber noch nicht entschieden ist.
    Dele hatte
von Pippa erzählt, und die Worte waren nur so aus ihr heraus geströmt. Sie hatte
von ihren gemeinsamen Abenden berichtet und von ihrer Einsamkeit, und sie hatte
von Pippas Hoffnung gesprochen, der Armut in ihrem Heimatland zu entfliehen. Sie
hatte ihre Abenteuerlust beschrieben, ihre Sehnsucht nach fernen Ländern, die Vorliebe
für schöne Kleider und ihren Traum von einem Mann, dem sie eines Tages begegnen
und mit dem sie ein glückliches Leben führen würde.
    Je länger
Florian ihr zugehört hatte, desto mehr hatte er den Eindruck gewonnen, dass sie
die Baskin gemocht hatte, dass die beiden in der kurzen Zeit, die sie sich kannten,
zu Freundinnen geworden waren, und irgendwann war er sich sicher gewesen, dass Dele
die Spanierin nicht getötet hatte.
    »Du bist
immer wieder für eine Überraschung gut«, hatte Jana zu ihm gesagt, als sie am gestrigen
Abend nach der Vorstellung in seine Wohnung gekommen war und er ihr erklärt hatte,
dass Dele Sanchi in seinem Gästezimmer schlief.
    Jetzt, 15
Stunden später, saß sie am Küchentisch in seiner Wohnung, den italienischen Wachhund
namens Gino an ihrer Seite. Das Leben ist grotesk, überlegte er, während er mit
seiner italienischen, chromblinkenden Kaffeemaschine hantierte und unter Zischen
und Speien für seine Gäste und sich einige Tassen zubereitete.
    Dele hatte
sein Angebot, bei ihm zu übernachten, angenommen, aber erst, nachdem er ihr von
der bevorstehenden Razzia erzählt hatte. Er hatte bei der Jungfrau Maria geschworen,
sie nicht zu verraten, und sie hatten einen Deal vereinbart. Sie würde ihm alle
Fragen beantworten, und er würde nach einem Weg suchen, ihr zu helfen und die Polizei
von ihrer Unschuld zu überzeugen.
    Gino war
in der Pause im Wohnwagen erschienen. Nachdem sie ihm die Situation erklärt hatte,
war auch er der Meinung gewesen, dass sie bei Florian übernachten sollte.
    Jetzt saßen
sie zusammen an seinem Küchentisch, er, Jana, Dele und Gino.
    »Eins müssen
Sie mir erklären«, sagte Florian und griff nach einem Croissant, das er in den frisch
gebrühten Kaffee tunkte. »Wenn Sie Pippa nicht getötet haben, warum verstecken Sie
sich dann? Wäre es nicht sinnvoller, mit der Polizei zu reden?«
    Sie schüttelte
den Kopf.
    »Warum nicht?«
    »Weil ich
gefälschte Papiere habe«, antwortete sie zögernd. »Ich bin als Touristin eingereist,
da bekommt man keine Arbeitserlaubnis. Meine Aufenthaltsgenehmigung ist gefälscht.«
    Ginos Blick
wanderte von Florian zu Jana, und er fügte erklärend hinzu: »Für Aufenthalte über
drei Monate oder Aufenthalte, die zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit führen, sind
Ausländer in Deutschland grundsätzlich visumpflichtig. Dele besitzt aber kein Visum.«
    Von draußen
klang aufgeregtes Vogelgeschrei ins Zimmer. Im Hof stritten Raben, vermutlich um
etwas Essbares. Florian kannte ihre Stimmen, dennoch nervte ihn der Krach in diesem
Moment und er stand auf, um das Fenster zu

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