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Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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fühlten sich trocken und spröde an. »Wo ist Lisa jetzt?«
    »Im Haus,
zusammen mit Delsons kleiner Tochter.«
    Ihn durchfuhr
ein Stich. »Wie geht es ihr?«
    »Schlecht.«
Sylvia Gerlach sah ihn an, als habe er eine sehr dumme Frage gestellt, aber Florian
machte es in diesem Moment nicht das allergeringste aus.
    »Wann ist
es passiert?«, fragte er.
    »Vermutlich
gestern Abend. Wenn die Obduktion erfolgt ist, wissen wir es genau.« Sie starrte
ihn an. »Warum haben Sie sich so lange nicht bei mir gemeldet?« Sie warf ihren Kopf
in den Nacken, und ihre blonden Locken wippten.
    »Ich hatte
keine Zeit«, antwortete er, und in gewisser Weise stimmte es ja auch. Er versuchte
ein entschuldigendes Lächeln. »Ich wollte Sie heute Abend anrufen …«
    Ihr kühler
Blick bewirkte, dass er sich plötzlich schäbig vorkam. Rasch fragte er: »Haben Sie
heute Abend frei?«
    Sie nickte.
    »Dann kommen
Sie doch in die Schreckenskammer . Kennen Sie die?«
    »Klar. Acht
Uhr?«
    »Gut.«
    Er überlegte,
ob er sie fragen sollte, ob er ins Haus gehen könne, um mit Lisa zu sprechen, doch
er verwarf den Gedanken wieder. Die war momentan mit anderen Dingen beschäftigt,
wahrscheinlich kümmerte sie sich um Luz. Er sah hinüber. Das Haus wirkte abweisend
und einsam, so als wolle es nichts von all dem an sich heranlassen, was hier draußen
vor sich ging.
    Eddie schoss
immer noch Fotos. Florian erstarrte, als er bemerkte, dass Sam, verborgen unter
einer Kunststoffplane, auf einer Bahre zu dem großen Wagen transportiert wurde,
der bereits mit geöffneten Türen in der Einfahrt wartete. Zwei Männer schoben die
Bahre mit einer kraftvollen Geste hinein, aus der dennoch Ehrfurcht sprach, und
kurz darauf vernahm er das dumpfe Geräusch zufallender Türen. Mit reglosem Blick
beobachtete er, wie der Wagen startete. Er fuhr langsam an und nahm Sam mit auf
den Weg in die Finsternis, aus der keine Morgenröte mehr kam.

Mittwoch, 20. Juli, abends
     
    Es war ein windstiller Abend, die
laue Luft umschmeichelte seinen Körper, und die Menschen, die ihm begegneten, hatten
keine Eile.
    Florian
und Sylvia Gerlach hatten einander gegenüber im hinteren Teil der Schreckenskammer an einem der Holztische Platz genommen, und jeder von ihnen hatte ein Kölsch
vor sich stehen. Die Kriminalkommissarin schien durstig zu sein, sie setzte das
Glas an ihre Lippen und nahm einige lange Schlucke. Ihre lockigen Haare standen
widerspenstig ab, und Florian stellte zum ersten Mal, seit er sie kannte, fest,
dass sie eine nicht zu bändigende Naturkrause besaß. Ihre Lippen waren in dem fleischfarbenen
Ton geschminkt wie ihn Frauen aus den 60er Jahren benutzten. Sie schien vom Büro
aus erst einmal nach Hause gefahren zu sein, um sich umzuziehen, anders als am Nachmittag
trug sie nun eine weiße Hose und ein blaues T-Shirt, das ein helles Dekolleté freigab.
    »Sam Delsons
Tod hat uns gerade noch gefehlt«, seufzte sie und nahm dankend vom Köbes das nächste
Kölsch entgegen.
    Florian
hatte den Schock über seinen Tod immer noch nicht überwunden. Seine Gedanken waren
ineinander verknotet, und verzweifelt versuchte er, eine klare Linie zu finden.
Erst war Sabrina umgebracht worden, und jetzt war Sam gestorben. Warum? Außerdem
gab es noch die ermordete Spanierin. Welche Rolle spielte Dele bei all dem?
    »Dass Sam
keinen anderen Ausweg als Selbstmord sah …« Florian schüttelte verständnislos den
Kopf und betrachtete die Kommissarin mit einem langen Blick: »Schrecklich. Vielleicht
hat er Sabrina doch umgebracht und konnte mit dieser Schuld nicht länger leben.«
    Sylvia Gerlach
erwiderte nichts, und Florian sagte: »Ich kann diesen Selbstmord nicht nachvollziehen.
Warum hat Sam nicht an seine kleine Tochter gedacht, die gerade erst die Mutter
verloren hat?«
    »Es war
kein Suizid, Sam wurde umgebracht«, sagte die Kriminalkommissarin.
    »Wie bitte?«
Florian riss die Augen auf.
    »Sie haben
richtig gehört. Sam wurde umgebracht.«
    »Aber wieso?
Sie haben doch gesagt, es sei Suizid gewesen, er habe die Abgase seines Autos ins
Wageninnere geleitet …«
    »Das dachten
wir zunächst, aber im Laufe des heutigen Nachmittags hat die Spurensicherung Auffälligkeiten
festgestellt. Wir können inzwischen zu 100 % davon ausgehen, dass er im
Wageninneren eingeschlossen wurde. Vermutlich war er da aber schon bewusstlos.«
Sylvia Gerlach griff an den Ausschnitt ihres T-Shirts und zog ihn sich ein Stück
vom Hals.
    Als ob sie
sich die ganze Welt vom Leibe halten will , dachte

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