Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
Kopf, dass Eddie Glück gehabt hatte. Der Zufall hatte ihm
eine schöne Story beschert, und das mitten im Sommerloch.
Sylvia Gerlach
bestellte noch ein weiteres Kölsch, und Florian wunderte sich darüber, aber vielleicht
waren Kriminalkommissarinnen generell aus einem harten Holz geschnitzt und vertrugen
einiges.
»Wir vermuten,
dass Sam seinen Mörder gekannt hat.«
Die Kommissarin
warf dem Köbes, der zwei Kölsch auf den Tisch stellte, ein dankbares Lächeln zu.
Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und sah ihn herausfordernd an. »Jetzt sind
Sie dran. Ich hoffe, dass Sie auch etwas Spannendes zu bieten haben.«
Florian
grinste. »Die wesentliche Neuigkeit ist, dass ich mit Dele Sanchi gesprochen habe.«
Ruckartig
setzte sich die Kriminalkommissarin auf. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Doch.«
»Wann? Wo?
Was hat sie gesagt?«
Ihre Fragen
überschlugen sich.
Florian
erzählte ihr von Deles Vergewaltigung, der guatemaltekischen Adoptionsmafia und
Deles Wunsch, ihre vermeintliche Tochter zurück zu bekommen, und er erzählte der
Kommissarin auch von der gefälschten Arbeitserlaubnis.
»Wo ist
sie jetzt?«
»Das kann
ich Ihnen nicht sagen.«
»Warum nicht?«
»Weil sie
dann Probleme wegen Urkundenfälschung bekommt und wahrscheinlich ganz schnell nach
Guatemala ausgewiesen wird.«
Sie beugte
sich weit über den Tisch, und er konnte den Ansatz ihrer kleinen Brüste sehen. »Warum
schützen Sie die Frau?«
»Weil ich
ihr helfen möchte.«
Sylvia Gerlach
lehnte sich wieder zurück und betrachtete ihn lange. »Vielleicht decken Sie eine
Mörderin. Ich an ihrer Stelle würde mir das noch einmal gut überlegen. Sie machen
sich strafbar.«
Florian
betrachtete sie lange und fragte dann: »Noch ein Kölsch?«
Sie überlegte
einen Moment, dann nickte sie.
Nachdem
der Köbes zwei weitere Gläser gebracht hatte, sagte er: »Dele Sanchi muss um ihr
eigenes Leben fürchten.«
»Erklären
Sie mir das bitte.« Die Kommissarin hob die Augenbrauen, und Florian erzählte ihr
von Deles Vermutung, dass nicht die Baskin, sondern sie bei der Gasexplosion
sterben sollte, und dass Dele glaubte, dass sie beobachtet wurde. Dass jemand versucht
hatte, Ginos Wohnwagen aufzubrechen, verschwieg er, denn wo Dele sich aufhielt,
wollte er auf keinen Fall preisgeben. Nicht zu diesem Zeitpunkt.
Je länger
er sprach, desto aufmerksamer hörte Sylvia Gerlach zu, und er spürte, dass ihre
Bereitschaft, ihm Glauben zu schenken, mit jedem Satz wuchs. Irgendwann, sie hatten
bereits jeder das fünfte Kölsch geleert, sagte sie: »Wenn Sie recht haben, wird
dieser Mensch wieder versuchen, sie umzubringen, aber was hat sie getan? Warum trachtet
er ihr nach dem Leben?«
Florian
ließ sich mit der Antwort Zeit. Zunächst versuchte er, Sylvia Gerlachs Einfluss
auf ihren Chef einzuschätzen, und schließlich sagte er: »Klären Sie, auf welchem
Wege Luz nach Deutschland kam. Sie haben doch Zugang zu allen Papieren in Sams Haus
oder nicht?« Prüfend sah er sie an.
»Wir haben
einen Durchsuchungsbefehl, und der besitzt immer noch Gültigkeit«, antwortete die
Kommissarin.
»Suchen
Sie nach den Adoptionsunterlagen. Sam und Sabrina haben Luz auf illegalem Weg adoptiert,
da bin ich beinahe sicher. Glauben Sie mir, diese Spur führt uns zu Sabrinas Mörder.«
Sylvia Gerlach
strich sich erneut über ihren Hals und wieder fiel ihm auf, wie blass ihre Haut
war. Vermutlich hatte sie schon lange tagsüber nicht mehr frei gehabt, geschweige
denn in der Sonne gelegen, und plötzlich wollte er sie noch einmal lächeln sehen.
Er überlegte einen Moment, dann sagte er voller Überzeugung: »Sie werden den Fall
bald gelöst haben.«
Sie lächelte
tatsächlich. Beide schwiegen eine Weile.
»Woran denken
Sie?«, fragte die Kommissarin.
Er starrte
in ihre blauen Augen. »Was halten Sie davon, wenn wir Dele Sanchi als Lockvogel
einsetzen?«
Donnerstag, 21. Juli, vormittags
Florian ließ das Telefon lange klingeln,
aber in der Wohnung des Rentners nahm niemand ab. Hamacher war also vermutlich immer
noch in der Türkei, vielleicht planschte er gerade im Meer. Auf Florian hatte er
nicht den Eindruck gemacht, als gehöre er zur Sorte der rüstigen Seniorenschwimmer,
die frühmorgens in die Kölner Bäder einfielen und prustend und schnaubend Strecke
machten, um dann voll neuer Energie aus dem Wasser zu steigen.
Er hatte
die Zeitung vor sich auf dem Schreibtisch ausgebreitet und betrachtete das Phantombild
des Mannes, der als KFZ-Mechaniker in Sams Haus
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